Boris Becker Gericht London
  • Boris Becker am Freitag vor der Urteilsverkündung.
  • Foto: picture alliance/dpa/PA Wire/Kirsty O\'connor

Boris Becker muss in England in den Knast – das könnte ihn dort erwarten

Deutschlands Tennis-Ikone wandert ins Gefängnis – und das nicht nur für ein paar Tage. Nach einem aufreibenden Prozess wegen Insolvenzverschleppung verurteilte das Gericht in London den dreifachen Wimbledon-Sieger gestern zu zweieinhalb Jahren Haft.

Um 16.45 Uhr fiel das Urteil des Londoner Gerichtshofes Southwark Crown Court, das das Leben der Sport-Ikone wohl für immer verändern dürfte. Zweieinhalb Jahre muss Becker hinter schwedische Gardinen. Eins ist dabei sicher: Mindestens die Hälfte muss er absitzen, kann bei guter Führung nach 15 Monaten bereits raus. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, der Ex-Profisportler kann noch in Berufung gehen.

Wie die „Bild“ berichtet, soll Becker bei der Urteilsverkündung „wie ein Sack nach vorn“ gefallen sein und sich „an der Gerichtswand der Anklagebank abgestützt“ haben, wirkte aber insgesamt gefasst. Nach der Verhandlung muss er direkt ins Gefängnis. Auf Paparazzi-Fotos war zu sehen, wie die Tennis-Legende vormittags bereits mit einer gepackten Tasche zu Gericht fuhr. An seiner Seite: Freundin Lilian und Sohn Noah.

Tennis-Ikone Boris Becker: Zweieinhalb Jahre Haft

Boris Becker und seine Freundin Lilian am Freitag auf dem Weg ins Gericht. picture alliance/dpa/PA Wire | Victoria Jones
Becker und Freundin Lilian gehen Hand in Hand zum Gericht
Boris Becker und seine Freundin Lilian am Freitag auf dem Weg ins Gericht.

Sie, das Publikum und vor allem Becker selbst wurden von der zuständigen Richterin lange auf die Folter gespannt. Ursprünglich sollte das Urteil um 13 Uhr deutscher Zeit verkündet werden, verschob sich aber um mehrere Stunden. Becker verfolgte die Verhandlung, die über sein Schicksal entschied, in einem geschlossenen Glaskasten für Angeklagte.

Nach dem Urteil gestern gab es bereits erste Reaktionen, so twitterte der Deutsche Tennisbund: „Mit Bedauern nehmen wir das Urteil zur Kenntnis und wünschen ihm viel Kraft für die Zukunft. Er wird immer Teil unserer Tennis-Familie sein!“

Aber warum muss der frühere Ausnahmesportler in den Knast? Becker hatte Vermögen im Wert von mehr als einer Million Euro in seinem Insolvenzverfahren nicht offengelegt. Eine Jury hatte ihn deshalb vor drei Wochen in mehreren Anklagepunkten schuldig gesprochen. Der 54-Jährige hatte die Vorwürfe bestritten.

Boris Becker könnte in Gefängnis nach Süd-London kommen

Die Laienrichter am Londoner Gerichtshof Southwark Crown Court waren zu der Ansicht gelangt, dass Becker den Besitz einer Immobilie in seinem Heimatort Leimen verschleiert, unerlaubterweise hohe Summen auf andere Konten überwiesen sowie Anteile an einer Firma für künstliche Intelligenz und eine Darlehensschuld verschwiegen hatte.

Die Staatsanwaltschaft hatte insgesamt 24 Anklagepunkte gegen Becker erhoben. Anklägerin Rebecca Chalkley sah es als erwiesen an, dass er zahlreiche Besitztümer absichtlich verschwiegen hatte und nun seinen Beratern die Schuld zuwies, die sich ihm zufolge um seine Finanzen gekümmert hatten. Der Verteidiger der Tennis-Legende hatte erklärt, sein Mandant sei zwar naiv, aber unschuldig. In 20 Punkten folgte die Jury dieser Argumentation, auch bei der Frage nach verschwundenen Pokalen. Doch der Schuldspruch in vier Punkten reicht aus, um Beckers Leben grundlegend zu verändern.


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Becker, der in London lebt, war 2017 gerichtlich für zahlungsunfähig erklärt worden. Daraufhin musste er den Insolvenzverwaltern sein Vermögen offenlegen – dabei ließ er aber nach Einschätzung des Gerichts wichtige Teile aus.

Der dreifache Wimbledon-Sieger hatte zwar während seiner Karriere etwa 25 Millionen US-Dollar an Preisgeld eingesammelt und nach eigenen Schätzungen etwa dieselbe Summe mit Werbung verdient. Dennoch geriet er in finanzielle Probleme. Becker machte dafür vor Gericht unter anderem die teure Scheidung von Ex-Frau Barbara verantwortlich sowie hohe Unterhaltskosten für Tochter Anna Ermakowa.

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Wie bereits vor dem Prozess gemutmaßt wurde, könnte Beckers neues Zuhause das Gefängnis Wandsworth in Süd-London sein, in dem bereits Whistleblower Julien Assange einsaß. In Wandsworth haben bis zu 1500 Gefangene Platz, es gibt einen separaten Trakt für Sexualstraftäter.

Die Wärter in Wandsworth gelten als besonders streng, eine knapp sieben Quadratmeter große Zelle muss man sich zu zweit teilen. Dies berichtete der britische Journalist Chris Atkins, der bereits in Wandsworth einsaß, gegenüber mehreren Medien. Der Kontrast zu Beckers bisherigem Leben könnte also größer nicht sein. (alp/dpa)

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