Hexer Huxsohl! Norderstedt feiert und trauert nach verpasster Pokal-Sensation
Sollten sie sich freuen und stolz sein auf die Leistung? Oder sich grämen ob der haarscharf verpassten Chance auf eine der größten Sensationen in der deutschen Pokal-Geschichte? Eintracht Norderstedt verlor das Auswärts-Heimspiel gegen den drei Klassen höher kickenden FC St. Pauli mit 2:3 im Elfmeterschießen, nachdem am Millerntor zuvor in 120 Minuten keine Tore gefallen waren.
„Die Jungs sitzen enttäuscht in der Kabine, aber mit ein bisschen Abstand können wir sehr stolz auf dieses Spiel sein“, fasste Norderstedts Trainer Elard Ostermann das zweieinhalbstündige Pokaldrama zusammen. „Kurz danach ist man auch irgendwo ein Stück weit traurig, dass es nicht geklappt hat“, sagte Torwart Lars Huxsohl, der St. Pauli mit seinen Paraden zur Verzweiflung gebracht hatte. Doch er sah auch das Positive: „Wir können unfassbar stolz auf uns sein. Welcher Regionalligist spielt so lange 0:0 gegen einen Erstligisten?“ Und das auch noch im Stadion des Gegners, in das die Eintracht umziehen musste.
Gerade vor der Anfangsphase war den Norderstedtern durchaus bange gewesen – nicht zu Unrecht befürchteten die Amateure, dass St. Pauli das Spiel frühzeitig in günstige Bahnen lenken wollte. Die Eintracht sammelte emsig kleine Erfolge: Nick Gutmann setzte Louis Oppie zu, Melvin Zimmer blockte einen Schuss von Danel Sinani, Leo Bera spitzelte Joel Fujita einen Ball weg, Abdul-Malik Yago klärte in hoher Not vor Andréas Hountondji, Kapitän Moritz Frahm klärte eine Hereingabe von Oppie zur Ecke … wie erwartet, waren die Norderstedter fast ausschließlich mit Defensivaufgaben beschäftigt. Beim nahezu einzigen Entlastungsangriff vor der Pause zwang Felix Drinkuth St. Paulis Verteidiger Hauke Wahl immerhin zu einer Klärung zur Seite, womit indes auch alle potenzielle Gefahr bereinigt war.
„Hat richtig Spaß gemacht“: Huxsohl rettet früh gegen Wahl
Wahl hätte den Norderstedter Pokalträumen früh einen Dämpfer versetzen können, doch bei seinem Kopfball (8.) riss Keeper Huxsohl die Fäuste hoch und klärte zur Ecke. Huxsohl war danach auch zweimal gegen Mathias Pereira Lage (21., 31.) zur Stelle und hatte einen entscheidenden Anteil daran, dass es torlos in die Pause ging. „Ich habe ein paar gute Dinger gehalten“, kommentierte er – was eine ziemliche Untertreibung war. „Mir hat’s auch richtig Spaß gemacht, nach links und rechts zu springen.“

Nach dem Wechsel machte der 29-Jährige so weiter und klärte gegen Houtondji (49.) und Sinani (51.) zur Ecke. Auch eine zweiminütige Behandlung seines rechten Oberschenkels brachte ihn nicht aus dem Takt, danach rettete Norderstedts Torwart gegen Oppie (71.), und Sinani (73.) fand in ihm ein weiteres Mal seinen Meister. Vermutlich faustete Huxsohl in diesem einen Spiel am Millerntor mehr Bälle weg als sonst in einer ganzen Regionalliga-Saison. Als Kind übte sich der Torwart als Zauberer, verriet „Hexer Huxsohl“ – nun hielt er bei ingesamt 41 Schüssen auf sein Gehäuse auf nahezu magische Weise die Null.
Ostermann schickt Ampofo aufs Feld
Vom Einsatz der Eintracht war Fortuna offenbar so beeindruckt, dass sie auch das Spielglück ein wenig zugunsten des Viertligisten verteilte. Bei einem Schuss von Pereira Lage (82.) verhinderte die Latte einen St. Pauli-Treffer. „In der ersten Hälfte mussten wir sehr leiden, aber je länger das Spiel dauert, glaubt man immer mehr daran“, kommentierte Eintracht-Trainer Elard Ostermann den Spielverlauf.

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In der 69. Minute schickte Ostermann Ezra Ampofo aufs Feld – den Stürmer, dem Norderstedts Vereinspräsidentin Julia Karsten-Plambeck im Vorfeld den Siegtreffer zugetraut hatte. In der 83. Minute fuhr Ampofo tatsächlich einen Konter, den St. Pauli allerdings zur Ecke klären konnte. Die landete auf dem Kopf von Fabian Grau, der das kurze Eck anvisierte – doch FC-Keeper Nikola Vasilj, zuvor nahezu beschäftigungslos, ließ sich nicht übertölpeln. Es war die eine Chance für die Amateure in der regulären Spielzeit, den Spielverlauf auf den Kopf zu stellen.
Norderstedt besser als Bergamo – und mit einer Gross-Chance
Als Huxsohl auf der Gegenseite einen Abschluss von Abdoulie Ceesay aus kurzer Distanz in der Nachspielzeit parierte, hatte Norderstedt wenig später die Verlängerung erreicht – und allen Skeptikern endgültig bewiesen, dass sie kein so dankbarer Gegner zur Saisoneröffnung waren wie vor einem Jahr Europa-League-Sieger Atalanta Bergamo, der sich damals vom Kiezklub in einem Freundschaftsspiel mit 3:0 abschießen ließ.
In den 30 Extra-Minuten setzte Eintracht-Joker Manuel Brendel (91.) mit einem Schuss übers Tor sogar den ersten Akzent. Danach hieß es allerdings wieder tief stehen und verteidigen für den Außenseiter, der in der Schlussphase aber die besseren Chancen besaß: Ein Schuss von Falk Gross (116.) wurde von Vasilj gerade noch zur Ecke abgewehrt, St. Paulis Keeper rettete auch noch einmal gegen Ampofo (120.+2), ehe es ins Elfmeterschießen ging.

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„Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin“, skandierten die Eintracht-Fans, bevor Schiedsrichter Eric Weisbach zur Entscheidung bat, die vor der Nordtribüne mit dem Norderstedter Anhang ausgetragen wurde. Huxsohl wehrte den ersten Schuss von Wahl ab, doch weil Philipp Koch und Brendel (von der Lattenunterkante sprang der Ball um ein paar Zentimeter nicht vollständig hinter die Linie) das Ziel verfehlten und Jonas Behounek an Vasilj scheiterte, setzte sich St. Pauli mit 3:2 knapp durch. Moralischer Gewinner war die Eintracht auf jeden Fall – doch dass die mögliche Sensation verpasst wurde, wird auch noch eine Weile schmerzen.
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Vor dem Spiel hatte Norderstedt bei den Bemühungen, sich das Millerntor heimisch zu machen, einen symbolischen Sie gerrungen. Die Einlaufhymne „Can’t Stop“ von den Red Hot Chili Peppers lief sogar etwas länger als das DFB-Pokal-Protokoll vorsieht, bis es von der Wettbewerbshymne abgelöst wurde. Wer das Lied der kalifornischen Band demnächst noch etwas länger vor einem Fußballspiel hören möchte, hat dazu in der nächsten Woche gleich zweimal Gelegenheit. Am Mittwoch tritt Norderstedt in der Regionalliga gegen Hannover 96 II an, am Sonntag kommt der VfB Lübeck zur Eintracht. „Dieses Pokal-Erlebnis wird uns auch für die Liga zusammenschweißen“, ist sich Norderstedts Kapitän Frahm sicher.
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