„Geiz-ist-geil-Prinzip“: Senat erntet harsche Kritik für neues Gesetz
Der Hamburger Senat hat am 11. April 2023 eine Reform des Vergabegesetzes beschlossen. Das Gesetzespaket sieht unter anderem vor, dass nur die Unternehmen einen öffentlichen Auftrag erhalten sollen, die nach Tarif bezahlen. Das stößt bei den Gewerkschaften auf heftige Kritik.
Die Gewerkschaften IG BAU und NGG haben das vom rot-grünen Senat beschlossene Hamburger Vergabegesetz ungewöhnlich scharf kritisiert. „Es muss reichlich Beamtenschweiß gekostet haben, so ein Gesetz in die Welt zu setzen, das nur ein Ziel hat: Schlupflöcher zu schaffen, damit Tarifvereinbarungen in Hamburg keine Rolle spielen, wenn der Staat Menschen für sich arbeiten lässt“, erklärte IG BAU Bezirksvorstand Alexander Kahl am Donnerstag.
Was Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) vorgelegt habe, sei ein „politischer Show-Act“. NGG-Geschäftsführerin Silke Kettner betonte: „Es ist deshalb höchste Zeit, klipp und klar zu sagen, dass Hamburg das neue Vergabegesetz so nicht schlucken darf.“
NGG und IG BAU fordern niedrigere Auftragssumme
Konkret kritisieren die Gewerkschaften, dass der rot-grüne Senat Dienstleistungen erst ab einer Auftragshöhe von 100.000 Euro und Bauleistungen ab 150.000 Euro unter das Vergabegesetz zwingen wolle. „Das ist eine Farce“, klagte der Tariftreue-Beauftragte der IG BAU, Matthias Maurer. Dann fielen die Arbeiten von Hamburger Handwerkern reihenweise durch die Maschen des Vergabegesetzes. „Jede Sanierung von Schultoiletten rutscht so unterm Radar durch.“
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Ähnlich äußerte sich die NGG-Geschäftsführerin Kettner: „Konkret bedeutet das, dass Kantinenessen, Caterings & Co. weiter munter nach dem „Geiz-ist-geil-Prinzip“ vergeben werden können.“ Niemand achte dann darauf, ob die Menschen, die in der Küche stehen und die Brötchen schmieren, auch den fairen Tariflohn bekämen oder mit dem Mindestlohn abgespeist würden. Gerade von einem SPD geführten Senat müsste man erwarten können, dass er sowas nicht durchgehen lässt“, sagte Kettner. Sowohl die NGG als auch die IG BAU forderten, die Auftragssummen deutlich zu senken. In Berlin etwa liege sie bei 10.000 Euro, im Saarland bei 25.000 Euro.
Neues Vergabegesetz soll für mehr Tariftreue sorgen
Dressel hatte bei der Präsentation des reformierten Vergabegesetzes erklärt, dass nur derjenige einen öffentlichen Auftrag erhalten solle, der nach Tarif bezahle. „Mit den geplanten Änderungen des Hamburger Vergabegesetzes nutzen wir die rechtlichen Handlungsspielräume insbesondere, um eine gerechte Entlohnung im Rahmen der Durchführung öffentlicher Aufträge zu gewährleisten – ein Einstieg in echte Tariftreue-Regelungen auch bei uns in Hamburg.“
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Gleichzeitig kündigte Dressel an, dass das Vergaberecht im Bereich der Liefer- und Dienstleistungen unter 100.000 Euro entbürokratisiert werden solle. (dpa/mp)