x
x
x
Senator Andreas Dressel
  • Unter Druck: Finanzsenator Andreas Dressel (SPD).
  • Foto: dpa

Filz-Vorwürfe: Senator Dressel stoppt Millionen-Auftrag an Parteifreund

Der Filz-Verdacht war zu stark, die Unstimmigkeiten groß: Der dubiose Neun-Millionen-Auftrag des Finanzsenators an seinen SPD-Parteifreund Nico Lumma ist geplatzt. In der Haushaltssitzung der Bürgerschaft gab Andreas Dressel gestern Abend völlig überraschend bekannt, dass der Vertrag gestoppt wird.

Als Begründung für die Rückabwicklung gab Senator Dressel an, dass das Projekt zur Bildung eines sogenannten FinTech-Accelerators, also eines Programms zur Förderung von Startups aus der Finanzbranche, nach den wochenlangen Filz-Diskussionen so stark beschädigt worden sei, dass die Aussicht, private Geldgeber für das Vorhaben zu finden, nur noch gering sei.

Hamburg: Senator Dressel weist Filz-Vorwürfe zurück

Dressel räumte ein, dass er mit Nico Lumma, der die SPD im Wahlkampf beraten hat und überdies im Verwaltungsrat der „kasse.hamburg“ sitzt, bekannt sei. „Wir sind aber nicht befreundet“, beteuerte der Senator.

Vorwürfe, sich nicht an das EU-Vergaberecht gehalten zu haben, wies Dressel zurück und betonte erneut, bei den neun Millionen habe es sich um Corona-Mittel gehandelt, deren Vergabe schnell hätte erfolgen müssen. Widersprüche, die dazu in den vergangenen Wochen aufgetaucht waren, hätten möglicherweise zeitnah zu einer juristischen Aufarbeitung der Direktvergabe geführt. Durch die Rückabwicklung hat Dressel sich dieser Verantwortung entzogen. 

Senator hält Namen der Wettbewerber weiter geheim

Auch die Kritik, es habe keine umfassende Marktanalyse gegeben, wies Dressel zurück. Er betonte, dass die Auswahl an fähigen Playern zur Bildung eines Accelerators in Hamburg klein sei. Den einzigen drei geeigneten Wettbewerbern sei die Möglichkeit gegeben worden, eine Präsentation abzuhalten. Zwei hätten die Gelegenheit wahrgenommen.

Die Namen dieser Wettbewerber legte Dressel allerdings nicht offen und verwies dabei auf „datenschutzrechtliche Gründe“. Einer dieser drei hatte in der MOPO erklärt, er sei nie um eine Präsentation gebeten worden. Ein weiterer hielt sich bedeckt. Der dritte war Nico Lumma, der im MOPO-Interview selbst erklärt hatte, von der Finanzbranche wenig Ahnung zu haben: „Ich würde mir nicht anmaßen, ein FinTech-Experte zu sein.“ Er selbst müsse erst ein Team aus Experten aufbauen.

Zahlreiche Branchenkenner hatten darauf verwiesen, dass Lumma mit seinem bisherigen Accelerator im Medienbereich wenig Erfolg gezeigt hatte, die Zuwendung von neun Millionen Euro an Steuergeldern also ein großes Risiko darstellen würden.

Opposition sieht in dem gestoppten Deal ein Schuldeingeständnis

Dazu wird es nun also nicht kommen. Die Linke wollte im Haushaltsausschuss von Dressel wissen, welcher Schaden der Stadt durch das gescheiterte Verfahren nun schon entstanden ist und welche Kosten dabei verursacht wurden. Darauf konnte der Senator keine Antwort geben. Er versprach, eine Kostenaufstellung nachzuliefern. Klar sei aber, dass Nico Lumma für die ihm durch das Verfahren bisher entstanden Kosten zum Beispiel für Berater und für die Zusammenstellung des Teams entschädigt werden müsse, so der Senator.

Das könnte Sie auch interessieren: Hat Hamburg ein Filz-Problem, Herr De Masi?

Zu dem gescheiterten Deal erklärte David Stoop, haushaltspolitischer Sprecher der Linksfraktion: „Die Fördermittel fließen nicht. Aber der Imageschaden bleibt. Statt einen eigenen Fehler einzugestehen, kritisiert Finanzsenator Dressel lieber Medien und Opposition, die hier gemeinsam Aufklärungsarbeit geleistet haben. Es ist doch schon mehr als grenzwertig, Fördermittel in dieser Höhe ohne europaweite Ausschreibung und ohne Transparenz zu vergeben. Wenn dann aber auch noch ein lieber Parteikollege in den Genuss des Auftrags kommt, obwohl dessen Unternehmen nach eigener Aussage gar keine Kernkompetenz in diesem Förderbereich hat, dann ist das übler roter Filz.“ Die Linke will Akteneinsicht beantragen, um die Sache weiter aufzuklären.

Hamburgs CDU-Chef Dennis Thering erklärte: „Der Versuch von Finanzsenator Dressel, einen SPD-Parteigenossen mit einer Direktvergabe in Millionen-Höhe zu bevorteilen ist gescheitert. Eine gute Nachricht. Der Druck auf Andreas Dressel durch die Opposition war am Ende offenbar zu hoch, zu klar war der offensichtliche rote Filz.“ Der Auftrag könne nun ordnungsgemäß neu ausgeschrieben werden. Eines sei klar: „Finanzsenator Dressel ist jetzt angezählt, sein Rückzieher gleicht einem Schuldeingeständnis und es stellt sich die Frage, welche Konsequenzen daraus jetzt folgen?“, so Thering.

Email
Share on facebook
Share on twitter
Share on whatsapp