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Klaas Bakker (v. l.), Werner Tapper und Gregor Ulsamer vom Verein Watertoorn Börkum stehen vor dem historischen Wasserturm.
  • Klaas Bakker, Werner Tapper und Gregor Ulsamer (v.l.) vom Verein Watertoorn Börkum vor dem historischen Wasserturm
  • Foto: Sina Schuldt/dpa

Nasser Schatz: Nordsee-Insel baut Trinkwasser-Museum

Obwohl Borkum von salzigem Meerwasser umgeben ist, ist die Insel bei der Trinkwasserversorgung autark. Die Insulaner sind stolz auf ihre gute Wasserqualität. Für ihren „Schatz“ tief unter der Insel baut ein Verein nun sogar ein Museum – in einem historisch passenden Bauwerk.

Seit mehr als 100 Jahren thront der mächtige Borkumer Wasserturm auf einer hohen Düne unweit des Nordstrandes. Der markante Backsteinbau gilt als eines der Wahrzeichen der Insel. Doch mit Wasser versorgt das Bauwerk Borkum schon seit 1979 nicht mehr. Seitdem stehe der Turm wie eine „verlassene Schachfigur auf der Düne“, sagt Werner Tapper. Er ist Vorsitzender des Vereins Watertoorn Börkum. Tapper und rund 500 weitere Vereinsmitglieder wollen dem „Watertoorn“ wie er auf Plattdeutsch heißt, ein neues, zweites Leben schenken und auf den Schatz unter der Insel aufmerksam machen.

Verein rettet Wasserturm auf Borkum vor Investor

„Das Ziel war es immer, den Wasserturm mit Leben zu füllen“, erzählt Tapper. Der Verein rettete den Turm 2007 vor einem Verkauf an einen Investor, der dort Ferienwohnungen einrichten wollte. „Wir wollten den Wasserturm für Borkum erhalten“, sagte Tapper. Der Verein hat ihn nun für rund 50 Jahre gepachtet, mit dem Ziel, das Baudenkmal wieder herzurichten, ihn für Insulaner und Gäste zu öffnen – und eine Bildungsstätte rund um das Thema Trinkwasser einzurichten.

Der historische Wasserturm der ostfriesischen Insel Borkum mit dem Neubau.
Der historische Wasserturm der ostfriesischen Insel Borkum mit dem Neubau

„Wir wollen einen Beitrag dazu leisten, das Thema Trinkwasser in den Köpfen bewusst zu halten“, sagt Vereinsmitglied Gregor Ulsamer. Denn während es auf dem Festland vielen selbstverständlich scheint, dass klares Leitungswasser aus dem Hahn kommt, wissen die Insulaner um die Kostbarkeit des Lebensmittels. Auf die Güte ihres Trinkwassers sind die Borkumer stolz. „Wir haben eine Wasserqualität, die als Referenzwasser für Vergleiche genutzt wird“, berichtet Ulsamer. Wasser im Supermarkt zu kaufen, komme für Insulaner nicht in Frage.

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Der Grund für die gute Qualität liegt in bis zu 60 Metern Tiefe unter der Insel. Dort liegt laut den Mitgliedern des Wasserturm-Vereins der „wahre Schatz“ der Insel. Denn obwohl die Insel von salzigem Nordseewasser umgeben ist, macht eine Süßwasserlinse Borkum bei der Trinkwasserversorgung unabhängig. Alle sieben Ostfriesischen Inseln verfügen über solche Süßwasserlinsen, die sich stetig durch versickerndes Regenwasser bilden.

„Süßwasser ist leichter als Salzwasser. Entsprechend schwimmt das Süßwasser wie ein Fettauge auf dem Salzwasser, das die Inseln umgibt“, erklärt der Sprecher des Oldenburgisch-Ostfriesischen Wasserverbandes (OOWV), Gunnar Meister, das Prinzip. Die Sandschichten der Dünen, auf die der Regen fällt, filtern das Wasser auf natürliche Weise. Da auf den Inseln Einträge aus Industrie oder Landwirtschaft fehlen, kann hochwertiges Trinkwasser gewonnen werden.

Borkum: Dünen dienen als natürlicher Wasserfilter

Mit Brunnen werde das Wasser abgeschöpft und in Wasserwerken aufbereitet, erklärt Meister. Auf Borkum übernehmen das die Stadtwerke. Der OOWV ist für die Trinkwasserversorgung auf den Inseln Baltrum, Langeoog, Spiekeroog und Wangerooge zuständig. Wobei die Süßwasserlinsen nur auf Langeoog und Spiekeroog mächtig genug sind, um angezapft zu werden. Baltrum und Wangerooge werden über Wasserleitungen vom Festland versorgt, sie können zur Not aber auch auf ihre Süßwasserlinsen zurückgreifen. Um die Süßwasserreservoirs zu schützen, achten die Insulaner genau auf den Zustand ihrer Dünen. Sie halten bei Sturmfluten das salzige Nordseewasser ab, das sonst ins Inselinnere zu schwappen droht und Brunnen verunreinigen könnte.

Zur Hochsaison, wenn Zehntausende Touristen auf die Inseln strömen und besonders viel Wasser verbraucht wird, schrumpfen die Süßwasserlinsen, im Winter dagegen füllen sie sich bei vielen Niederschlägen wieder auf. Ein Wechselspiel, das seit mehr als hundert Jahren auch auf Borkum funktioniert.

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Mit dem aufkommenden Bädertourismus und steigenden Einwohnerzahlen entschied sich Borkum um 1900, eine professionelle Trinkwasserversorgung aufzubauen – samt Wasserturm. Mit dem riesigen Tank in dem rund 30 Meter hohen Turm wurden alle Häuser mit konstantem Wasserdruck versorgt. Rund sieben Jahrzehnte lief das so – bis die Gästezahlen immer weiter stiegen und Hotels und Neubauten immer höher wurden. Der erzeugte Druck reichte nicht mehr aus, um höher gelegene Etagen ausreichend mit Wasser zu versorgen. Die Wasserversorgung wurde auf ein Pumpsystem umgestellt.

Im Innern des 30 Meter hohen historischen Wasserturms finden Bauarbeiten statt.
Im Innern des 30 Meter hohen historischen Wasserturms finden Bauarbeiten statt.

Heute versorgen zwei Wasserwerke die rund 5000-Einwohner-Insel. Während der Wasserbedarf laut den Stadtwerken in den touristenarmen Wintermonaten gerade mal bei 1200 bis 1500 Kubikmetern Wasser pro Tag liegt, ist er in der Hochsaison im Sommer drei bis vier Mal so hoch.

Borkum: Verein baut Wasserturm seit 2019 aus

Der Wasserturm aber geriet in Vergessenheit. Er wurde so marode, dass sogar der Turmkopf 1982 abgenommen werden musste – bis schließlich der Verein übernahm und Spenden und Fördergelder einwarb. Mehr als drei Millionen Euro kostet das Projekt. Zuerst wurde der Turm in den vergangenen Jahren von außen komplett saniert: Jede Fuge wurde ausgebessert und der fehlende Turmkopf wieder aufgebaut. Seit 2019 arbeitet der Verein nun am Innenausbau. Dazu wurde eine neue Treppe eingesetzt und mehrere Galerien errichtet. Auf sechs Ebenen soll die Ausstellung Einblicke in die Geschichte des Wasserturms, des Bädertourismus und der Trinkwassergewinnung geben. Wer es bis hoch zum Turmkopf schafft, wird zudem mit einem Blick über Borkum belohnt.

Da der Turm allein jedoch wenig Platz für ein Museum ließ, war dem Verein schnell klar, dass weiterer Raum geschaffen werden musste. In einem „Waterhuus“, das gerade unterhalb der Wasserturm-Düne gebaut wird, werden etwa ein Seminarraum, ein Wasserlabor und weitere Ausstellungsflächen untergebracht. „Die Besucher sollen mit einem Aha-Moment den Wasserturm wieder verlassen“, sagt Vereinsvorsitzender Tapper. Im Herbst will der Verein „Watertoorn“ und „Waterhuus“ feierlich eröffnen.

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Auch wenn die Sanierung des Wasserturms dann abgeschlossen ist, haben die Vereinsmitglieder noch viele weitere Ideen, um das gute Trinkwasser Borkums bewusst zu machen: Ein Wasserlehrpfad oder Trinkwasserzapfanlagen etwa seien bereits angedacht, berichtet Tapper. Denn das Trinkwasser sei eben der „wahre Schatz“ Borkums. (dpa)

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