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Die Spieler des FC St. Pauli tanzen nach dem Sieg in Heidenheim vor Freude
  • Siegertanz: Die Kiezkicker feiern vor der Kurve ihrer Fans ausgelassen den Sieg in Heidenheim.
  • Foto: WITTERS

„Offiziell noch nicht“: St. Pauli und der schwere Umgang mit dem A-Wort

Der Platz in den Geschichtsbüchern ist dem FC St. Pauli schon sicher. Mit dem zehnten Sieg in Serie haben die Kiezicker den „ewigen“ Zweitliga-Rekord eingestellt und sind mit dem Karlsruher SC gleichgezogen, dem in der Saison 1986/87 gleiches Kunststück gelungen war. Spätestens nach dem 1:0-Coup im Topspiel beim 1. FC Heidenheim nehmen die Spitzenklubs die Braun-Weißen als ernstzunehmende Rivalen im Kampf um die ersten drei Plätze wahr und auch viele Experten sehen den Kiezklub im Aufstiegsrennen angekommen. Nur einer der Vereine im oberen Tabellendrittel will davon nichts wissen: Der FC St. Pauli. Jedenfalls noch nicht.

Wer alle zehn Rückrundenspiele gewinnt, der besten Heimmannschaft und bis dato beste Offensive der Liga die erste Niederlage im eigenen Stadion beibringt und dabei auch noch zu Null spielt, dem ist alles zuzutrauen. Wirklich alles. Der Mannschaft von Trainer-Shootingstar Fabian Hürzeler scheinen im Saisonendspurt keine Grenzen gesetzt.

Leart Paqarada gegen Heidenheims Jan Niklas Beste IMAGO/Eibner
St. Paulis Leart Paqarada im Zweikampf mit Jan Niklas Beste
Leart Paqarada gegen Heidenheims Jan Niklas Beste

Die Kiezkicker schwimmen auf einer Welle, sind im Flow, haben Spaß und strotzen vor Selbstbewusstsein. „Die Brust könnte momentan nicht breiter sein“, sagt Co-Kapitän Leart Paqarada. Der Lauf der Mannschaft sei „einfach unglaublich“.

FC St. Pauli feiert den zehnten Sieg in Serie und Rekord

Unheimlich ist die Fabel-Serie für die Konkurrenz. Und auch unheimlich gefährlich. St. Pauli ist der Aufstiegsfavoriten-Jäger.

Bis auf vier Punkte ist der Tabellenvierte durch den Sieg im direkten Duell an Heidenheim und Relegationsplatz drei herangerückt. In diesem Jahr hat das Hürzeler-Team satte zwölf Zähler auf den FCH aufgeholt, der eine gute Rückrunde spielt – aber die „Boys in Brown“ spielen eben eine überragende Rückrunde und was die Punkte angeht: eine perfekte.

Felix Magath und Frank Schmidt: St. Pauli wird oben noch eingreifen

Für Frank Schmidt, Trainer der Heidenheimer und dienstältester Coach im deutschen Profifußball, ist die Sache klar: „Wahrscheinlich wird St. Pauli noch eingreifen“, prophezeite er bedächtig zu später Stunde auf der Pressekonferenz und meinte natürlich den Aufstiegskampf. Schon direkt nach dem Spiel hatte er im TV-Interview mit Blick auf den neuen Rivalen betont: „Wer zehn Spiele gewinnt, kann noch ein paar andere aus den letzten sieben Spielen gewinnen. Sie spielen noch gegen Darmstadt und den HSV, da ist noch so viel möglich.“

Felix Magath sah als Tribünengast St. Paulis Sieg in Heidenheim. IMAGO/Eibner
Felix Magath beim Spiel Heidenheim gegen St. Pauli
Felix Magath sah als Tribünengast St. Paulis Sieg in Heidenheim.

Auch Trainerlegende Felix Magath traut St. Pauli zu, im Endspurt noch in den Aufstiegskampf einzugreifen. Der Kiezklub habe sich in den letzten Wochen „rangerobbt“, so Magath am Sport1-Mikrofon in der Voith-Arena. „Es ist überragend, zehn Spiele zu gewinnen. Man hat sich gesteigert von Spiel zu Spiel, und in Heidenheim ist St. Pauli als Spitzenmannschaft aufgetreten. Wenn sie das konservieren können, reden sie um den Aufstieg noch ein Wörtchen mit.“

Marcel Hartel sieht Kiezkicker „offiziell noch nicht“ im Aufstiegskampf

Für den früheren Coach und Zweitliga-Experten Peter Neururer steht vor der entscheidenden Phase im Kampf um die Bundesliga fest: „Eine Mannschaft mit berechtigten Chancen ist hinzugekommen.“ Die von Hürzeler.

Aufstiegsrennen? Aufstiegskampf? Aufstiegskandidat? Bei St. Pauli wollen sie davon nichts hören, geschweige denn, zu viele Worte darüber verlieren oder Gedankenspiele spielen.

Riesenjubel: Marcel Hartel brüllt seine Freude über sein Traumtor zum 1:0 heraus. WITTERS
Marcel Hartel jubelt nach seinem Traumtor zum 1:0 gegen Heidenheim
Riesenjubel: Marcel Hartel brüllt seine Freude über sein Traumtor zum 1:0 heraus.

Der gefeierte Siegtorschütze in Heidenheim, Marcel Hartel, sieht sein Team „offiziell noch nicht“ im Aufstiegskampf. „Wir sind jetzt vier Punkte hinter Heidenheim gekommen, uns fehlen aber weiterhin sechs Punkte auf den HSV. Die müssen erst mal Punkte liegen lassen, wir müssen unsere Punkte holen.“ An das, was eventuell noch daraus werden könnte „denken wir nicht“. Vielmehr wolle die Mannschaft im nächsten Heimspiel gegen Braunschweig am Sonntag „den elften Sieg holen“. Es wäre – na klar – ein neuer, alleiniger Rekord. Ein wunderbares nächstes Etappenziel.

Jackson Irvine nennt St. Paulis Sieges-Serie einen „Traum“

Für Kapitän Jackson Irvine seien der Aufstiegskampf und die Chancen von St. Pauli auf die Bundesliga ein Thema, über das andere reden oder schreiben sollen, aber keines für seine Mannschaft, betonte der Australier noch in der Stunde des gefeierten Sieges in den Katakomben des Heidenheimer Stadions. Gleichwohl weiß er, dass das Team Herausragendes und gar Historisches leistet.

Jackson Irvine im Duell mit Lennard Maloney (r.). imago/Jan Huebner
Jackson Irvine im Duell mit Lennard Maloney
Jackson Irvine im Duell mit Lennard Maloney (r.).

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„Zehn Siege in Folge in so einer starken und engen Liga sind herausragend“, so Irvine. „Wenn dies wie ein Traum ist, dann willst du nie aufwachen.“ Bei aller Freude und allem Flow, gelte aber weiterhin der nüchterne Blick nach vorn. „Wir fokussieren uns nur auf das nächste Spiel.“

St. Pauli spielt noch gegen die Aufstiegsfavoriten HSV und Darmstadt

Sieben Spiele sind es noch – und 21 zu vergebende Punkte. Auf Braunschweig folgen das Derby beim HSV (21. April), das Heimspiel gegen Bielefeld (29. April), das Auswärtsspiel beim derzeitigen Spitzenreiter Darmstadt (6. Mai), das Duell mit Düsseldorf am Millerntor (13. Mai), die kurze Auswärtstour nach Kiel (19. Mai) und das Saisonfinale im eigenen Stadion gegen Karlsruhe (28. Mai).

Tabellenführer Darmstadt gibt sich derzeit keine Blöße, hat nach dem 2:1-Sieg gegen Paderborn am Sonntag elf Punkte Vorsprung vor den Kiezkickern.

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Hürzeler (30), der noch gar nicht geboren war, als der KSC jenen Sieg-Rekord aufstellte, den St. Pauli jetzt unter seiner Regie geknackt hat, bleibt weiterhin bei seiner verbalen Linie: „Es ist zwar eine Floskel, die niemand hören will, aber ich sage es trotzdem: Wir gucken nur von Spiel zu Spiel.“

Rekord-Trainer Fabian Hürzeler bleibt bei seiner Marschroute

Die durchaus veränderte Tabellensituation und die möglichen Aussichten im Aufstiegsrennen werde er der Mannschaft gegenüber „nicht thematisieren, weil jeder Spieler die Tabelle selbst lesen kann“, so der Coach. „Und jeder weiß genau, wenn du da ganz vorne noch mal reinkommen willst, dann musst du Spiele gewinnen. Das geht nur durch harte Arbeit, durch inhaltliche Arbeit – auf dem Platz und auf dem Trainingsplatz.“


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Warum also jetzt von der in den letzten Wochen so erfolgreichen Marschroute abweichen und neue übergeordnete Ziele formulieren? Und überhaupt: Mit der nächsten Niederlage und Siegen der Top drei könnte sich das Thema schon erledigt haben.  

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In kleiner Runde, kurz vor Mitternacht, betonte Hürzeler noch einmal, was für ihn über allem stehe und auch in den nächsten Wochen braun-weißes Gesetz: „Arbeit, Arbeit, Arbeit. Was am Ende dabei herauskommt, das sehen wir dann. Ich werde jetzt nicht irgendwelche Parolen herausgeben.“ St. Pauli lässt lieber Siege sprechen.

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