Sein Vater zeigt ein Bild von Shahriar J. – dem 20-Jährigen, der aus seinem Jugendzimmer heraus einen Mord begangen und Jugendliche psychisch gequält haben soll.

Shahriar J.: Der 20-Jährige soll in Internetforen unter dem Pseudonym „White Tiger“ Kinder und Jugendliche gequält und einen 13-Jährigen in den Selbstmord getrieben haben. Foto: Olaf Wunder

Fall „White Tiger“: Ex-FBI-Mann kritisiert deutsche Behörden wegen später Festnahme

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2021 war die Polizei erstmals mit „White Tiger” in Kontakt, einem Pädokriminellen, der Kinder missbraucht und in den Tod getrieben haben soll. Festgenommen wurde er erst jetzt. Die Kritik wird lauter.

Im Fall des mutmaßlichen Hamburger Pädokriminellen, der unter dem Namen „White Tiger” im Internet Kinder sexuell missbraucht und zu selbstverletzenden Handlungen bis hin zum Suizid getrieben haben soll, hat das FBI bereits 2023 seine Ermittlungsergebnisse mit den deutschen Behörden geteilt. Er habe das Landeskriminalamt bei einem Treffen in Hamburg im Februar 2023 über die Identität von „White Tiger” informiert, sagte ein ehemaliger Ermittler der US-Bundespolizei dem „Spiegel”. 

Zugleich warf er den deutschen Behörden vor, es versäumt zu haben, den damals 17 Jahre alten Verdächtigen zeitnah aus dem Verkehr zu ziehen. 

US-Ermittler werfen deutschen Kollegen späte Festnahme vor 

„Es hat uns verrückt gemacht, dass wir ihnen all diese Beweismittel geliefert haben und er trotzdem nicht festgenommen wurde”, sagte der Ex-Ermittler dem Magazin. Spätestens im März 2023 habe er den deutschen Kollegen ein Video vom Suizid eines „White Tiger”-Opfers samt Chats zukommen lassen. 

Erst vor gut einem Monat war der verdächtige 20-Jährige in Hamburg in der elterlichen Wohnung unter anderem wegen Mordverdachts festgenommen worden. Der Deutsch-Iraner sitzt nun in Untersuchungshaft.

Staatsanwaltschaft bestätigt Treffen mit FBI in Hamburg

Eine Sprecherin der Hamburger Staatsanwaltschaft bestätigte das von dem Ex-FBI-Mitarbeiter geschilderte Treffen in Hamburg. „Zutreffend ist, dass es am 13.02.2023 ein Arbeitstreffen mit Vertretern des FBI, des LKA Hamburg, des BKA und der Staatsanwaltschaft in Hamburg gab”, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. „Im Zuge dieses Treffens wurde die Klarnamen-Identität von White Tiger“ durch das FBI benannt.”

Strafverteidigerin Dr. Christiane Yüksel zusammen mit dem Vater von Shahriar J., Gholamreza J. Olaf Wunder
Yüksel und Vater
Strafverteidigerin Dr. Christiane Yüksel zusammen mit dem Vater von Shahriar J., Gholamreza J.

Direkt nach dem Treffen sei ein Ermittlungsverfahren gegen ihn bei der Polizei eingeleitet worden – zunächst aber nur wegen des Vorwurfs des Umgangs mit kinderpornographischen Inhalten. Ein für verdeckte Ermittlungen nötiger Tatverdacht des Mordes oder versuchten Mordes habe sich aus den vom FBI überlassenen Unterlagen zunächst nicht ergeben, hieß es.

Konkrete Chats oder das Suizid-Video seien bei dem Treffen im Februar 2023 nicht übergeben worden. „Relevante Chats wurden erst auf Nachfrage des LKA im März 2023 übergeben”, sagte die Sprecherin.

Staatsanwaltschaft verweist auf Komplexität der Taten 

Sie verwies auf die Komplexität solcher Fälle. Beim „Tatvorwurf des Mordes mit zwei hintereinandergeschalteten mittelbaren Täterschaften bedurfte es zureichender tatsächlicher Hinweise dahingehend, dass der Beschuldigte sowohl das Handeln der als ‚Werkzeug‘ agierenden Geschädigten als auch das des Verstorbenen in seinen Händen hielt”, sagte die Sprecherin.

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„White Tiger” soll als 17-Jähriger einen damals 13-Jährigen in den USA über das Internet in den Suizid getrieben und sich dabei einer anderen, ebenfalls von ihm über das Netz gequälten Minderjährigen bedient haben.

Entsprechende Erkenntnisse dazu hätten bei der Einleitung des Verfahrens gegen den Verdächtigen aber noch nicht vorgelegen, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft. „Erst durch die akribische Auswertung der Chats und der Screenrecords auf den sichergestellten Datenträgern und nach Vernehmung der Geschädigten konnte ein dringender Tatverdacht des Mordes in mittelbarer Täterschaft begründet werden.”

„White Tiger” erstmals 2021 mit Polizei in Kontakt

Vor gut sechs Wochen hatten Polizei und Staatsanwaltschaft die Festnahme des 20 Jahre alten Deutsch-Iraners bekanntgegeben. Ihm wird unter anderem Mord, versuchter Mord, gefährliche Körperverletzung, teils schwerer sexueller Missbrauch von Kindern sowie Besitz von kinderpornografischen Dateien vorgeworfen. 

Er soll Kopf einer Gruppe von Cyberkriminellen sein, die aus sexueller Motivation heraus acht Kinder im Alter von elf bis 15 Jahren im Internet zu Gewalt gegen sich selbst gezwungen haben. Die Kinder stammen den Angaben zufolge aus Deutschland, England, Kanada, USA, zwei aus Hamburg und eines aus Niedersachsen. 

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Wie erst kürzlich nach Berichten von „Zeit” und „Hamburger Morgenpost” bekannt wurde, hatte die Hamburger Polizei bereits 2021 einen Hinweis vom amerikanischen National Center for Missing & Exploited Children (NCMEC) auf den Tatverdächtigen erhalten. Damals wurden die Ermittlungen wegen des Verdachts auf Besitz jugendpornografischer Aufnahmen nach Angaben der Staatsanwaltschaft jedoch nach einer Vernehmung des Verdächtigen wegen Geringfügigkeit eingestellt. (dpa)

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