Drama vor 85 Jahren: Es grenzt an ein Wunder, dass diese drei Mädchen überlebten
Lilly war 19, Anni 14 und Elly 13 Jahre alt. Vor 85 Jahren, am 28. Oktober 1938, wurden ihre Eltern nach Polen deportiert. Die drei Töchter aber blieben wie durch ein Wunder zurück. Mit Hilfe eines befreundeten Dänen und anderer hilfsbereiter Menschen versteckten sie sich in Hamburg und konnten schließlich in die USA fliehen. Eine abenteuerliche, eine herzergreifende Geschichte, die noch nie erzählt wurde. Bis heute.
Anlass, sie öffentlich zu machen, ist der Jahrestag der sogenannten „Polenaktion“, der ersten Massendeportation von Juden aus dem Deutschen Reich. Heute vor 85 Jahren. „Polenaktion“ wird sie genannt, weil sie Juden mit polnischer Staatsbürgerschaft betraf. Die Deportation war eine Schikane der Hitler-Regierung. In einer Nacht- und Nebelaktion und ohne jede Vorankündigung wies das Deutsche Reich 17.000 Menschen aus. Unter den 1000 deporierten Hamburgern befanden sich auch Nechemia Norbert Weissmann (damals 56) und seine Frau Scheindel Sabina Weissmann (damals 49), die Eltern von Lilly, Anni und Elly.

Lilly war 19, Anni 14 und Elly 13 Jahre alt. Vor 85 Jahren, am 28. Oktober 1938, wurden ihre Eltern nach Polen deportiert. Die drei Töchter aber blieben wie durch ein Wunder zurück. Mit Hilfe eines befreundeten Dänen und anderer hilfsbereiter Menschen versteckten sie sich in Hamburg und konnten schließlich in die USA fliehen. Eine abenteuerliche, eine herzergreifende Geschichte, die noch nie erzählt wurde. Bis heute.
Anlass, sie öffentlich zu machen, ist der Jahrestag der sogenannten „Polenaktion“, der ersten Massendeportation von Juden aus dem Deutschen Reich. Heute vor 85 Jahren. „Polenaktion“ wird sie genannt, weil sie Juden mit polnischer Staatsbürgerschaft betraf. Die Deportation war eine Schikane der Hitler-Regierung. In einer Nacht- und Nebelaktion und ohne jede Vorankündigung wies das Deutsche Reich 17.000 Menschen aus. Unter den 1000 deporierten Hamburgern befanden sich auch Nechemia Norbert Weissmann (damals 56) und seine Frau Scheindel Sabina Weissmann (damals 49), die Eltern von Lilly, Anni und Elly.

Es war die erste Massendeportation: 1000 Hamburger Juden wurden vor 85 Jahren ausgewiesen
Wenn an diesem Samstag um 16 Uhr in der ehemaligen Reit- und Exerzierhalle der Viktoria-Kaserne in Altona (Haubachstraße 62) der Opfer der „Polenaktion“ gedacht wird, sind Gäste aus den USA und Israel mit dabei: Es handelt sich um die Nachfahren des ermordeten Ehepaars Weissmann. Lily Horn, die in New York lebende 29-jährige Urenkelin, wird dann die Geschichte ihrer Familie erzählen, vor allem die Geschichte von Elly, ihrer Großmutter – sie war eins der drei geretteten Mädchen.

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Die Familie Weissmann ist vor 1933 eine glückliche, große jüdisch-orthodoxe Familie. In ihrem Haus an der Wohlers Allee in Altona ist immer viel Leben, oft werden Gäste empfangen, es wird gesungen, gelacht, gerne gut gegessen. Die fünf Jungs spielen auf dem Bolzplatz Fußball und die drei Mädchen springen Seil mit ihren Freundinnen. Der gutaussehende Vater besitzt ein Herrenbekleidungsgeschäft, die Mutter beschäftigt sich mit Backen, Kochen und der Kindererziehung.
Alles ändert sich am 1. April 1933, als die soeben an die Macht gekommenen Nazis ihre erste große Aktion gegen die jüdische Bevölkerung starten: der Judenboykott. Braunhemden stehen vor den jüdischen Geschäften – auch vor dem Modegeschäft Weissmann – und halten Plakate in die Höhe: „Deutsche, kauft nicht bei Juden!“ Zwei Söhne der Weissmanns, Wolf Willi und Moritz, werden von der SS auf offener Straße verprügelt.

Die fünf Jungs fliehen ins Ausland, nur die Eltern und die Mädchen bleiben zurück
Es gibt keine Zukunft mehr für Juden in Deutschland, das wird den Weissmanns klar und so sorgen die Eltern dafür, dass alle fünf Jungs – Wolf Willi, Simon, Moritz, Oscar und Max – das Land verlassen. Ziel: Palästina, USA und Belgien.
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Die Eltern bleiben mit den drei Mädchen zurück – bis zu jener Nacht vom 27. auf den 28. Oktober 1938, als plötzlich SS-Männer mit ihren Stiefeln mit aller Wucht gegen die Wohnungstür treten. Die Eltern werden aus ihren Betten gerissen und in eine Polizeistation mitgenommen. Die Gestapo fragt, ob sich noch jemand im Haus befinde. Geistesgegenwärtig antwortet Nechemia Norbert Weissmann: „Nein, alle sind weg.“ Die Gestapo gibt sich damit überraschenderweise zufrieden, durchsucht die Räume nicht. Und so rettet der Vater den drei Töchtern mit einer Lüge das Leben.

Als wenige Stunden später die Eltern in den Zug Richtung Polen steigen müssen, bringt ein dänischer Freund der Familie die Kinder zum Bahnhof, damit sie sich von ihren Eltern verabschieden können. Sie dürfen sich aber nichts anmerken lassen, schon gar nicht weinen, sonst könnte die Gestapo Verdacht schöpfen. Es ist das letzte Mal, dass die Kinder ihre Eltern sehen: Mutter und Vater werden 1944 im Vernichtungslager Treblinka ermordet.
Lilly, die Älteste, wächst über sich hinaus
Eines hat der Vater seinen Töchtern noch mit auf den Weg gegeben: dass sie sich retten sollen. Lilly, die Älteste, wächst über sich hinaus. Die 19-Jährige organisiert wechselnde Schlafplätze: Mal verbringen die drei die Nacht bei einer befreundeten deutschen Familie, mal schlafen sie in einer kleinen Synagoge in der Nachbarschaft. Ziel der Mädchen ist es, in die USA auszureisen, denn dort leben drei der Brüder. Also macht sich Lilly auf den Weg zum US-Generalkonsulat, um ein Visum zu ergattern. Doch als sie dort ankommt, stehen bereits Hunderte Verzweifelter Schlange.
Jetzt nimmt Lilly ihren ganzen Mut zusammen: Ohne zu wissen, wohin er führt, rennt sie in einen Korridor. Ein Sicherheitsbeamter will sie aufhalten. Sie beginnt zu schreien. Plötzlich steht ein Mann vor ihr: Es ist der Generalkonsul. Er fragt Lilly, was sie möchte, und sie erzählt ihm, was geschehen ist. Gleich darauf erhalten die Schwestern die nötigen Stempel.
Weitere sechs Wochen harren Lilly, Anni und Elly in ihren Verstecken aus – bis sie am 14. Dezember 1938 an Bord des Ozeandampfers „SS Manhattan“ Hamburg verlassen und in Brooklyn, New York, ein neues Leben beginnen.

Elly, die Jüngste, stirbt am 21. Juni 2022 mit 97 Jahren. Als sie im hohen Alter von der Steven Spielberg Foundation gefragt wird, was sie ihren Nachfahren hinterlassen will, antwortet sie: „Verliert nicht eure Liebe füreinander und versucht, den Glauben zu bewahren, denn es sind nur noch so wenige von uns übrig. Ich hasse es, wenn unser Volk das Judentum verlässt – einfach so, denn wir haben dafür gelitten und überlebt. Wir müssen jüdisch bleiben und der Welt beweisen, dass wir hier sind und sie uns nicht losgeworden sind.“