Hamburgs Diskus-Hoffnung: Erst Weltrekord-Wurf, dann Verletzungs-Schock
Es war ein Wurf mit wunderbar-furchtbarer Wirkung. Vor einer Woche hatte Deutschlands Diskus-Hoffnung Mika Sosna mit einem Fabel-Weltrekord in der Altersklasse U20 für Furore gesorgt. Erst später stellte sich heraus, dass der Hamburger bei dem fast perfekten Versuch eine schwere Verletzung erlitten hat. Jetzt bangt der Hüne um seine WM-Teilnahme. Es wird ein Kampf gegen die Zeit – aber sein großes Ziel ist ein anderes.
Er hat ein paar Tage gebraucht, um alles sacken zu lassen. War ganz schön viel. Der Rekord, der Jubel, der Schmerz, der Schock. Seine Gemütslage beschreibt er im Gespräch mit der MOPO als „ein Hin und Her“. Da sei „einerseits die Freude und der Stolz über den Rekord und die ganzen Glückwünsche, die ich danach erhalten habe“, sagt Sosna. „Andererseits ist da diese Scheiß-Verletzung und die Sorge, dass die mich die WM kostet.“
An den Moment, in dem alles zusammenkam, im Guten wie im Schlechten, erinnert sich Sosna noch ganz genau: Sein zweiter Versuch beim Wurf-Meeting in Schönebeck, südlich von Magdeburg. Gerade erst hatte ihm sein teaminterner Rivale, Kumpel und Zimmerpartner Marius Karges den deutschen U20-Rekord weggeschnappt. „Ich habe erst für ihn gejubelt und dann gedacht: Das geht so nicht, Dicker, den Rekord holst Du Dir zurück“, erzählt Sosna mit einem Grinsen. „Ich habe dann alles reingelegt in den Wurf, habe extrem die Hüfte reingedonnert. Das war maximale Belastung. Das hat einer der kleineren Adduktoren nicht mitgemacht.“
Diskus: Hamburger Sosna schmiss U20-Weltrekord
Schmerzen habe er zunächst gar nicht gespürt, sagt Sosna. „Ich war bis obenhin voller Adrenalin, nachdem die Weite klar war. Mir tat nichts weh. Da war nur totale Freude.“ 71,37 Meter weit hatte das Nachwuchs-Juwel von der TSG Bergedorf die 1,75 Kilo schwere Scheibe (im Männer-Bereich zwei Kilo) gewuchtet – und damit 1,24 Meter weiter als der 14 Jahre alte U20-Weltrekord des Ukrainers Mykyta Nesterenko.
Erst vor seinem dritten Versuch habe er gespürt, dass „da was nicht stimmt“, berichtet der 1,99-Meter-Riese, der den Wurf noch ausführte, was er rückblickend als Fehler bezeichnet, anschließend aber den Wettkampf abbrach. Eine eingehende Untersuchung in Hamburg bei Spezialist Niklas Hennecke, der für Sosna extra am Sonntag die Praxis geöffnet hatte, bestätigte das ungute Bauchgefühl. „Ein Adduktor ist gerissen“, so Sosna, der einen Tag später 19 Jahre alt wurde. Ein Geburtstag mit gemischten Gefühlen.
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Vier Wochen Wurf-Verbot hat Sosna. Das wäre nicht dramatisch, wenn nicht bereits am 15. bis 17. Juli die Junioren-DM in Ulm anstünde – wo im Diskus für die beiden Erstplatzierten zwei Tickets für die vier Wochen später stattfindende U20-WM im kolumbianischen Cali vergeben werden.
„Ich habe definitiv Zeitdruck“, sagt Sosna. „Aber ich werde nichts überstürzen. Der Muskel muss richtig ausheilen. Das ist alternativlos.“ Er wird die DM ohne große Vorbereitung bestreiten müssen – wenn überhaupt. Je nach Heilungsverlauf. „Ich will nicht riskieren, dass die Verletzung wieder aufbricht und mir nachher langfristig Probleme macht.“
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Sosna hat noch einiges vor in den nächsten Jahren, will sich im ersten Schritt im Männerbereich etablieren und dort in die nationale Spitze vordringen. „Mein großes Ziel sind und bleiben die Olympischen Spiele in Paris 2024. Dafür gebe ich alles.“ Und sei es, sich zu zwingen, vier Wochen keinen Diskus-Ring zu betreten.
Der Weltrekord war übrigens nicht der weiteste Wurf seiner Karriere. „Im Training habe ich schon mal weiter geworfen“, verrät er. Wie weit, will er nicht sagen. Werfer-Geheimnis. „Ich hoffe, ich kann das in einem Wettkampf zeigen.“ Bei der U20-WM? Die Zeit läuft.
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