Ukrainer schlagen russische Truppen zurück – die Kriegslage im Überblick
Wie reagiert die westliche Staatengemeinschaft auf Russlands Krieg gegen die Ukraine? Dazu finden in Brüssel drei Spitzentreffen statt. In der Ukraine wird derweil weiter gekämpft – mit Erfolg für die Angegriffenen. Die MOPO gibt einen Überblick über die Geschehnisse in der Nacht und ein Ausblick auf den Tag.
Selenskyj will weltweite Anti-Kriegs-Demos
Genau einen Monat nach dem russischen Angriff auf die Ukraine hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die Menschen weltweit zu Protesten gegen den Krieg aufgerufen. „Kommen Sie im Namen des Friedens, kommen Sie mit ukrainischen Symbolen, um die Ukraine, die Freiheit und das Leben zu unterstützen!“, sagte Selenskyj in einer Videoansprache in der Nacht zu Donnerstag.
„Kommen Sie aus Ihren Büros, Ihren Wohnungen, Ihren Schulen und Universitäten!“ Der Krieg ziele nicht nur auf die Ukraine, sondern Russland versuche, die Freiheit aller Menschen in Europa und der Welt zunichte zu machen, sagte er. Moskau versuche zu zeigen, „dass nur grobe und grausame Gewalt zählt“.

Der Präsident in Kiew wandte sich ein weiteres Mal auf Russisch an die Bürger Russlands. Er sei überzeugt, dass es dort viele Menschen gebe, denen schon „schlecht sei“ von den „Lügen der Propagandisten“. Die Ukraine habe nie die Sicherheit der Russischen Föderation bedroht, und Kiew tue alles, um den Krieg zu beenden.
Russische Truppen vor Kiew aufgehalten
Die russischen Einheiten greifen nach Angaben des ukrainischen Militärs weiter zahlreiche Städte und Gebiete an, sind aber bei Kiew am Vorrücken gehindert worden. Beim östlichen Kiewer Vorort Browary seien russische Truppen gestoppt worden, teilte der ukrainische Generalstab mit. Es sei ihnen auch nicht gelungen, ukrainische Verteidigungsstellungen zu durchbrechen, um den nordwestlichen Rand der Hauptstadt zu erreichen. Die Russen stünden dort zudem bereits vor erheblichen Problemen in der Versorgung und in ihrer Kampfmoral, heißt es in einem Update des britischen Verteidigungsministeriums unter Berufung auf Geheimdienstinformationen, das am Mittwochabend veröffentlicht wurde.
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Die Ukrainer sollen sogar zu erfolgreichen Gegenangriffen übergegangen sein: Ukrainische Streitkräfte führten erfolgreiche Gegenangriffe gegen russische Stellungen in Orten am Rande der Hauptstadt durch und hätten möglicherweise Makariw und Moschun zurückerobert, hieß es aus London. Es bestehe „eine realistische Möglichkeit, dass die ukrainischen Streitkräfte nun in der Lage sind, russische Einheiten in Butscha und Irpin einzukreisen“, hieß es weiter.
Im Gebiet Donezk im Osten stand dagegen nach Kiewer Angaben die überwiegende Mehrheit ukrainischer Einheiten unter Beschuss. Russische Truppen wollten dort die Orte Werchnoterezke, Marjinka und weiterhin die hart umkämpfte Großstadt Mariupol einnehmen. Die Berichte aus den Kampfzonen lassen sich aber weiterhin nicht unabhängig überprüfen.

Nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums haben die russischen Streitkräfte auch einen Monat nach Kriegsbeginn nicht die Lufthoheit in der Ukraine erobert. Die USA und ihre Verbündeten arbeiteten daran, den Ukrainern mehr Luftabwehrsysteme mit großer Reichweite zu beschaffen. Die derzeit vorhandenen Systeme setzten die Ukrainer „sehr effektiv“ ein. Das sei ein Grund dafür, „warum wir ein ziemlich risikoscheues Verhalten einiger russischer Piloten beobachten“.
Russische Journalistin im Krieg getötet
Durch russischen Beschuss in Kiew wurde am Mittwoch die russische Journalistin Oxana Baulina getötet, die für das unabhängige Investigativportal The Insider (theins.ru) arbeitete. Seit Beginn des Kriegs gab es Berichte über mindestens sechs getötete Journalisten.

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Flächenbrände bei Tschernobyl gelöscht
Im Sperrgebiet um das ehemalige Atomkraftwerk Tschernobyl sind mehrere Flächenbrände erfolgreich bekämpft worden. Die ukrainische Atomaufsichtsbehörde habe die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) darüber informiert, dass die Feuerwehr der Stadt Tschernobyl vier Brände gelöscht habe, teilte Generaldirektor Rafael Grossi am Mittwochabend mit. Zur Ursache der Feuer gab es keine Angaben.
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Russische Truppen hatten das Gelände um das AKW vor rund einem Monat unter ihre Kontrolle gebracht. Dort kam es 1986 zum schwersten Atomunglück in der Geschichte der zivilen Nutzung der Kernkraft.
Das wird heute wichtig
Der russische Krieg gegen die Ukraine beschäftigt die internationale Politik mit den drei Gipfeltreffen von Nato, G7 und EU in Brüssel. Die Staats- und Regierungschefs müssen sich auch mit der Frage russischer Energielieferungen befassen. Putin ordnete am Mittwoch an, dass „unfreundliche Staaten“ wie Deutschland dafür künftig in Rubel zahlen müssten. Bei einem Nachgeben würden die westlichen Staaten ihre eigenen Sanktionen gegen das russische Finanzsystem aushebeln.
Zu den Beratungen ist US-Präsident Joe Biden extra nach Europa gekommen. Die Treffen sollen nach Worten seines Sicherheitsberaters Jack Sullivan die „nächste Phase“ der militärischen Unterstützung für die Ukraine einläuten. „Auf diesen drei Gipfeln werden wir sehen: Wer ist ein Freund, wer ist ein Partner, und wer hat sich verkauft und betrogen?¡, sagte Ukraines Präsident Selenskyj. Man müsse zusammenarbeiten und verhindern, dass Moskau Mitglieder der Nato, EU oder G7 auf die Seite des Krieges ziehe.
Auch die Innenminister der G7-Staaten tagen, Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) nimmt online an den Beratungen teil. Parallel dazu trifft sie sich mit den Innenministern der deutschen Bundesländer. Im Fokus steht die Frage, wie die Flüchtlinge aus der Ukraine in Deutschlands und in der EU verteilt werden können. (mik/dpa)
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