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Ukrainische Soldaten fahren mit einem Militärfahrzeug.
  • Ukrainische Soldaten feiern bei der Gegenoffensive weiter Erfolge. (Archivbild)
  • Foto: picture alliance/dpa/Ukrinform

5000 Soldaten eingekesselt: Russen geben strategisch wichtige Stadt in Ostukraine auf

Moskau gelingt es trotz beginnender Mobilmachung nicht, die Front zu stabilisieren. Im Osten der Ukraine ist mit der Kleinstadt Lyman ein wichtiger Vorposten der russischen Besatzungstruppen gefallen. Nun könnten die ukrainischen Truppen weit ins Gebiet Luhansk eindringen.

Russland hat in einer weiteren Niederlage gegen die ukrainische Armee die strategisch wichtige Stadt Lyman im östlichen Gebiet Donezk aufgegeben. Die Streitkräfte seien wegen der Gefahr einer Einkesselung abgezogen worden, sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, am Samstag in Moskau. Zuvor hatten ukrainische Behörden von rund 5000 eingekesselten russischen Soldaten gesprochen.

Lyman war wichtiger Teil der russischen Frontlinie

Seit Wochen wurde um Lyman erbittert gekämpft. Nach der Niederlage im nordostukrainischen Gebiet Charkiw und ihrem Rückzug von dort haben die russischen Truppen versucht, eine neue Frontlinie entlang der Flüsse Oskil und Siwerskyj Donez aufzubauen. Lyman als nächste Stadt gegenüber dem von Kiew gehaltenen Ballungsraum Slowjansk – Kramatorsk galt diesbezüglich als wichtig. Einerseits, um selbst Angriffe im Norden des Donbass-Gebiets lancieren zu können, andererseits als Barriere für eine ukrainische Gegenoffensive.

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Nach intensiven Kämpfen ist die Stadt am Samstag gefallen. Ukrainische Einheiten haben in Lyman die blau-gelbe Landesflagge gehisst. Die Ukrainer hatten die Stadt zuvor in die Zange genommen. Angriffe wurden sowohl von Westen als auch von Norden und Süden lanciert. Die einzige Nachschub- und Rückzugsverbindung der Russen nach Osten über Saritschne und Torske geriet unter den Beschuss der ukrainischen Artillerie. Unklar ist unter diesen Umständen, wie viele russische Soldaten gefallen oder in Gefangenschaft gekommen sind.

Denn: Die ukrainischen Truppen hatten nach eigenen Angaben zeitweise etwa 5000 russische Soldaten eingekesselt. Das sei der Stand am Samstagmorgen, teilte der ukrainische Verwaltungschef für Luhansk, Serhij Hajdaj, mit. „Die Okkupanten haben ihre Führung gebeten, nach Möglichkeit herauszukommen, woraufhin sie eine Abfuhr erhielten“, sagte er. „Sie haben jetzt drei Handlungsmöglichkeiten: Entweder können sie versuchen auszubrechen oder sie ergeben sich. Oder sie sterben alle zusammen. Da sind von ihnen etwa 5000, eine genaue Zahl gibt es nicht.“

Eine solche Zahl an eingekesselten Russen habe es überhaupt noch nicht gegeben in dem Krieg, sagte Hajdaj. Lyman galt nach der russischen Schlappe in Charkiw als so wichtig, dass die russische Führung die Stadt möglichst lange halten wollte, zumindest aber bis zur Erklärung der Annexion der vier ukrainischen Gebiete Cherson, Donezk, Luhansk und Saporischschja.

Putin hatte Gebiet völkerrechtswidrig annektiert

Russlands Präsident Wladimir Putin hatte die Annexion am Freitag im Rahmen eines Festakts im Kreml erklärt. Kein Staat erkennt diesen Bruch des Völkerrechts an. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte angekündigt, alle besetzten Territorien zu befreien. Er setzt dafür auf schwere Waffen des Westens und auf Militärberater der Nato-Staaten.

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Mit dem Fall von Lyman öffnet sich für die ukrainischen Truppen der Weg Richtung Kreminna und Swatowe. Beide Städte liegen im Gebiet Luhansk und gelten – speziell Swatowe – als wichtige Verkehrsknotenpunkte. Für den Kreml wäre dies ein verheerendes Signal. Anfang des Sommers hatte die russische Armee das Gebiet Luhansk für «befreit» erklärt.

„Gestern haben sie Lyman an Russland angeschlossen, um heute die Stadt zu räumen“

Auf russischer Seite sorgt die erneute Niederlage für erbitterte Kommentare: Der tschetschenische Machthaber Ramsan Kadyrow forderte auf seinem Telegram-Kanal, den für den Frontabschnitt verantwortlichen Generaloberst Alexander Lapin abzusetzen, zu degradieren und als einfachen Soldaten an die Front zu schicken. Die Probleme in Lyman seien schon vor zwei Wochen gemeldet worden. „Eine Woche später verlegt Lapin seinen Stab nach Starobilsk, mehr als 100 Kilometer von seinen Untergebenen entfernt, und verdrückt sich selbst nach Luhansk. Wie kann man operativ seine Einheiten befehligen, wenn man sich 150 Kilometer entfernt befindet“, echauffierte sich Kadyrow.

Der kremlkritische russische Politologe Abbas Galljamow hingegen erklärte süffisant: „Gestern haben sie Lyman „für immer“ an Russland angeschlossen, um heute (die Stadt) zu räumen“. (dpa/mp)

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