Mathias Pereira Lage im Einsatz gegen Hellas Verona

Flügelflitzer: Neuzugang Mathias Pereira Lage kann links wie rechts stürmen. Foto: WITTERS

Endspurt für die letzten Plätze in St. Paulis Startelf: Wer kämpfen und bangen muss

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Mit reichlich Rückenwind gehen die Kiezkicker in die letzte Trainingswoche, bevor es ernst wird und mit dem DFB-Pokalspiel gegen Eintracht Norderstedt am kommenden Samstag am Mitterntor die neue Saison offiziell beginnt. Mit dem überzeugenden 1:0-Sieg im letzten Härtetest gegen Hellas Verona hat der FC St. Pauli noch einmal Selbstvertrauen getankt und nachgewiesen, dass die von Trainer Alexander Blessin favorisierte Startelf erstklassigen Ansprüchen und Anforderungen genügt. Die Formation steht – fast. Doch auf den letzten Metern bis zum ersten Pflichtspiel könnte es noch mal überraschende Veränderungen geben. Wer gesetzt ist, wer wahrscheinlich dabei ist, wer wackelt und wer plötzlich bangen muss.

Am Sonntag stand für die Mannschaft eine lockere regenerative Einheit an der Kollaustraße an, nachdem der braun-weiße Tross am Samstagabend aus Österreich zurückgekehrt war, wo das Testspiel unter drückender Hitze stattgefunden und für zusätzliche Strapazen gesorgt hatte. Der guten Leistung der Hamburger hatte dies keinen Abbruch getan, wenngleich mit zunehmender Spieldauer ein Kräfteverlust erkennbar war. Der Aufwand hatte sich gelohnt und Blessin bescheinigte seinem Team einen insgesamt guten Auftritt, der Selbstvertrauen und Zuversicht für die Saison gibt – der Mannschaft, den Verantwortlichen und auch den Fans.

Smith Abwehrchef – wird Nemeth für Norderstedt fit?

In den kommenden Tagen stehen Feintuning sowie die gezielte Vorbereitung auf den ersten Gegner an – und der Chefcoach hat die letzten personellen Entscheidungen zu treffen.


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Im Tor ist Nikola Vasilj als Nummer eins gesetzt und unumstritten. Abwehrchef ist wie in der ersten Hälfte der Vorsaison Eric Smith. Hauke Wahl rückt wieder auf die rechte Position der Dreierkette. Links neben Smith hatte zuletzt David Nemeth (wie schon ab dem 11. Spieltag der vergangenen Saison) verteidigt und dabei überzeugt. Der Österreicher hat jedoch Schambeinprobleme, war als Vorsichtsmaßnahme in Hamburg geblieben und hatte somit den letzten Test verpasst. Ob die Schonung am Wochenende reicht, um die Beschwerden vollständig abklingen zu lassen und sie sich in den kommenden Trainingstagen nicht wieder bemerkbar machen, muss sich zeigen. Wenn Nemeth spätestens Mitte der Woche wieder voll dabei ist, wird er am Samstag von Anfang an spielen.

Adam Dzwigala erhielt den Vorzug vor Lars Ritzka

Interessant ist, dass sein Platz gegen Verona nicht von Lars Ritzka eingenommen wurde, sondern Defensiv-Allrounder Adam Dzwigala den Vorzug erhielt, der als „Einspringer“ wie so oft einen verlässlich guten Job machte. Linksfuß Ritzka, den Blessin mehr als linken Innenverteidiger, denn als linken Schienenspieler sieht, wurde erst in der Schlussphase eingewechselt. Neuzugang Jannik Robatsch, ebenfalls ein logischer Kandidat als Nemeth-Vertreter, fehlte krankheitsbedingt.

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Der Konkurrenzkampf auf der linken Ketten-Position wird sich in Kürze noch erheblich verschärfen, denn Karol Mets drängt nach monatelanger Verletzungspause zurück, hat zuletzt große Fortschritte im Training gemacht und dürfte spätestens Ende des Monats körperlich in der Lage sein, seinen Stammplatz zurückzuerobern. Was der Abwehrkante nach zehn Monaten ohne Wettkampf fehlt: Spielpraxis.

Doppel-Sechs: Fujita und Sands als Top-Gespann

Auf der Doppel-Sechs bieten aktuell Neuzugang Joel Chima Fujita und James Sands das beste Paket, garantieren Stabilität, Zweikampfstärke und mit Ball ein gutes und gedankenschnelles Passspiel. Gegen Verona machten sie es weitaus besser als im vorangegangenen Test in Coventry (2:2), in dem sich beide zu oft in den selben Räumen aufhielten, zu nah vor der Abwehrkette und es dem Spiel der Kiezkicker an Anspielstationen im Mittelfeld und damit Tiefgang fehlte. Fujita, der immer mehr zeigt, warum er St. Pauli knapp 3,5 Millionen Euro Ablöse wert ist (und sich diese Summe sogar als Schnäppchen erweisen könnte) agierte gegen die Italiener offensiver, spielte viele gefährliche Pässe – und leitete mit einem davon entscheidend den 1:0-Siegtreffer durch Andréas Hountondji ein.

Dass Smith nicht wie in der entscheidenden Phase des Klassenkampfes der Vorsaison im defensiven Mittelfeld spielt, hat allein damit zu tun, dass in diesem Fall Sands weichen müsse. Und der US-Amerikaner ist einfach zu gut für die Bank. Dass wiederum Wahl auf der rechten Seite der Innenverteidigung nicht ganz so stark ist wie in der Zentrale (aber immer noch gut genug), wird als eindeutig kleinerer Qualitätsverlust im Gesamtkonstrukt der Mannschaft eingestuft als ein Verzicht von Sands.

Oppie ist gesetzt, hat aber noch viel Luft nach oben

Auf der linken Schiene ist Louis Oppie gesetzt und eigentlich konkurrenzlos. Der Neuzugang aus Bielefeld muss allerdings noch mehr in die Treu-Rolle hineinwachsen, agiert noch nicht so dominant auf dem Weg nach vorne und hat defensiv ein ums andere Mal noch Probleme bei der Positionierung, was allerdings zu erwarten und auch zu Bielefelder Zeiten zu beobachten war. Man darf nicht vergessen, dass er trotz teilweise furioser Aufritte gegen Erstligisten im DFB-Pokal in der vergangenen Saison in Liga drei gespielt hat. Luft nach oben. Das dürfte mit der Zeit kommen, muss aber möglichst schnell geschehen. Seine Stärken und sein Potenzial sind unübersehbar.

Pyrka hat die Nase vorn gegenüber Saliakas – noch

Auf der rechten Seite gibt es dagegen einen Konkurrenzkampf. Arkadiusz Pyrka hat die Chance genutzt, die sich durch die verletzungsbedingte Abwesenheit von Platzhirsch Manolis Saliakas in der ersten Phase der Saisonvorbereitung eröffnet hat. Der polnische Zugang macht ordentlich Dampf nach vorne, hat aber wie Oppie manchmal Probleme im Stellungsspiel gegen den Ball, wie sich auch gegen Verona zeigte. Saliakas ist zwar nach langwierigen Schambeinproblemen seit zwei Wochen wieder voll im Training, kam aber erst zur zweiten Halbzeit in die Partie, agierte defensiver als Pyrka und war dabei – wenig überraschend – stabiler und souveräner.

Wenn Saliakas wieder bei 100 Prozent ist und auch bereit für 90 Minuten, wird an ihm kein Vorbeikommen sein, aber Blessin ist froh, dass Pyrka sich schnell eingefunden hat und eine gute Alternative ist. Wer den Ehrgeiz des Griechen kennt, kann sich denken, dass er schon gegen Norderstedt von Anpfiff an dabei sein will und in den nächsten Tagen im Training alles reinhauen wird, aber Pyrka dürfte den Vorzug erhalten und hätte sich das Pflichtspieldebüt auch verdient. Eine Woche später gegen Dortmund kann das schon anderes aussehen – muss es aber nicht.

Sturm: Pereira Lage bringt Qualität, Hountondji Potenzial

Spannend ist die Frage nach der Besetzung der vordersten Reihe, die lange Zeit eigentlich gar keine war. Denn dort schienen Mathias Pereira Lage und Oladapo Afolyan auf den Flügeln sowie Andréas Hountondji im Sturmzentrum als gesetzt. Auf zwei der drei trifft das weiterhin zu.

Seinen Platz sicher hat Pereira Lage, dessen große Erfahrung auf hohem und auch internationalem Niveau seinem Spiel anzusehen ist und St. Pauli besser macht. Ein klarer Qualitätszuwachs, schon jetzt. Der Franzose mit portugiesischen Wurzeln kann auf beiden Seiten spielen. Keine Diskussion gibt es auch um das große Potenzial von Leih-Stürmer Andréas Hountondji, der sich immer besser einfügt ins braun-weiße Spiel und mit seiner für seine Größe und Robustheit (1,90 Meter) erstaunlichen Geschwindigkeit ein Gefahrenherd ist. Das, was er schon jetzt auf den Rasen bringt, macht ihn zum Startelfspieler – auch mangels Konkurrenz auf der Mittelstürmerposition, da Ricky-Jade Jones noch länger verletzt ist. Die Frage ist nur, wo Hountondji spielt: im bisherigen Verlauf der Vorbereitung hat Blessin den Nationalspieler des Benin zumeist als Mittelstürmer aufgeboten, gegen Verona aber auf der rechten Außenbahn. Das hatte für einen anderen Kiezkicker Konsequenzen.

Heiße Personalie: mit Afolayan oder mit Sinani?

Überraschend fehlte gegen Hellas nämlich Afolayan in der Startformation, der in der Sommervorbereitung sehr auffällig trainiert und gespielt, mit viel Einsatz, Lauffreude und auch Toren überzeugt hatte. Für den Engländer rückte Danel Sinani in die Startelf und agierte – wie schon im Endspurt der vergangenen Saison – als hängende und spielstarke zentrale Spitze. Es war eine nicht nur nominell, sondern auch taktisch veränderte Angriffsreihe. Afolayan kam erst in der 71. Minute in die Partie, während Sinani, Hountondji und Pereira Lage allesamt ausgewechselt wurden.

Ein Fingerzeig? Verliert Afolayan im Endspurt um die Startelf etwa seinen lange sicher geglaubten Platz? Er muss kämpfen. Es gilt zuvorderst das Leistungsprinzip. Gründe für Blessins Entscheidung könnte es viele geben. Trainingsleistungen sind nur einer davon. Möglicherweise hat Afolayan nur die Frische gefehlt, Sinani könnte überragend trainiert haben. Oder aber es war einfach der Wunsch des Trainers, noch einmal eine andere Variante im Sturm auszuprobieren, denn St. Pauli will in der kommenden Saison flexibel sein, vielseitiger als in der vergangenen Spielzeit, sowohl in puncto Aufstellung als auch Ausrichtung und auf die jeweilige sportliche Herausforderung zugeschnitten. Die eine oder andere Überraschung ist dabei beabsichtigt und hat System.

Der Kiezklub kann noch einen starken Stürmer gebrauchen

Der FC St. Pauli ist für die kommende Saison in den meisten Teilen des Teams gut bis sehr gut aufgestellt. Personell zu dünn ist es noch im Sturm, wo eine weitere Alternative und möglichst auch Verstärkungen gut wäre und auch gesucht wird. Auf der linken defensiven Außenbahn ist es wichtig, dass Oppie schnell ein stabiles Bundesliganiveau erreicht und sich mit konstanten Auftritten zur Stütze entwickelt. Er muss dabei keine Wunderdinge vollbringen, sollte aber große Ausreißer nach unten vermeiden.

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Die letzten offenen Startelf-Fragen sind fast schon Luxus-Probleme, die Trainer Blessin allenfalls Kopfzerbrechen bereiten werden, aber keinesfalls Bauchschmerzen. Und überhaupt: genau so hat er es sich gewünscht.

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