Zwei Mädchen mit Handy

Kinder am Handy (Symbolfoto) Foto: picture alliance / Connect Images | Pancake Pictures

Sex, Gewalt: Hamburger Verein fordert Social-Media-Verbot für Kinder und Jugendliche

Sex, Gewalt, Desinformation: Im Internet werden Kinder und Jugendliche mit Dingen konfrontiert, die schwere Folgen für ihre psychische Gesundheit haben können. Depression! Suchtgefahr! Nach Australien wollen nun auch Großbritannien und die Niederlande eine Altersgrenze für Social-Media-Plattformen einführen. Deutschland hängt bei dem Thema hinterher. Ein Hamburger Verein will das ändern – mit einer Bundestagspetition.

„Kinder und Jugendliche dürfen nicht in Pornokinos gehen. Sie dürfen keine Sexshops besuchen, keine Spielhallen betreten, keine Horrorfilme sehen. Dafür sorgt das Jugendschutzgesetz“, sagt Verena Holler, Rechtsanwältin und Vorstand des Hamburger Vereins „Smarter Start ab 14“, der sich für einen verantwortungsvollen Umgang mit Smartphones einsetzt. „Im Internet ist das alles frei verfügbar. Das kann nicht sein.“

Altersgrenze für Social Media: Hamburger Verein will Erweiterung des Jugendschutzgesetzes durchsetzen

Deshalb haben Holler und ihre Mitstreiter, zu denen auch prominente Unterstützer wie die Schulleiterin Silke Müller, der Neurobiologe Professor Martin Korte oder die Vorsitzende der Hamburger Kinder- und Jugendärzt:innen, Claudia Haupt, zählen, eine Bundestagspetition gestartet. Das Ziel: Einführung eines Mindestalters von 16 Jahren für die Nutzung von Social Media sowie die Einsetzung einer unabhängigen wissenschaftlichen Expertenkommission, die die gesundheitlichen Gefahren des Handykonsums für Minderjährige untersuchen soll.

Verena Holler vom Verein „Smarter Start ab 14“. Die Rechtsanwältin hat selbst drei Kinder und wohnt mit ihrer Familie in Hamburg. hfr
Verena Holler vom Verein „Smarter Start ab 14“. Die Rechtsanwältin hat selbst drei Kinder und wohnt mit ihrer Familie in Hamburg.
Verena Holler vom Verein „Smarter Start ab 14“. Die Rechtsanwältin hat selbst drei Kinder und wohnt mit ihrer Familie in Hamburg.

Bis zum 8. April müssen mindestens 30.000 Unterschriften gesammelt werden, damit die Petition im Bundestag vorgetragen werden kann. Bis Anfang dieser Woche waren es knapp 4000. Verena Holler ist zuversichtlich, dass sich trotz der Ferien genügend Unterzeichner finden. Die letzte Petition ihres Vereins, die sich an die Kultusminister der Länder richtete und ein Handyverbot an Schulen forderte, wie es ebenfalls bereits an vielen europäischen Ländern Realität ist, erreichte 62.000 Stimmen.

Das Thema brennt. Manche Schulleiter wollen nicht auf eine gesetzliche Lösung warten, sondern setzen das Handyverbot eigenmächtig um. In Hamburg hat das humanistische Gymnasium Christianeum in Othmarschen seit Beginn dieses Schuljahres ein Smartphoneverbot – es wurde von den Lehrkräften, den Eltern und Schülern in einer Schulkonferenz gemeinsam entschieden. Einstimmig.

Zahlreichen Studien warnen vor den Auswirkungen eines exzessiven Handy-Konsums auf die Kinderngesundheit

Zahlreiche Studien unter anderem des UKE warnen vor den Gefahren eines exzessiven Medienkonsums bei Kindern und Jugendlichen, die im Internet nicht nur Cybermobbing und Cybergrooming ausgesetzt werden, sondern immer häufiger in eine Handy-Sucht abrutschen. Die Folge: Depressionen und eine steigende Suizidgefahr.

Kritiker von beschränkten Online-Zugängen für Kinder und Jugendliche halten dem entgegen, dass es noch keine Langzeitstudien gibt. Aus Sicht von Verena Holler ist das „unverantwortlich“. Die Juristin weist darauf hin, dass zigtausende Kinder in diesem Zeitraum Gefahren ausgesetzt würden, die ihrer Gesundheit schaden und ihre Entwicklung beeinträchtigen. „Das Jugendschutzgesetz verbietet Minderjährigen den Kneipen-Besuch, auch wenn es sicher einzelne Kinder gibt, die schon früher die nötige Reife dafür haben als andere. Es reicht für das Gesetz der Verdacht, dass es gefährdend und beeinträchtigend ist.“

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Auch dem Argument der digitalen Teilhabe und Freiheit tritt die Rechtsanwältin entgegen. „Die digitale Teilhabe findet ihre Grenze an der Stelle, wo sie dem Kindeswohl entgegen steht. Kinder haben ein Recht auf eine sichere digitale Teilhabe”, so Verena Holler. Betonung auf sicher. Deshalb müsse man die Anbieter dazu zwingen, ihre Social-Media-Angebote so zu gestalten, dass sie wirklich erst einer Altersgruppe zugänglich sind, welche die notwendige Reife dafür hat. Holler: „Es kann nicht sein, dass ein Zehnjähriger auf eine Pornoseite geht, das ,Ich bin 18′-Fenster wegklickt und dann Dinge zu sehen bekommt, die absolut nicht für ihn gedacht sind und zu einer massiven Verstörung führen können.“

Wichtig ist den Initiatoren der Petition neben der Erweiterung des Jugendschutzgesetzes in Deutschland zudem, dass es eine gemeinsame Lösung auf EU-Ebene gibt. Verena Holler: „Das ist kein nationales Problem. Die Social-Media-Plattformen, welche die Jugendlichen nutzen, sind überall die gleichen. Damit ist auch die Gefahr für alle gleich.“

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