Er ernannte Adolf Hitler zum Reichskanzler – und ist bis heute Hamburger Ehrenbürger
Möglicherweise weiß mancher Hamburger gar nichts davon und wird sich ungläubig die Augen reiben, wenn er es jetzt erfährt: Neben so verdienten Persönlichkeiten wie Helmut Schmidt, Johannes Brahms und Udo Lindenberg steht auch Paul von Hindenburg auf der Liste der Hamburger Ehrenbürger. Die höchste Auszeichnung der Stadt trägt ausgerechnet der Mann, der Hitler an die Macht verhalf. Namhafte Hamburger Historiker, Journalisten, Politiker, Intellektuelle, Künstler und Aktivisten fordern nun, dass damit endlich Schluss gemacht wird.
Möglicherweise weiß mancher Hamburger gar nichts davon und wird sich ungläubig die Augen reiben, wenn er es jetzt erfährt: Neben so verdienten Persönlichkeiten wie Helmut Schmidt, Johannes Brahms und Udo Lindenberg steht auch Paul von Hindenburg auf der Liste der Hamburger Ehrenbürger. Die höchste Auszeichnung der Stadt trägt ausgerechnet der Mann, der Hitler an die Macht verhalf. Namhafte Hamburger Historiker, Journalisten, Politiker, Intellektuelle, Künstler und Aktivisten fordern nun, dass damit endlich Schluss gemacht wird.
Hindenburg, den das Volk im Ersten Weltkrieg nach einer siegreichen Schlacht als „Helden von Tannenberg“ verehrte, war Ehrenbürger zahlreicher deutscher Städte. Hamburg verlieh ihm diese Würde schon sehr früh: 1917, als Hindenburg 70 Jahre alt wurde.
Inzwischen haben ihn Köln, Leipzig, Berlin, Münster, Kiel, Trier, Stuttgart, Frankfurt/Main, München und viele weitere Städte wieder von der Liste der Ehrenbürger gestrichen. 2013 sah es so aus, als würde Hamburg diesem Beispiel folgen, denn da stellten die Grünen einen entsprechenden Antrag, den die Linke unterstützte.
Viele Städte haben Hindenburg die Ehrenbürgerschaft aberkannt
Am Ende verständigten sich dann 2015 SPD, FDP und Grüne nach zweijähriger Diskussion in der Bürgerschaft auf einen „Kompromiss“: Statt Hindenburg die Ehrenbürgerschaft zu entziehen, solle seine Rolle kritisch hinterfragt und „eingeordnet“ werden. In diesem Sinne richtete die Kulturbehörde eine Homepage mit den Lebensläufen aller Ehrenbürger ein, auf der das zweifelhafte Wirken des ehemaligen Reichspräsidenten dargestellt ist.

Und das soll es gewesen sein? Das fragen sich viele Hamburger Bürger. Sie empfinden es als unbefriedigend, dass ein Antidemokrat und Militarist Ehrenbürger der Stadt ist und es bleiben soll. In der MOPO fordern heute etliche namhafte Persönlichkeiten – Historiker, Politiker, Journalisten, Geistliche, Anwälte, Verbandsvorsitzende –, ihn aus der Ehrenbürgerliste zu tilgen.
Diese Politiker, Künstler, Aktivisten, Juristen und Historiker schließen sich dem Appell an
- dpa „Gerade in diesen Zeiten, wo sich viele besorgt fragen, ob es wieder passieren könnte, dass eine Demokratie sich selbst abschafft, wäre die Aberkennung der Ehrenbürgerschaft für den Steigbügelhalter Hitlers ein starkes Signal.“ Detlef Garbe, bis 2022 Vorstand der Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte
„Gerade in diesen Zeiten, wo sich viele besorgt fragen, ob es wieder passieren könnte, dass eine Demokratie sich selbst abschafft, wäre die Aberkennung der Ehrenbürgerschaft für den Steigbügelhalter Hitlers ein starkes Signal.“ Detlef Garbe, bis 2022 Vorstand der Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte - Daniel Bockwoldt/dpa „Die Aberkennung wäre ein deutliches Zeichen für die demokratische Weiterentwicklung unserer Stadt.“ Knut Fleckenstein, Ex-Europa-Abgeordneter der SPD
„Die Aberkennung wäre ein deutliches Zeichen für die demokratische Weiterentwicklung unserer Stadt.“ Knut Fleckenstein, Ex-Europa-Abgeordneter der SPD - Patrick Sun „Hindenburg steht für eine militaristische und menschenverachtende Politik. Er war ein williger Wegbereiter für die Nationalsozialisten.“ Daniel Sheffer, Initiative Wiederaufbau Bornplatzsynagoge
„Hindenburg steht für eine militaristische und menschenverachtende Politik. Er war ein williger Wegbereiter für die Nationalsozialisten.“ Daniel Sheffer, Initiative Wiederaufbau Bornplatzsynagoge - dpa „Ich bin sehr dafür, dass man Hindenburg, der Hitler den Weg zur Macht ebnete, die Ehrenbürgerschaft wieder entzieht.“ Peggy Parnass, Schriftstellerin und Journalistin
„Ich bin sehr dafür, dass man Hindenburg, der Hitler den Weg zur Macht ebnete, die Ehrenbürgerschaft wieder entzieht.“ Peggy Parnass, Schriftstellerin und Journalistin - dpa „Hindenburg ermöglichte die NS-Diktatur und trug die Eingriffe zur Ausschaltung des Parlaments, zum Verbot der politischen Parteien und der Gewerkschaften sowie zur Errichtung der Einparteiendiktatur mit.“ Rita Bake, Historikerin
„Hindenburg ermöglichte die NS-Diktatur und trug die Eingriffe zur Ausschaltung des Parlaments, zum Verbot der politischen Parteien und der Gewerkschaften sowie zur Errichtung der Einparteiendiktatur mit.“ Rita Bake, Historikerin - Linke „Hindenburg hat als Steigbügelhalter Hitlers den Weg in die NS-Diktatur geebnet.Er hat dazu beigetragen, die Demokratie in Deutschland zu zerstören. Bis zu seinem Tod hat er alle politischen Maßnahmen Hitlers mitgetragen.“ Cansu Özdemir, Fraktionsvorsitzende der Linken in der Bürgerschaft
„Hindenburg hat als Steigbügelhalter Hitlers den Weg in die NS-Diktatur geebnet.Er hat dazu beigetragen, die Demokratie in Deutschland zu zerstören. Bis zu seinem Tod hat er alle politischen Maßnahmen Hitlers mitgetragen.“ Cansu Özdemir, Fraktionsvorsitzende der Linken in der Bürgerschaft - Olaf Wunder „Hindenburg verkörperte den preußischen Militarismus und war ein Gegner der Demokratie.“ Andreas Karmers, Zeichner, Maler, Hörbuchproduzent und Filmemacher
„Hindenburg verkörperte den preußischen Militarismus und war ein Gegner der Demokratie.“ Andreas Karmers, Zeichner, Maler, Hörbuchproduzent und Filmemacher - Olaf Wunder „Selbstverständlich muss Hindenburg die Ehrenbürgerschaft aberkannt werden. Das ist doch überhaupt keine Frage. Die ,Verdienste‘ Hindenburgs sind ein Vogelschiss.“ Dr. Christiane Yüksel, Strafverteidigerin
„Selbstverständlich muss Hindenburg die Ehrenbürgerschaft aberkannt werden. Das ist doch überhaupt keine Frage. Die ,Verdienste‘ Hindenburgs sind ein Vogelschiss.“ Dr. Christiane Yüksel, Strafverteidigerin - Privat. „Mit der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler hat Hindenburg die Übertragung der Macht an die Nazis wesentlich mitzuverantworten. Mit dem Handschlag von Potsdam hat er ihm nach Reichstagsbrand, KPD-Verbot und Ermächtigungsgesetz und nach der Verhaftung Tausender politischer Gegner, vor allem aus KPD, SPD und Gewerkschaften, noch formale Legitimität verliehen.“ Cornelia Kerth, Bundesvorsitzende der Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes, Bund der Antifaschisten (VVN-BdA)
„Mit der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler hat Hindenburg die Übertragung der Macht an die Nazis wesentlich mitzuverantworten. Mit dem Handschlag von Potsdam hat er ihm nach Reichstagsbrand, KPD-Verbot und Ermächtigungsgesetz und nach der Verhaftung Tausender politischer Gegner, vor allem aus KPD, SPD und Gewerkschaften, noch formale Legitimität verliehen.“ Cornelia Kerth, Bundesvorsitzende der Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes, Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) - Olaf Wunder „Es gibt tolle Ehrenbürger unserer Stadt, wenn ich zum Beispiel an Ida Ehre und Siegfried Lenz denke. Hindenburg passt nicht in diese Reihe.“ Holger Artus, Initiative „Kein Vergessen im Weidenviertel“
„Es gibt tolle Ehrenbürger unserer Stadt, wenn ich zum Beispiel an Ida Ehre und Siegfried Lenz denke. Hindenburg passt nicht in diese Reihe.“ Holger Artus, Initiative „Kein Vergessen im Weidenviertel“ - Olaf Wunder „Hindenburg, war einer der ,Totengräber‘ der Weimarer Republik, er war weder Demokrat noch Republikaner. Seine Notverordnungen, z.B. für den Staatsstreich der Reichsregierung unter Franz von Papen im Juli 1932 oder die vom Februar 1933, bedeuteten das Ende der Demokratie.“ Wolfgang Kopitzsch, Historiker, SPD-Politiker, Ex-Polizeipräsident
„Hindenburg, war einer der ,Totengräber‘ der Weimarer Republik, er war weder Demokrat noch Republikaner. Seine Notverordnungen, z.B. für den Staatsstreich der Reichsregierung unter Franz von Papen im Juli 1932 oder die vom Februar 1933, bedeuteten das Ende der Demokratie.“ Wolfgang Kopitzsch, Historiker, SPD-Politiker, Ex-Polizeipräsident - Patrick Sun „Hindenburg berief Hitler zum Reichskanzler und unterschrieb zwei Monate später das Ermächtigungsgesetz. Damit ebnete Hindenburg den Weg Deutschlands in die NS-Diktatur. Es ist vollkommen unverständlich, dass dieser Mann heute noch Ehrenbürger ist.“ Kazim Abaci, SPD-Bürgerschaftsabgeordneter
„Hindenburg berief Hitler zum Reichskanzler und unterschrieb zwei Monate später das Ermächtigungsgesetz. Damit ebnete Hindenburg den Weg Deutschlands in die NS-Diktatur. Es ist vollkommen unverständlich, dass dieser Mann heute noch Ehrenbürger ist.“ Kazim Abaci, SPD-Bürgerschaftsabgeordneter - Olaf Wunder „Hindenburg hat Hitler zum Reichskanzler ernannt und allein durch diese Tatsache die Eignung zur Ehrenbürgerschaft verspielt. Dadurch werden Titel und Würde der anderen ausgezeichneten Persönlichkeiten in Misskredit gebracht.“ Peter Hess, Erinnerungsprojekt Stolpersteine in Hamburg
„Hindenburg hat Hitler zum Reichskanzler ernannt und allein durch diese Tatsache die Eignung zur Ehrenbürgerschaft verspielt. Dadurch werden Titel und Würde der anderen ausgezeichneten Persönlichkeiten in Misskredit gebracht.“ Peter Hess, Erinnerungsprojekt Stolpersteine in Hamburg - Olaf Wunder „Was motiviert die SPD und die Bürgerschaft, diesen Anti-Demokraten und Wegbereiter Hitlers weiterhin als Ehrenbürger zu würdigen? Quo vadis, alte SPD? Wovor habt ihr Angst?“ Ulrich Hentschel, Pastor, ehemals Dozent für Erinnerungskultur an der Evangelischen Akademie
„Was motiviert die SPD und die Bürgerschaft, diesen Anti-Demokraten und Wegbereiter Hitlers weiterhin als Ehrenbürger zu würdigen? Quo vadis, alte SPD? Wovor habt ihr Angst?“ Ulrich Hentschel, Pastor, ehemals Dozent für Erinnerungskultur an der Evangelischen Akademie - dpa „Hindenburg war ein glühender Militarist, Monarchist und Demokratiefeind, der skrupellos die Macht der Nazis legitimiert hat. Natürlich bin ich dafür, Hindenburg von der Liste der Ehrenbürger zu streichen – gerade jetzt, wo wir hierzulande wieder ein massiv gewachsenes Problem mit Nazigewalt und Rechtsradikalen in den Parlamenten haben.“ Norbert Hackbusch, kulturpolitischer Sprecher der Linksfraktion in der Bürgerschaft
„Hindenburg war ein glühender Militarist, Monarchist und Demokratiefeind, der skrupellos die Macht der Nazis legitimiert hat. Natürlich bin ich dafür, Hindenburg von der Liste der Ehrenbürger zu streichen – gerade jetzt, wo wir hierzulande wieder ein massiv gewachsenes Problem mit Nazigewalt und Rechtsradikalen in den Parlamenten haben.“ Norbert Hackbusch, kulturpolitischer Sprecher der Linksfraktion in der Bürgerschaft - hfr „Hindenburg hat die Dolchstoßlegende in die Welt gesetzt. Er hat Hitler zum Reichskanzler gemacht. Am ,Tag von Potsdam‘ hat Hindenburg die öffentliche Schmierenkomödie mitgespielt, wozu ihn niemand gezwungen hat. Das kann doch heute kein Ehrenbürger sein!“ Ruben Herzberg, ehemaliger Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde
„Hindenburg hat die Dolchstoßlegende in die Welt gesetzt. Er hat Hitler zum Reichskanzler gemacht. Am ,Tag von Potsdam‘ hat Hindenburg die öffentliche Schmierenkomödie mitgespielt, wozu ihn niemand gezwungen hat. Das kann doch heute kein Ehrenbürger sein!“ Ruben Herzberg, ehemaliger Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde - Bettina Blumenthal „Hindenburg widerspricht allem, wozu Hamburg sich in der Präambel der Hamburgischen Verfassung verpflichtet hat. Hindenburg war schon immer ein Feind der Demokratie sowie ein Militarist und hätte daher nie durch unsere Stadt geehrt werden dürfen.“ Rachid Messaoudi, Linken-Abgeordneter Bezirksversammlung Nord
„Hindenburg widerspricht allem, wozu Hamburg sich in der Präambel der Hamburgischen Verfassung verpflichtet hat. Hindenburg war schon immer ein Feind der Demokratie sowie ein Militarist und hätte daher nie durch unsere Stadt geehrt werden dürfen.“ Rachid Messaoudi, Linken-Abgeordneter Bezirksversammlung Nord - Bettina Blumenthal „Die Ehrenbürgerschaft für Hindenburg gehört – ebenso wie die nach ihm benannte Straße, der Kriegsklotz am Dammtor und das Bismarck-Denkmal im Elbpark – zum unverdauten Erbe, an dem auch kommende Generationen zu würgen haben.“ René Senenko, Verein für Kultur und Erinnerungsarbeit zwischen Ohlsdorf und Ochsenzoll
„Die Ehrenbürgerschaft für Hindenburg gehört – ebenso wie die nach ihm benannte Straße, der Kriegsklotz am Dammtor und das Bismarck-Denkmal im Elbpark – zum unverdauten Erbe, an dem auch kommende Generationen zu würgen haben.“ René Senenko, Verein für Kultur und Erinnerungsarbeit zwischen Ohlsdorf und Ochsenzoll - dpa „Es darf nicht sein, dass ein Mann, der unbestritten die Demokratie verachtete, der großen Anteil am Aufstieg Hitlers hatte, immer noch als Ehrenbürger Hamburgs geführt wird.“ Stephan Karrenbauer, Sozialarbeiter, arbeitete 27 Jahre bei „Hinz&Kunzt“
„Es darf nicht sein, dass ein Mann, der unbestritten die Demokratie verachtete, der großen Anteil am Aufstieg Hitlers hatte, immer noch als Ehrenbürger Hamburgs geführt wird.“ Stephan Karrenbauer, Sozialarbeiter, arbeitete 27 Jahre bei „Hinz&Kunzt“ - privat „Er hat Hitler möglich gemacht und damit das größte Unglück aller Zeiten über unser Land gebracht. Deshalb kann er wahrhaftig kein Hamburger Ehrenbürger sein.“ Jürgen Sielemann, Archivar und Historiker.
„Er hat Hitler möglich gemacht und damit das größte Unglück aller Zeiten über unser Land gebracht. Deshalb kann er wahrhaftig kein Hamburger Ehrenbürger sein.“ Jürgen Sielemann, Archivar und Historiker. - Schimkus „Ein Kriegsverbrecher, der im Ersten Weltkrieg den uneingeschränkten U-Boot-Einsatz auch gegen zivile Schiffe befahl, der ab 1919 maßgeblich an der hetzerischen Dolchstoßlegende strickte, erklärter Antidemokrat war und als Reichspräsident 1930 quasi eine Notstandsdiktatur schuf und 1933 zum Steigbügelhalter Hitlers wurde - ausgerechnet ein Ehrenbürger Hamburgs??? Das geht gar nicht!“ Michael Joho, Einwohnerverein St. Georg
„Ein Kriegsverbrecher, der im Ersten Weltkrieg den uneingeschränkten U-Boot-Einsatz auch gegen zivile Schiffe befahl, der ab 1919 maßgeblich an der hetzerischen Dolchstoßlegende strickte, erklärter Antidemokrat war und als Reichspräsident 1930 quasi eine Notstandsdiktatur schuf und 1933 zum Steigbügelhalter Hitlers wurde – ausgerechnet ein Ehrenbürger Hamburgs??? Das geht gar nicht!“ Michael Joho, Einwohnerverein St. Georg
Paul von Hindenburg – wer war dieser Mann? Geboren wurde er am 2. Oktober 1847 in Posen. Er ist Spross einer preußischen Offiziers- und Gutsbesitzerfamilie. In der Schule war er ein Versager. Gute Leistungen erbrachte er nur auf dem Schlachtfeld. Als junger Offizier nahm er am Deutsch-Österreichischen Krieg 1866 und am Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 teil.
Im Ersten Weltkrieg regierte der Generalfeldmarschall das Land wie ein Diktator
Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs befand er sich längst im Ruhestand, wurde aber reaktiviert – und befehligte im August 1914 die Armee, die die tief nach Ostpreußen vorgedrungenen russischen Truppen bei Tannenberg schlug. Daraufhin gelang es Hindenburg, sich zum Befreier Ostpreußens zu stilisieren. Das Volk sehnte sich nach Helden, deshalb war sein Aufstieg zum Nationalheros nicht mehr zu verhindern.
Ab Sommer 1916 bildete Paul von Hindenburg zusammen mit Generalstabschef Erich Ludendorff die Oberste Heeresleitung. Gemeinsam befehligten die beiden nicht nur die Truppen, sie regierten mit diktatorischen Vollmachten das ganze Land. Als im Sommer 1918 die militärische Lage hoffnungslos wurde, legte Hindenburg dem Kaiser Wilhelm II. nahe, ins Exil zu gehen.
Er erwies sich als Meister des politischen Doppelspiels, als es ihm gelang, die Schuld an der Niederlage auf andere abzuwälzen: Im November 1919 erklärte er vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss, dass die im Feld unbesiegte Armee durch die Novemberrevolutionäre von hinten erdolcht worden sei.

Hindenburg ist der Erfinder der Dolchstoßlegende
Damit hatte Hindenburg die Dolchstoßlegende in die Welt gesetzt, die – obwohl sachlich völlig haltlos – zu einer schweren Hypothek für die junge Demokratie wurde, denn Rechtsnationale und Nationalsozialisten nutzten sie ab da immer wieder für ihre Propaganda gegen die Weimarer Republik.
Nach dem Tod von Reichspräsident Friedrich Ebert (SPD) machte Hindenburg politisch Karriere. 1925 stellten rechtsnationale Parteien den immer noch populären Generalfeldmarschall als Kandidaten auf. Der Sieg des 78-Jährigen war ein Schock für alle Demokraten: Ein ehemaliger General des Kaisers war durch Volkswahl zum Staatsoberhaupt der Republik geworden!
Heute wissen wir: Dieser Rechtsruck war der Anfang vom Ende der ersten deutschen Demokratie. Als 1930 im Zuge der Weltwirtschaftskrise die Arbeitslosenzahlen in die Höhe schnellten und rechts- wie linksextremistische Parteien immer größeren Zulauf hatten, zerbrach die Große Koalition unter dem SPD-Kanzler Hermann Müller. Die demokratischen Parteien im Parlament zeigten sich unfähig zu Kompromissen, und so entmachtete sich der Reichstag selbst.
Hindenburgs Wahl zum Staatsoberhaupt war der Anfang vom Ende Weimars
Aufgrund von Sonderrechten, die die Weimarer Verfassung dem Reichspräsidenten gewährte, konnte Hindenburg von da an Regierungen einsetzen, die sich nicht mehr auf eine parlamentarische Mehrheit, sondern allein auf seine Autorität stützten. Am 30. Januar 1933 ernannte Hindenburg Adolf Hitler, dessen Partei bei den Reichstagswahlen im November des Vorjahres auf 33,1 Prozent der Stimmen gekommen war, zum Reichskanzler.
Historiker vergangener Generationen haben diese Entscheidung damit zu erklären versucht, dass der greise Reichspräsident nicht im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte und außerdem den Einflüsterungen seiner Umgebung ausgesetzt gewesen sei. Heutige Historiker sind da anderer Meinung. Wolfram Pyta aus Stuttgart beispielsweise sagt: „Fakt ist, dass Hindenburg in einem weitaus stärkeren Maße, als bislang vielfach gedacht wurde, an grundlegenden Entscheidungen der deutschen Geschichte aktiv beteiligt gewesen ist, auch am 30. Januar 1933.“ Pyta ist überzeugt, der Reichspräsident sei „nie eine Marionette in den Händen seiner Berater“ gewesen. „Hinter Hitlers Ernennung steckte eine rationale Entscheidung Hindenburgs.“
Der Berliner Historiker Heinrich August Winkler kommt zu dem Schluss: „Die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler war nicht der unausweichliche Ausgang der deutschen Staatskrise. Nichts zwang den Reichspräsidenten dazu. Hitlers Massenbewegung machte seine Ernennung möglich, aber erst durch den Willen Hindenburgs und des Milieus, das er verkörperte, wurde er Kanzler.“
Hindenburg – der Steigbügelhalter Adolf Hitlers
Hindenburg entschied sich also bewusst für die Kooperation mit den Nationalsozialisten. Denn er war überzeugt, nur eine Konzentration nationaler Kräfte sei fähig, dem Reich über alle Standes- und Klassenunterschiede hinweg zu Einigkeit und „neuer Größe“ zu verhelfen.
So wurde Paul von Hindenburg zum Steigbügelhalter eines der schlimmsten Verbrecher der Menschheitsgeschichte. Die „Notverordnung zum Schutz von Volk und Staat“, die der Reichspräsident nach dem Reichstagsbrand am 27./28. Februar 1933 erließ und mit der er wesentliche Grundrechte außer Kraft setzte, ebnete endgültig den Weg von der Weimarer Republik zur totalitären Diktatur.
Die Folgen seiner fatalen Entscheidungen – die halbe Welt in Trümmern, viele Millionen Tote auf den Schlachtfeldern und in den Konzentrationslagern – hat Hindenburg nicht mehr miterleben müssen. Am Morgen des 2. August 1934 um 9 Uhr starb er im Alter von 86 Jahren. Danach stand Hitler nichts mehr im Wege.