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Salman E. mit seiner Tochter – und am Ende des 18-stündigen Nervenkriegs, als Spezialkräfte ihn festnehmen.
  • Salman E. mit seiner Tochter – und am Ende des 18-stündigen Nervenkriegs, als Spezialkräfte ihn festnehmen.
  • Foto: picture alliance/privat/Bearbeitung: MOPO

Geiseldrama am Hamburger Flughafen: Tochter entführt – Vater droht jetzt lange Haft

Es war ein Nervenkrieg, der sich im November vergangenen Jahres am Hamburger Flughafen abspielte: Ein Vater hatte in seinem Auto seine vierjährige Tochter entführt, eine Sicherheitsschranke durchbrochen und war aufs Rollfeld gefahren. Dort hatte er sich verschanzt. Erst nach mehr als 18 Stunden gelang es der Polizei, ihn zum Aufgeben zu bewegen. Jetzt wird dem 35-Jährigen der Prozess gemacht.

Das Geiseldrama beginnt an jenem Samstag, den 4. November 2023 gegen 19.30 Uhr, als Salman E. an der Wohnungstür seiner getrennt lebenden Ehefrau in Stade klingelte. Die Frau erwartet ihn nicht: Salman E. hatte sich perfiderweise auf ihre Verkaufsanzeige gemeldet, sich als Interessent ausgegeben und einen Termin vereinbart. Kaum öffnet ihm die ahnungslose Frau die Tür, schnappt er sich auch schon die gemeinsame Tochter (4) und läuft mit ihr weg. Kurz bevor er seinen Mietwagen, einen Audi ohne Kennzeichen erreicht, gibt er noch mehrere Schüsse in die Luft ab. Dann rast er in Richtung Flughafen Fuhlsbüttel.

Salman E. mit seiner Tochter Aslihan. Privat.
Flughafen-Entführer Salman E. mit seiner Tochter.
Salman E. mit seiner Tochter. Wegen der Geiselnahme am Flughafen Hamburg wird ihm jetzt der Prozess vor dem Landgericht gemacht.

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Um kurz nach 20 Uhr durchbricht er dort am Nordtor eine aus drei Schranken bestehende Absperrung des Flughafengeländes und rast auf das Rollfeld. Zweimal schießt er in die Luft und wirft zwei brennende Molotowcocktails aus dem Auto. Schließlich parkt er unterhalb einer Maschine von Turkish Airlines.

Flughafen Fuhlsbüttel wegen Geiseldrama gesperrt

Der Flughafen wird gegen 20.24 Uhr gesperrt, sämtliche Starts und Landungen eingestellt. Bundes- und Landespolizisten rücken an, umzingeln den Audi. Spezialeinheiten und ein Verhandlungsführer werden angefordert. Kräfte, die beim HSV-Spiel eingesetzt waren, werden ebenfalls abgezogen. Auch die Terminals werden geschlossen. Schwer bewaffnete Bundespolizisten räumen den gesamten Flughafen. Auch eine vollbesetzte „Ryanair“-Maschine, die in Richtung Mallorca abheben sollte und in der Nähe des Audis steht, wird geräumt.

Gegen 22.30 Uhr beginnen die Verhandlungen mit dem Entführer, die auf seinen Wunsch hin mit einem Dolmetscher auf Türkisch geführt werden. Über den Polizeinotruf hatte der 35-Jährige zuvor die Bereitstellung eines Flugzeugs und die ungehinderte Ausreise in die Türkei für sich und seine Tochter verlangt. Er droht mit dem Besitz von drei Bomben. Die ganze Nacht über bleibt die Einsatzleitung mit dem Mann in Kontakt. In der Nähe des Flughafens verfolgt mittlerweile auch die Mutter des Mädchens das Geschehen. Sie wird vom Kriseninterventionsteam des DRK Hamburg betreut.

Am Nordtor durchbrach der Geiselnehmer mit einem Auto drei Sicherheitsschranken. (Archivbild) (c) dpa
Hamburger Flughafen: Das durchbrochene Nordtor
Am Nordtor durchbrach der Geiselnehmer mit einem Auto drei Sicherheitsschranken. (Archivbild)

Es dauert rund 18 lange Stunden, bis es der Polizei gelingt, Salman E. zum Aufgeben zu bewegen. Am Sonntagnachmittag gegen 14.30 Uhr übergibt er das Kind schließlich Spezialkräften der Polizei und lässt sich widerstandslos festnehmen. Die Beamten finden bei ihm ein Messer, 22 Schuss Munition, ein Reizstoffsprühgerät und eine mit einer Patrone durchgeladene und entsicherte Schusswaffe. Die Bomben, mit denen er zuvor gedroht hatte, stellten sich als Attrappe heraus. Bei dem vermeintlichen Sprengstoffgürtel handelte es sich in Wahrheit um ein mit Alufolie umwickeltes Buch, in das Drähte gesteckt waren.

Hamburg: Salman E. steht ab Montag wegen Geiselnahme vor Gericht – ihm droht lange Haftstrafe

Wie sich später herausstellt, ist es nicht das erste Mal, dass der Mann seine Tochter entführt hat. Im März 2022 – zu dem Zeitpunkt waren er und seine Frau bereits getrennt – entführte Salman E. seine Tochter und flog mit ihr für mehrere Monate in die Türkei. Die Mutter, der im Juli 2022 das alleinige Sorgerecht übertragen wurde stellte Strafanzeige und Salman E. musste eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen (3600 Euro) zahlen. Im März des darauffolgenden Jahres erstattete sie Anzeigen gegen ihn wegen Hausfriedensbruchs.

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Ab Montag (10 Uhr) muss er sich vor dem Hamburger Landgericht wegen Geiselnahme, Entziehung Minderjähriger, Verstoß gegen das Waffengesetz und Körperverletzung verantworten. Bei einer Verurteilung sieht das Gesetz eine Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren vor – es ist aber durchaus denkbar, dass es am Ende sogar mehr werden. Der Prozess ist auf zehn Verhandlungstage terminiert.

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