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Intensivstation
  • Ärzte und Pfleger kümmern sich um einen Patienten auf der Intensivstation (Symbolbild).
  • Foto: dpa

Impfpflicht im Gesundheitswesen: „Das ist eine wirklich unfassbare Situation“

Der gesundheitspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Janosch Dahmen, erwägt eine Nachschärfung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht im Gesundheitswesen.

Dem ARD-Politikmagazin „Panorama“ (NDR) sagte er: „Wenn der Eindruck entsteht, dass der Ermessensspielraum dazu führt, dass die Durchsetzung der Impfpflicht und damit der Patientenschutz gefährdet ist, müssen wir an das Gesetz noch einmal ran.“ Dahmen war federführend für die Grünen beim Entwurf des Gesetzes.

Gesetz für Impfpflicht im Gesundheitswesen: Dahmen erwägt Nachschärfung

Dieser „Ermessenspielraum“, den Gesundheitsämter bei ihrer Entscheidung über Tätigkeitsverbote von ungeimpften Beschäftigten haben, könnte nach „Panorama“-Recherchen in vielen Fällen dazu führen, dass die Impfpflicht nicht durchgesetzt wird. Eigentlich soll die Impflicht ab dem 16. März für das Personal in Einrichtungen mit schutzbedürftigen Menschen wie Kliniken oder Pflegeheimen gelten. Die Arbeitgeber müssen bis dann ihre Beschäftigten, die nicht geimpft oder genesen sind, an die zuständigen Gesundheitsämter melden – sonst erstmal nichts.


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„Der Arbeitgeber hat hier keine Verpflichtung zu einer etwaigen Freistellung der ungeimpften Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, bestätigt das Bundesgesundheitsministerium auf Nachfrage gegenüber „Panorama“. „Das jeweilige Gesundheitsamt entscheidet dann nach pflichtgemäßem Ermessen im Einzelfall (…) und wird dabei auch die Personalsituation in der Einrichtung berücksichtigen“, teilt das Ministerium weiter mit.

Gesundheitsämter sollen über Tätigkeitsverbot von Ungeimpften entscheiden

Genau das werde nicht funktionieren, warnt Patrick Larscheid, Leiter des Gesundheitsamtes Berlin-Reinickendorf und Vorstand im Verband der Amtsärzte Berlin-Brandenburg im Interview mit „Panorama“. Denn wie diese Prüfung nach Ermessen praktisch aussehen solle, wüssten Amtsleiter wie er bis heute nicht. Es sei eine „ganz falsche Vorstellung“, dass die Gesundheitsämter Kriterien hätten, um überhaupt sagen zu können, wie viele Menschen denn in einer Einrichtung arbeiten müssten und ob Mitarbeiter verzichtbar wären. „Das ist eine wirklich unfassbare Situation, dass sich ein Gesundheitsamt hinstellen und zum Beispiel einer Klinik sagen soll, im Bereich der Geburtshilfe, da reicht auch die halbe Zahl des Personals.“

Gesetz für Impfpflicht im Gesundheitswesen: Janosch Dahmen erwägt Nachschärfung. picture alliance/dpa | Kay Nietfeld
Janosch Dahmen
Gesetz für Impfpflicht im Gesundheitswesen: Janosch Dahmen erwägt Nachschärfung.

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Aber genau solche Situationen würden im Zweifel durch die Ermessensentscheidung entstehen. „Da ist dann sicher viel Willkür dabei“, so Larscheid. Zu der qualitativen komme die quantitative Überforderung. Allein in seinem Berliner Bezirk sei man für 300 bis 500 Einrichtungen zuständig. „Wenn wir nüchtern die Größe unseres Bereichs betrachten, werden wir ganz bestimmt eine vierstellige Zahl von ungeimpften Personen genannt bekommen. Diese Einzelfälle zu bearbeiten, würde uns völlig überfordern.“

Trotz eventueller Personalengpässe: Impfpflicht im Gesundheitswesen soll durchgesetzt werden

Mit den Befürchtungen der Gesundheitsämter konfrontiert, bringt Gesundheitspolitiker Dahmen das „Instrument der Amtshilfe“ ins Spiel: „Das haben wir in der Pandemie ja viel eingesetzt. Dass beispielsweise der Bund über die Bundeswehr oder auch andere kommunale und Landesbehörden mit Personal unterstützen, wenn jetzt vorübergehend eine große Anzahl an Entscheidungen in diesem Bereich anstehen.“

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Nach „Panorama“-Recherchen signalisieren bereits zahlreiche Landkreise, dass ihre Ermessensentscheidungen zu „Ausnahmen“ für ungeimpfte Mitarbeitende in Einrichtungen führen werden, um einen Personalnotstand zu verhindern. Dahmen will dagegen daran festhalten, dass Ausnahmen nicht zur Regel werden und das Gesetz gegebenenfalls nachschärfen – auch wenn es dann zu Personalengpässen kommen sollte. In der Konsequenz bedeute das dann auch, dass Kapazitäten in den Kliniken abgebaut werden müssten, sagte Dahmen dem ARD-Magazin: „Falls dadurch Personal, das die notwendige Qualifikation, die notwendige Impfung hat, nicht zur Verfügung steht, dann werden wir an den Stellen Betten nicht betreiben können.“ (mp/dpa)

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