Blick auf das Gebäude, in dem die Zeugen Jehovas ihren Gottesdienst abhielteen, bevor Philipp F. (Foto eingeklinkt) sieben Menschen tötete
  • In diesem Gebäude an der Deelböge tötete Philipp F. (kl. Foto) sieben Menschen und sich selbst.

Amoklauf in Hamburg: Täter war religiöser Fanatiker, aber kein Rassist

Sieben Menschen erschoss Philipp F. (35), bevor er sich selbst tötete. Der Attentäter von Alsterdorf gehörte einst selbst zur Gemeinde Zeugen Jehovas, über die er unfassbares Leid gebracht hat. Sein genaues Motiv ist bisher unklar. Nun aber will ein Wissenschaftler herausgefunden haben, was F. antrieb. Er sei ein „religiöser Fanatiker“ gewesen, aber kein Rassist – trotz fragwürdiger antisemitischer Thesen.

Grundlage des elfseitigen Gutachtens von Extremismusforscher Peter Neumann ist die Analyse des von F. selbst verfassten Buches „Die Wahrheit über Gott, Jesus Christus und Satan“. Neumann, von der Hamburger Polizei für die Analyse beauftragt, kommt laut „Spiegel“ zum Entschluss, dass F. aus religiösen Gründen tötete. Neumann sagte dem Magazin: „Hass auf christliche Religionsgemeinschaften ist das plausibelste Motiv für die Tat.“

Lob für Putin, Abneigung gegenüber Schwulen

F. sei ein „religiöser Fanatiker“ gewesen, der Wut darüber empfunden habe, dass die Religionsgemeinschaften den Gläubigen die Wahrheit vorenthielten. Wie ein roter Faden ziehe sich diese Kritik durch das 300-seitige Buch, das im Dezember vergangenen Jahres veröffentlicht wurde. Philipp F. hatte es als „neues Standardwerk“ neben Bibel und Koran beworben. Darin lobt er den russischen Präsidenten Wladimir Putin, macht seine Abneigung gegenüber Schwulen und demokratischen Ansichten deutlich.

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Laut Neumann seien Rückschlüsse auf eine rechtsextreme Gesinnung allerdings „unbegründet“. Auch, dass er einen Hass auf Juden hatte, sei „alles andere als klar“ – trotz „brachialer Sprache und teils wirrer Theorien“. F. schreibt im Buch, dass die Verfolgung der Juden ein „himmlischer Akt“ gewesen sei. Neumann zufolge fänden sich in dem Text keine Stellen, die deutlich machten, dass F. ein Rassist war. Er spreche sich dagegen für eine Annäherung zwischen Christentum und Islam aus und lehne die Ausbeutung von Arbeitern in Entwicklungsländern ab.

Forscher: Das Buch von F. ist „kein Manifest“

Insgesamt gesehen hält der Forscher das Buch nicht für ein Manifest; es fänden sich dafür keine Hinweise. Dass er ein Attentat plante, könne man aus der Lektüre nicht schließen. „Ohne die Ereignisse zu kennen, würde man nicht darauf kommen, dass er Zeugen Jehovas töten wollte“, sagt er. Sie kämen in dem Buch gar nicht vor.

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Neumann betont laut „Spiegel“ in dem Gutachten ausdrücklich, dass er sei nicht in der Lage sei, ein professionelles Urteil über die psychische Gesundheit von Philipp F. abzugeben. Er beschränke sich mit seinem Fachwissen darauf, die „politisch-ideologische Orientierung“ des Täters einzuordnen. Neumann spielt damit auf den anonymen Brief an, der im Januar bei der Waffenbehörde einging und in dem auf eine mögliche psychische Erkrankung F.s hingewiesen wird. Auch das Buch wird erwähnt. Die Beamten hätten Philipp F. überprüft, das Buch bei Google aber nicht gefunden. Munition und Waffe, die er legal besaß und mit der er sieben Menschen und sich selbst tötete, seien fachgerecht gelagert gewesen. (dg)

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