Kokain-Berge, Islamisten und ein Bank-Coup: Die spektakulärsten Fälle des Jahres
Corona-Schlagzeilen dominierten die Medien im Jahr 2021, doch es gab auch spektakuläre Kriminalfälle, mit denen es die Sicherheitsbehörden um Polizei, Verfassungsschutz und Zoll zu tun hatten. Viele sind aufgeklärt, aber einige stellen die Ermittler noch immer vor Rätsel. Die MOPO stellt sieben von ihnen vor:
In Hamburg schneit es: der Kokain-Rekordfund
Am 12. Februar kommen im Hamburger Hafen mehrere Container aus Paraguay an. In fünf von ihnen finden Zöllner nicht nur die in Dosen verpackte Spachtelmasse, sondern auch zahlreiche Kokainpakete mit jeweils mehr als neun Kilo Gewicht. Insgesamt stellen die Beamten an jenem Tag 16 Tonnen Kokain sicher – ein absoluter Rekord.

Nie wurde in Europa mehr Kokain auf einen Schlag gefunden. Kontrolliert wurde der Container nur, weil die Fracht „aufgrund einer aufwendigen Risikoanalyse mehrerer europäischer Zollbehörden“ als verdächtig eingestuft worden war, wie ein Sprecher des Zollfahndungsamts erklärte. Der Wert des Kokains: mehrere Milliarden. Die Täter: unbekannt.
Freundin zerstückelt, Mutter mit 63 Messerstichen getötet
Am 5. Februar erwürgt Florian E. (29) seine 24 Jahre alte Lebensgefährtin, als diese in seiner Wohnung an der Bramfelder Chaussee (Bramfeld) gerade ein Bad nehmen will. Im Anschluss zerteilt er die Leiche und lässt die Überreste in der Wanne liegen. Er habe geglaubt, sie wolle ihn umbringen, so seine Begründung.
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Zwei Tage später bringt er seine Mutter (53) um, weil er annimmt, sie wolle ihn erschießen. 63 Mal rammt er das Messer in ihren Körper. Auch den Hund seiner mittlerweile toten Freundin ersticht er, vergräbt das Tier danach vor dem Mehrfamilienhaus. Polizisten nehmen ihn letztlich fest, Kripo-Ermittler finden die Leichen in der Wohnung.
Der Beschuldigte leide an einer paranoiden Schizophrenie, die durch dauerhaften Konsum von Cannabis ausgelöst worden sei, sagte die Vorsitzende Richterin bei der Urteilsbegründung. Er sei psychisch schwer erkrankt und stelle eine Gefahr für die Allgemeinheit dar. Das Urteil: die dauerhafte Unterbringung des Mannes in der Psychiatrie.
Streit vor Hochhaus: Nachbarin mit Schuss am Kopf verletzt
Im März kommt es vor einem Hochhaus am Karl-Arnold-Ring in Kirchdorf-Süd (Wilhelmsburg) zum Streit zwischen der 53 Jahre alten Shakir B. und Mustafa D. (23). Als die Frau ins Treppenhaus gehen will, soll der 23-Jährige laut Polizei eine Waffe gezogen und mehrfach geschossen haben. Ein Querschläger streift den Kopf der Frau. Sie wird lebensgefährlich verletzt, kommt ins Krankenhaus. Spezialkräfte nehmen D. noch in Tatortnähe fest.

Nachbarn erzählen, dass die Frau eine Tochter und einen Sohn habe, der 23-Jährige ihr öfter nachgestellt habe. Er schweigt zu den Vorwürfen und kommt in Untersuchungshaft. Er ist bereits wegen verschiedener Gewaltdelikte polizeilich aufgefallen.
Sieben Schüsse, ein Toter: die Geschichte von Omar K.
Am Nachmittag des 28. Mai fallen plötzlich Schüsse in Winterhude. Ein Mann sackt getroffen an der Hebebrandstraße zusammen – Omar K. (36) stirbt trotz sofortiger Erste-Hilfe-Maßnahmen. Die Schüsse hatte ein Polizist abgegeben, nachdem K. zuvor mit einem Messer auf den Beamten losgegangen war.
K. soll an dem Nachmittag Autos mit seinem Küchenmesser beschädigt, einen Passanten bedroht und einen Radfahrer attackiert haben. So schildern es Zeugen laut Polizei. Und er soll mehrfach „Allahu akbar“ („Gott ist groß“) gerufen haben. Doch mit Islamismus, so stellen es K.s Bekannte auf Nachfrage der MOPO dar, soll K. nichts zu tun gehabt haben. Auch die Polizei generiert diesbezüglich keine konkreten Hinweise.

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Omar K. wurde Mitte der 80er in Baalbek im Libanon geboren. Vor einigen Jahren reiste er nach Deutschland, arbeitete in Hamburg als Friseur am Steindamm. Zuletzt wohnte K. in der Flüchtlingsunterkunft am Tessenowweg, nur wenige Meter von dem Ort entfernt, an dem später die tödlichen Schüsse fielen, im zweiten Stock eines zweigeschossigen Containers. Sein Zimmernachbar: ein Syrer. Sein bester Freund: ein Libanese. Der sagt: „Omar war depressiv, durfte seine Tochter nicht sehen. Das hat gar nichts mit Religion zu tun.“ Warum K. an jenem Freitagnachmittag offenbar durchgedreht ist? Unklar. Sein Freund: „Das war nur sein Kopf. Er war ein Kiffer. Am Tag der Schüsse wollte er sich Drogen besorgen. Jemand hat ihn angehupt, da ist er durchgedreht.“ Wie die MOPO erfuhr, hatte K. psychische Probleme, war mehrfach wegen Gewalt- und Drogendelikten aufgefallen. Er war HIV-positiv, soll Geldprobleme gehabt und zuletzt noch geäußert haben, wieder in die Heimat zurückkehren zu wollen.
Der filmreife Haspa-Coup
Mitte Mai mietet ein Mann eine Wohnung oberhalb der Haspa-Bank an der Straße Beamtenlaufbahn in Norderstedt bei Hamburg. Der Mann, der sich als Thomas Slovic ausgibt, kommt aber nicht persönlich zur Schlüsselübergabe. Er schickt Nico, seinen Hut und Brille tragenden Freund. Später kommt heraus: Einen Thomas Slovic gibt es gar nicht.
Im August verschaffen sich dann die Täter – die Polizei geht von einer Männer-Gruppe aus – mit einem Kernbohrer Zugang zu dem direkt unter der Dachgeschosswohnung liegenden Tresorraum. Dafür bohren sie einfach ein großes Loch durch den Boden ihrer angemieteten Wohnung. Die Tat findet am Wochenende statt, die Bank ist zu der Zeit geschlossen.

In aller Ruhe leeren die Täter 600 Schließfächer, klauen Bargeld, goldene Broschen, Feuerzeuge aus Silber, Ringe mit funkelnden Steinen, alte Taschenuhren und Colliers. Über den Wert der gestohlenen Beute macht weder die Haspa noch die Polizei nähere Angaben. Aber: Alleine durch den Einbruch und das Feuer, das die Täter später in der Wohnung legen, um Spuren zu beseitigen, soll insgesamt ein Sachschaden in Millionenhöhe entstanden sein. In dieser Höhe dürfte auch der Schaden für die Kunden gehen, wie die MOPO erfuhr. Die Täter sind flüchtig. In Kripo-Kreisen wird aber ein Clan-Bezug vermutet; Täter, die schon in Berlin und Hamburg zugeschlagen haben, sind im Fokus der Ermittler.
Vereitelter Anschlag: aus den eigenen Reihen verpfiffen
Abdurrahman C. ist 20 Jahre alt, in Hamburg geboren und aufgewachsen – und soll nach Einschätzung der hiesigen Sicherheitsbehörden genau hier einen Anschlag geplant haben. Im Sommer soll der Mann, der zwischenzeitlich mit der Familie in Marokko lebte und erst im vergangenen Jahr nach Deutschland zurückkehrte, übers Darknet versucht haben, eine halbautomatische Makarow-Pistole nebst Munition und eine Handgranate zu kaufen. Das Problem: Der Verkäufer war ein verdeckter Kripo-Ermittler. C. wird bei einem fingierten Treffen in Stellingen festgenommen.
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Bei weiteren Durchsuchungen findet die Polizei diverse Datenträger, die belegen sollen, dass der junge Mann sich aktiv mit der Herstellung von Waffen und Bomben und mit dem Märtyrertod befasste. Im November werden dann in einer von C. genutzten Wohnung Materialen für den Bau einer Bombe gefunden – mit der hätte der 20-Jährige laut Innensenator Andy Grote (SPD) „erhebliche Zerstörung anrichten können“.
Die Chemikalien soll er sich in österreichischen Online-Shops besorgt haben. Der entscheidende Tipp kam laut Angaben der Sicherheitsbehörden aus der islamistischen Szene selbst, in der C. jahrelang agierte und zu der auch sein Vater Anfang der 2000er gehörte. Jemand hatte C. verraten. Nun sitzt er in Haft – und schweigt.
Zu Weihnachten: Mann erschießt seine Kinder und richtet dann sich selbst
Der aktuellste Fall, mit dem sich Mordermittler beschäftigen: Am zweiten Weihnachtstag erschießt Flamur R. (44) aus Glinde seine elf und 13 Jahre alten Söhne. Auch auf seine Frau (38) schießt er, doch sie überlebt schwer verletzt. Der Mann richtet nach Auffassung der ermittelnden Behörden dann die Waffe gegen sich selbst.
Bekannt ist bereits, dass es in der albanischen Familie oft Streit gab. Rettungskräften war die Adresse bereits von früheren Einsätzen her bekannt. Dabei soll es sich hauptsächlich um häusliche Gewalt gegenüber der Ehefrau gehandelt haben. Auch das Jugendamt war wegen „Kindeswohlgefährdung“ zeitweilig eingeschaltet gewesen.

R. soll auch eine Bar in Hamburg-Horn besessen haben. Für die hatte er aber keine gültige Konzession, die Behörden hatten ihm die nach MOPO-Informationen bisher verweigert; auch wegen geltender Corona-Bestimmungen konnte ihm die Erteilung einer Schankgenehmigung nicht vor April 2022 in Aussicht gestellt werden. Die Pacht hätte er bis dahin trotzdem zahlen müssen, obwohl mit Einnahmen aus der Kneipe nicht zu rechnen war. Aus dem Umfeld der Familie heißt es, R. hätte hohe Geldschulden gehabt.
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Der 44-Jährige, der früher Sympathisant einer kriminellen Rockergang gewesen sein soll, ist nicht vorbestraft. Im Haus der Familie hatte es aber dennoch bereits in der Vergangenheit zahlreiche Polizeieinsätze gegeben, zuletzt Anfang Dezember.
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