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Blick auf das Gebäude der Zeugen Jehovas in Alsterdorf, eingefügt das Foto von Philipp F.
  • Philipp F. (35) tötete sieben Menschen und sich selbst.
  • Foto: dpa/MOPO-Collage

Nach Amoktat von Alsterdorf: Razzia bei Waffenclub

Neue Entwicklung bei der Aufklärung der Amoktat vom März in Alsterdorf mit acht Toten. Die Polizei hat Ermittlungen gegen einen Beamten der Waffenbehörde eingeleitet: Er soll Hinweise, die die Tat möglicherweise hätten verhindern können, ignoriert haben. Nun sind gegen den Mann und drei Mitglieder des Prüfungsausschusses förmliche Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Auch Wohnungen, Arbeitsplätze und der Schützenverein an der Alster wurden am Donnerstag durchsucht.

Der Beamte soll von der potenziellen Gefahr, die von Philipp F. ausging, gewusst haben. Ein Schießlehrer des „Gun Clubs“ – des Vereins, in dem F. das Schießen lernte – soll sich an ihn gewandt haben, weil sich ein Verwandter des späteren Amokschützen gemeldet und von dessen möglicher psychischer Erkrankung und Aggressivität erzählt hatte.

Beamter schweigt – ihm droht nun Haft

Beide Männer kennen sich, weil der Beamte in dem Club ebenfalls als Schießlehrer gearbeitet haben soll, ehe er in die Waffenbehörde kam. Der Beamte wurde mit sofortiger Wirkung von seinen Aufgaben entbunden, bestätigte die Polizei. Warum er schwieg und Hinweise wohl ignoriert hat – er soll den Fall F. selbst innerhalb der Waffenbehörde bearbeitet haben –, ist unklar.

Ihm drohen ernst zunehmende Konsequenzen, auch eine langjährige Haftstrafe ist möglich. Laut Staatsanwaltschaft besteht der dringende Verdacht der fahrlässigen Tötung in sechs Fällen und der fahrlässigen Körperverletzung im Amt in 14 Fällen.

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Am Donnerstag wurden zudem insgesamt zehn Durchsuchungsbeschlüsse vollstreckt: Beamte filzten Wohnungen und Arbeitsplätze. Auch der „Hanseatic Gun Club“ an der Straße Raboisen an der Alster wurde überprüft.

Sie sollen Philipp F. ein Sachkundezeugnis ausgestellt haben, obwohl er eine entsprechende Prüfung am 28. April 2022 nicht bestanden habe. Es soll nicht einmal eine förmliche Anmeldung oder eine Prüfung gegeben beziehungsweise stattgefunden haben.

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„Stattdessen soll ein Mitglied der Prüfungskommission am 24. Oktober 2022 eine angeblich erfolgreich verlaufene ,Nachprüfung‘ vorgenommen haben, die anschließend mit dem Sachkundezeugnis vom 28. April 2022 gegenüber der Waffenbehörde dokumentiert wurde“, erklärt die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Liddy Oechtering.

Somit hätte Philipp F. im Dezember 2022 keine Waffe und keine Munition besitzen dürfen. Die Ermittler glauben, dass die Beschuldigten auch in anderen Fällen bei anderen Mitgliedern ähnlich vorgegangen sein sollen, falsche Nachweise erstellt und „irreguläre Nachprüfungen“ verschleiert haben.

„Jetzt darf kein Stein auf dem anderen bleiben“, fordert der Innenexperte der Linken, Deniz Celik. „Der Verdacht, dass der tödliche Angriff hätte verhindert werden können, ist ungeheuerlich.“ Es brauche nun eine „umfassende Aufklärung des Behördensversagens“ und möglicher Verflechtungen der Waffenbehörde mit dem Schützenverein.

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