Finnland Nato Sanna Marin
  • Muss um ihr Amt fürchten: Finnlands Ministerpräsidentin Sanna Marin.
  • Foto: Imago

Finnland darf in die NATO – aber „Rockstar“ Sanna Marin muss bangen

Für Finnlands Ministerpräsidentin Sanna Marin könnten in den kommenden Tagen Freud und Leid sehr nah beinander liegen: Nach ewigem Hick-Hack steht dem NATO-Beitritt ihres Landes nichts mehr im Wege. Ob sie Finnland allerdings weiter regieren wird, ist mehr als fraglich. Das Volk wählt am Sonntag ein neues Parlament – und für den „politischen Rockstar“ sieht es nicht wirklich gut aus.

Monatelang hakte es bei den NATO-Beitrittsverhandlungen – nachdem nun aber die Türkei am Donnerstag als letztes Mitgliedsland seine langersehnte Zustimmung gab, geht es plötzlich ganz schnell. Schon in kürzester Zeit könnte das nordeuropäische Land das 31. Mitglied des Militärbündnisses werden. Nun geht es wohl nur noch um Formalitäten. Für Finnland ein historischer Tag. Sanna Marin richtete via Twitter einen kollektiven Dank an alle NATO-Mitglieder und schrieb: „Wir werden uns gegenseitig verteidigen.“

NATO-Beitritt Schwedens immer noch ungewiss

All dem kann Schweden weiterhin nur von der Zuschauerbank aus zusehen – die Türkei blockiert die Aufnahme weiterhin und wirft Schweden vor, unzureichend gegen „Terrororganisationen“ vorzugehen. Auch die Ratifizierung aus Ungarn fehlt noch. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg bekräftigte aber nun erneut, dass sich alle Verbündeten einig seien, dass „ein rascher Abschluss des Ratifizierungsprozesses für Schweden in unser aller Interesse ist“.

Für die Finn:innen kommt das grüne Licht für die NATO hingegen zu einem speziellen Zeitpunkt: Am Sonntag wird in ihrem Land ein neues Parlament gewählt. Doch auch im Falle eines Regierungswechsels in Helsinki dürfte sich am finnischen NATO-Beitritt nichts ändern: Im Land herrscht breiter Konsens darüber, dass man sich dem westlichen Verteidigungsbündnis anschließen sollte. Ein wesentlicher Grund für die Einigkeit in Sachen NATO ist die rund 1340 Kilometer lange Grenze zu Russland. Unter dem Eindruck des russischen Angriffskriegs hatte sich Finnland im vergangenen Mai gemeinsam mit Schweden entschlossen, die Mitgliedschaft zu beantragen.

Somit spielte das Thema auch im Wahlkampf keine Rolle – keine Partei konnte der anderen hier ins Gehege kommen. Dafür gab es andere Schwerpunkte, die zu Reibereien zwischen den drei zentralen Parteien, der konservativen Nationalen Sammlungspartei mit dem Spitzenkandidaten Petteri Orpo, der rechtspopulistischen Partei der Finnen und ihrer Spitzenkandidatin Riikka Purra und Sozialdemokratin Sanna Marin führen.

Am Sonntag ist Wahl in Finnland

Wichtige Wahlkampf-Themen waren etwa die Sozial- sowie die Wirtschafts- und Finanzpolitik: So stritten die Parteien vor allem darüber, wie die für skandinavische Verhältnisse hohe Staatsverschuldung verringert werden könne. Finnland ist aktuell mit 144 Milliarden Euro in den Miesen. Auch über die im Vergleich zu anderen nordeuropäischen Ländern harte Corona-Politik wurde debattiert.

Zwar liegt Sanna Marin, die 2019 das Amt als jüngste finnische Regierungschefin aller Zeiten übernahm, in aktuellen Umfragen vorne – aber: Ihr Vorsprung ist nur hauchdünn, Expert:innen prophezeien ein enges Kopf-an-Kopf-Rennen am Sonntag. Gefährlich: Auch die rechtspopulistische Partei Die Finnen war Marin zuletzt eng auf den Fersen – Finnland droht eventuell sogar ein Rechtsruck. Was immerhin klar ist: Die aktuelle Mitte-Links Koalition aus Sozialdemokraten, den Linken und den Grünen, sowie den liberalen Parteien Zentrum und der Schwedischen Volkspartei wird es so nicht mehr geben – die Zentrumspartei kündigte bereits an, in dieser Konstellation nicht mehr weitermachen zu wollen.

Das könnte Sie auch interessieren: Sexy Tanzvideo: Finnlands Regierungschefin sorgt für Aufregung

Zwar kann die charismatische Ministerpräsidentin, die sowohl international als auch im eigenen Land äußerst beliebt ist, eine recht erfolgreiche Bilanz ziehen: Sie manövrierte das Land erfolgreich durch die Pandemie und setzte viele ihrer Wahlversprechen um. Auch der Skandal um das Tanz-Video im vergangenen Jahr konnte ihr nicht wirklich schaden.

Das könnte Sie auch interessieren: Sanna Marin entschuldigt sich für neues Partyfoto

Aber: Gerade für viele ältere, konservative Finn:innen erscheint sie oft zu jung, zu unbedacht, zu lässig. Zuletzt tat ihr ein spontaner Alleingang vor drei Wochen nicht gut: Bei einem Ukraine-Besuch stellte sie Präsident Wolodymyr Selenskyj eine mögliche Lieferung von Kampfflugzeugen der finnischen Luftwaffe in Aussicht. Daraufhin wiesen sie aber der Außen- und der Verteidigungsminister öffentlich zurecht: Das sei nie diskutiert worden – und: Finnland brauche jedes Flugzeug selbst.

Email
Share on facebook
Share on twitter
Share on whatsapp