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Peggy Parnass
  • Peggy Parnass am Samstag bei der Einweihung des neuen Platzes.
  • Foto: Benjamin Haller/dpa

Ein neuer Platz in Eimsbüttel erinnert an den Holocaust

Für Peggy Parnass, die berühmte Hamburger Publizistin, war es sicher einer der bewegendsten Momente ihres langen Lebens: Am Samstag ist in Eimsbüttel ein völlig neuer Platz eingeweiht worden – und er trägt den Namen ihrer geliebten Eltern: Parnass-Platz. Nach Hertha und Simon Parnass, die ganz in der Nähe in der Methfesselstraße lebten und 1942 von den Nationalsozialisten im Vernichtungslager Treblinka ermordet wurden.

Weniger Autos, mehr Raum für Menschen – das ist das Ziel, das der Bezirk mit dem neuen Platz verfolgt. Am Rande der Kreuzung Methfesselstraße/Langenfelder Damm/Lappenbergsallee/Sartoriusstraße sollen sich künftig Anwohner ungezwungen treffen können. Dazu hat das Bezirksamt eine ehemalige Parkfläche in einer ersten provisorischen Phase hergerichtet. Ein Beteiligungsprozess für die künftige Gestaltung des Platzes folgt noch. Zehn bis zwölf Parkplätze sind verlorengegangen, aber Lebensqualität wurde hinzugewonnen.

Peggy Parnass mit einem Foto ihres Simon Parnass (1878-1942). Volker Schimkus
Parnass
Peggy Parnass mit einem Foto ihres Simon Parnass (1878-1942).

Die Einweihung des Platzes fand nicht an irgendeinem Tag statt, sondern ganz bewusst am 28. Oktober. Auf den Tag genau vor 85 Jahren, am 28. Oktober 1938, war Simon Parnass, den alle nur „Pudl“ nannten, von den Nazis nach Polen deportiert worden. Er war einer von 1000 Hamburger Juden mit polnischem Pass, die im Rahmen der sogenannten „Polenaktion“ ohne Vorankündigung in einer Nacht- und Nebelaktion des Landes verwiesen wurden.

Auf den Tag genau vor 85 Jahren wurde Simon Parnass nach Polen deportiert

„Frühmorgens um 4.30 Uhr hämmerte es an der Tür“, so berichtet Peggy Parnass, die damals elf war und mit ihren Eltern in der Methfesselstraße 13 wohnte. „Die Beamten brüllten meinen Vater an: ,Anziehen! Mitkommen!‘ Er hat dann den Pappkarton mit seinen Orden aus dem Ersten Weltkrieg geholt und den Männern hingehalten. Aber das hat die gar nicht interessiert. Wir sind dann noch mitgefahren bis zu einer Turnhalle, wo all die armen Teufel auf ihre Abreise warten mussten. Ich weiß noch, wie alle dasaßen und beteten – und ich nicht verstand, warum sie sich nicht wehrten.“

Der neue Parnass-Platz in Eimsbüttel. Benjamin Haller/dpa
Straßenschild Parnass-Platz
Der neue Parnass-Platz in Eimsbüttel.

Peggy Parnass und ihr Bruder wurden mit einem Kindertransport nach Schweden gebracht

Während Tochter Peggy und ihr Bruder Gerd (er trägt inzwischen den Namen Gady) mit einem sogenannten Kindertransport nach Schweden in Sicherheit gebracht wurden, lebten die Eltern 1939 zunächst in Krakau und später im Warschauer Ghetto. Von dort wurden sie ins Vernichtungslager Treblinka deportiert und dort 1942 umgebracht.

„Insgesamt haben die Nazis 100 meiner Verwandten auf dem Gewissen“, so die 96-jährige Peggy Parnass. Ihr Bruder Gady lebte bis zuletzt in einem Kibbuz in Israel, er ist inzwischen verstorben.

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