HSV-Frauen verlieren Nordderby in Bremen: Handspiel-Ärger vor Rekordkulisse
Es war ein Spiel vor lokaler Rekordkulisse – und es verlief maximal unglücklich für die HSV-Kickerinnen. Zwei Handelfmeter, der erste davon umstritten, besiegelten die 0:2-Derbyniederlage bei Werder Bremen im Weserstadion.
Werder flankt halbhoch, eine Hamburgerin touchiert den Ball, Riem Hussein deutet auf den Punkt: Nach diesem Muster verlor der HSV das heiß erwartete Nordderby in Bremen. Ausgerechnet Larissa Mühlhaus, die 2024 aus Hamburg an die Weser gewechselt war, verwandelte die beiden Handelfmeter (6., 57.) gegen ihr Ex-Team souverän.
Mühlhaus räumt ein: „Weiß nicht, ob es ein Elfer war“
Der erste war dabei durchaus umstritten. Mühlhaus selbst wollte den Ball zuvor in die Gefahrenzone befördern, Svea Stoldt hielt ihn auf – nach Riems Ansicht mit der Hand und strafwürdig. Einen Videobeweis gibt es in der Frauen-Bundesliga nicht, die Entscheidung nach nur fünf Minuten war zumindest sehr unglücklich für die Gäste. „Ich hatte den Arm angelegt, der Ball ist nicht mal gegen den Arm gegangen, sondern gegen die Hüfte“, schilderte Stoldt die Situation aus ihrer Sicht: „Mit der Schiri-Entscheidung müssen wir leben. Ist halt ärgerlich, aber kann man nichts machen.“ Auch Mühlhaus räumte ein: „Ich weiß nicht, ob das ein Elfmeter war, das ging zu schnell für mich.“

Es war jedenfalls aus Gästesicht ein denkbar schlechter Auftakt in einem Spiel, dem seit Wochen entgegengefiebert worden war. Der HSV sann auf Revanche für die Heimniederlage im DFB-Pokal-Halbfinale vor 57.000 Zuschauer:innen, Werder erwartete einen Publikumsrekord für Frauenfußball in Bremen. Letzteres war schon vor dem Anpfiff klar: 37.000 Zuschauer:innen wollten sich ein Nordderby nicht entgehen lassen, das durchaus das Stadtbild prägte.
Werder-Trainerin schwärmt von der Kulisse
„Es ist absolut außergewöhnlich, was die Menschen in Bremen auf die Beine gestellt haben“, schwärmte Werder-Trainerin Friederike Kromp. Innenstadt-Kneipen, die mit einer Live-Übertragung warben, waren schon weit vor dem Anpfiff gut gefüllt. Ein Fahrer der Straßenbahn-Linie 3E vom Bremer Hauptbahnhof zum Weserstadion wünschte sich von den aussteigenden Gästen: „Ich hoffe, wenn ihr nachher wieder bei mir einsteigt, habt ihr einen Heimsieg dabei, sonst wär‘ ich echt enttäuscht.“

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Der HSV wollte genau dies mit vier Veränderungen gegenüber der jüngsten 1:4-Heimpleite gegen Hoffenheim verhindern: Larissa Haidner (Tor), Annaleen Böhler (Abwehr), Lotta Wrede (Mittelfeld) und Sophie Hillebrand (Sturm) rückten in die Startelf. Hillebrand (7.) bemühte sich nach dem Rückstand um eine schnellstmögliche Antwort, ihr Schuss wurde aber geblockt. Die erste Offensiv-Meldung wurde von den gut 1500 mitgereisten HSV-Fans dankbar aufgenommen. „Unsere Auswärtsfans hat man die ganze Zeit gehört“, machte HSV-Kapitänin Pauline Machtens den Anhänger:innen ein Kompliment: „Die Stimmung war top.“
Vier Neue in der HSV-Startelf
Das frühe Werder-Tor beeinflusste den Spielverlauf kaum, der umstrittene Strafstoß erwies sich nicht als Wirkungstreffer für den HSV, der beherzt seine Chancen suchte. Der Steilpass von Victoria Schulz auf Machtens (35.) war etwas zu steil und somit Beute von Werder-Torhüterin Mariella El-Sherif. Und die zur Halbzeit für Machtens eingewechselte Maria Mikolajova (46.) scheiterte unmittelbar nach Wiederanpfiff am Pfosten.

Auf der Gegenseite bewahrte Haidner den HSV gegen Medina Desic (11.) und Verena Wieder (39.) vor einem höheren Rückstand – und erst recht in der 48. Minute, als sie einen Schuss der freigespielten Maja Sternad noch an den Pfosten lenkte.
Zweiter Handelfmeter für Bremen
Bis zur 56. Minute blieb das Spiel offen: Dann bekam Leni Eggert eine Flanke von Michelle Weiß im eigenen Strafraum an den Arm – wieder Handelfmeter für Bremen, diesmal durchaus vertretbar. Nachdem sie ihren ersten Strafstoß halbhoch rechts platziert hatte, entschied sich Mühlhaus (57.) diesmal für einen flachen Ball in die linke Ecke – mit demselben Erfolg. 2:0 für Bremen, und diesmal war es ein Wirkungstreffer für die Hamburgerinnen.
Lotta Wrede (89.) gab kurz vor Schluss noch einen Fernschuss ab, Melanie Brunnthaler und Mikolajova beförderten den Ball in der Nachspielzeit übers oder nebens Gehäuse. Vor der Schlussoffensive fehlten nach dem 0:2 die klaren Angriffsaktionen gegen einen cleveren SV Werder, der selbst indes auch nur vom Punkt aus getroffen hatte.
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„Es waren Gänsehautmomente dabei“, fasste Mühlhaus, die Werder-Matchwinnerin aus Hamburg, die Atmosphäre zusammen: „Der HSV hatte auch ein paar Chancen, sie haben das auch sehr gut gemacht. Aber wir haben alles gut nach vorne verteidigt bekommen.“

HSV-Trainerin Liese Brancao sah die größere Effizienz als ausschlaggebend für den Bremer Erfolg. „Der Zeitpunkt beider Tore tut ein bisschen weh, aber in den entscheidenden Momenten müssen wir es auch besser machen.“ Die Kulisse beeindruckte sie auch. „Es ist sehr schön, vor 37.000 Menschen zu spielen“, sagte Brancao, „auch wenn sie größtenteils gegen uns waren“.
Das wird im Rückspiel anders sein. Kapitänin Machtens erklärte: „Bremer Spielerinnen haben mir gesagt, wir müssen auf jeden Fall nächste Saison in der Liga wieder ein Derby haben. Aber erstmal gibt’s ein Rückspiel. Da soll sich Bremen dick einpacken.“
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