Rachid Messaoudi von den Linken in der Bezirksversammlung Nord streicht symbolisch den Namen Hindenburgstraße auf einem Straßenschild durch.

Symbolisch tilgt er schon mal den Namen Hindenburg aus dem Stadtbild: Rachid Messaoudi von den Linken in der Bezirksversammlung Nord. Foto: Bettina Blumenthal

Hindenburgs dunkles Erbe: Straße wird nach Jahrzehnten umbenannt

Seit Jahrzehnten wird diskutiert, jetzt ist es entschieden: Ein umstrittener Straßenname verschwindet aus dem Hamburger Stadtbild. Die Hindenburgstraße bekommt einen neuen Namen – und erinnert künftig an eine mutige Frau aus dem Widerstand gegen die Nazis.

Hamburg benennt den nördlichen Teil der Hindenburgstraße um. Sie verläuft durch die Stadtteile Winterhude, Alsterdorf und Groß Borstel und war bislang nach Reichspräsident Paul von Hindenburg (1847-1934) benannt. Künftig trägt sie den Namen einer Widerstandskämpferin: Traute-Lafrenz-Straße. Das hat die Senatskommission für die Benennung von Verkehrsflächen beschlossen – auf Vorschlag des Bezirks Hamburg-Nord. Traute Lafrenz, 1919 in Hamburg geboren, war Mitglied der berühmten Widerstandsgruppe „Weiße Rose“.

Debatte um Umbenennung begann bereits vor fast 40 Jahren

Die Diskussion um die Umbenennung begann nicht erst gestern. Schon 1988 gab es erste Forderungen, den Namen Hindenburg aus dem Stadtbild zu tilgen. Damals lehnte das Senatsamt den Vorschlag mit Verweis auf „historische Kontinuität“ ab – ohne nähere Begründung. 2013 wurde schließlich nur ein Teil der Straße neu benannt: Der südliche Abschnitt heißt seither Otto-Wels-Straße. Ein Kompromiss, der vielen nicht weit genug ging. 


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Paul von Hindenburg, der Namensgeber der Straße, war 1925 bis 1934 Reichspräsident. Am 30. Januar 1933 ernannte er Adolf Hitler zum Reichskanzler – ein Schritt, der die Nazi-Diktatur ermöglichte. Jetzt soll die Straße nicht länger an ihn erinnern, sondern an eine Frau, die sich genau dieser Diktatur entgegenstellte: Traute Lafrenz wurde 1943 verhaftet, überlebte den Krieg und wanderte später in die USA aus. Dort arbeitete sie als Ärztin und Schulleiterin.

Hindenburgbrücke und Straße in Altona werden ebenfalls umbenannt

Den Anstoß zur neuen Debatte gab 2023 René Senenko vom Kulturverein Olmo. Er forderte öffentlich die Umbenennung des restlichen Straßenabschnitts. Der Vorschlag: Wolfgang-Borchert-Straße. Am Ende setzte sich ein anderer Name durch – nach einer siebenmonatigen Diskussion in der Bezirksversammlung. SPD, Grüne und Linke einigten sich auf einen gemeinsamen Antrag. Ihr Ziel: Eine Frau sollte geehrt werden. Auch die Publizistin Hannah Arendt war im Gespräch. Die Entscheidung fiel schließlich auf Lafrenz. Die Umbenennung betrifft nicht nur die Straße selbst: Auch die Hindenburgbrücke über die Alster wird zur Traute-Lafrenz-Brücke. Der Abschnitt reicht von der U-Bahnstation Alsterdorf bis zur Alsterkrugchaussee.

Traute Lafrenz (1919-2023) war Widerstandskämpferin bei der „Weißen Rose" und starb am 6. März 2023 im Alter von 103 Jahren. MOPO-Archiv
Traute Lafrenz
Traute Lafrenz (1919-2023) war Widerstandskämpferin bei der „Weißen Rose“ und starb am 6. März 2023 im Alter von 103 Jahren.

Senator Carsten Brosda (SPD) sagte dazu: „Ich begrüße es sehr, dass nun auch der verbliebene Teil der Hindenburgstraße umbenannt wurde und wir künftig mit der Benennung an Traute Lafrenz erinnern, einer starken Hamburgerin, die sich als Mitglied der Widerstandsgruppe ‚Weiße Rose‘ mutig den Verbrechen der Nationalsozialisten entgegengestellt hat.“

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Auch in Altona gibt es eine neue Straße. Der Fußweg an der Elbe zwischen Dockland und Museumshafen Oevelgönne heißt ab sofort Tiller-Giller-Promenade – benannt nach dem Schauspieler-Ehepaar Nadja Tiller und Walter Giller, das dort bis zuletzt in einer Seniorenresidenz lebten. Die beiden Wahl-Hamburger waren das umschwärmte Filmstar-Paar im deutschen Kino der Nachkriegszeit. (apa)

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