• Menschen in den USA gedenken dem verstorbenen George Floyd unter anderem mit Tafeln und Blumen.
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Tod von George Floyd: Familie äußert Zweifel an Obduktion: „Illusion“

Minneapolis –

Der Tod des dunkelhäutigen George Floyd (†46) nach einem brutalen Polizeieinsatz sorgt nach wie vor für massive Proteste in den USA. Im Internet ist nun ein weiteres Video aufgetaucht. Es zeigt: Nicht nur einer, gleich drei Polizisten knieten auf dem Mann. Gleichzeitig eskalieren die Demonstrationen immer mehr.

Während in dem bisher kursierenden Video ein Polizeiauto nur den Blick auf den Kopf und den Oberkörper von George Floyd zuließ, zeigt das neue Video die Szene der Festnahme von der gegenüberliegenden Straßenseite: Dadurch ist zu erkennen, dass nicht nur der Polizist Derek Chauvin (44) auf dem Hals des Festgenommenen kniete, sondern zwei weitere Beamte Floyd ebenfalls mit ihren Knien zu Boden pressten – einer drückte auf seinen Oberkörper, der andere auf seine Beine.

George Floyd (†46): Neues Video zeigt Festnahme

In diesem zweiten Video ist deutlich zu hören, wie George Floyd die Polizisten anfleht: „Bitte, lasst mich aufstehen, bitte, ich kann nicht atmen“. Fast neun Minuten drückte der Polizist sein Knie auf den Nacken des Mannes. Wenig später starb Floyd in einem Krankenhaus.

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Im Haftbefehl gegen einen der beteiligten Polizeibeamten heißt es, nach vorläufigen Erkenntnissen sei George Floyd nicht erstickt – doch die Anwälte von Floyds Familie, Benjamin Crump und S. Lee Merritt, äußerten Zweifel an den Ergebnissen der Obduktion. Sie kündigten an, bei einem bekannten Gerichtsmediziner selbst eine Untersuchung in Auftrag zu geben.

Anwälte von Floyds Familie äußern Zweifel an Obduktion

Laut den Anwälten habe man bereits in anderen Fällen gesehen, dass Menschen, die mit den Behörden zusammenarbeiteten, Dinge präsentierten, die eine „Illusion“ seien. Im Haftbefehl heißt es, dass der 46-jährige Floyd an Gesundheitsproblemen gelitten habe, die gemeinsam mit der Festsetzung und möglichen Rauschmitteln im Blut vermutlich zum Tod geführt hätten.

„All diese Dinge wie Asthma oder Herzprobleme spielen keine Rolle, solange sie (die Opfer) leben, atmen, gehen, reden. Alles ist in Ordnung – bis die Polizei sie anspricht“, entgegnen die Anwälte.

Minneapolis

Demonstranten in Minneapolis fordern Gerechtigkeit für George Floyd.

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picture alliance/dpa

Polizist D. Chauvin wegen „Mord dritten Grades“ angeklagt

Die insgesamt vier beteiligten Polizisten wurden mittlerweile entlassen. Mike Freeman, der Bezirksstaatsanwalt von Hennepin County, erklärte am Freitag, dass Derek Chauvin, der auf Floyds Hals kniete, mittlerweile wegen „Mord dritten Grades und Totschlags zweiten Grades“ angeklagt wurde. Die Ermittlungen gegen die anderen drei Beamten, die am Montag am Tatort anwesend waren, würden fortgesetzt. 

Im amerikanischen Recht wird der Tatbestand Mord in verschiedene Kategorien unterteilt – den Tatbestand „Mord dritten Grades“ gibt es nur in wenigen Bundesstaaten, so auch in Minnesota. Seine Definition: ein Mensch stirbt, ohne dass der Täter die Absicht hatte, den Tod der anderen Person zu bewirken, diesen jedoch durch eine für den anderen Menschen äußerst gefährliche Tat herbeigeführt hat.

Dementsprechend zeigten sich die Angehörigen von George Floyd enttäuscht über die Entscheidung, dass der ehemalige Polizist nicht wegen Mordes ersten Grades angeklagt wurde, was dem deutschen Mordtatbestand entspräche.

Twitter: Sängerin Taylor Swift greift Donald Trump an

Wie die MOPO bereits berichtete, stehen in den USA auch viele Stars gegen Polizei-Gewalt und Rassismus auf.  Denn der Fall von George Floyd ist bei weitem nicht der erste Fall von rassistisch motivierter Polizeigewalt in den USA. So sorgten zuletzt die Fälle von Michael Brown in Ferguson, Eric Garner in New York oder Freddie Gray in Baltimore für Wut und Entsetzen: Brown wurde von einem hellhäutigen Polizisten erschossen, Eric Garner und Freddie Grey starben während, beziehungsweise nach ihrer Festnahme, wobei letzterer zunächst ins Koma fiel.

Sängerin Taylor Swift, die zunächst Gerechtigkeit für George Floyd auf Instagram forderte, legte nun noch einen drauf: Sie griff US-Präsident Donald Trump auf Twitter direkt an: „Nachdem Sie während Ihrer gesamten Präsidentschaft das Feuer der weißen Vorherrschaft und des Rassismus geschürt haben, haben Sie den Nerv, moralische Überlegenheit vorzutäuschen, bevor Sie mit Gewalt drohen? Wenn die Plünderung beginnt, beginnt die Schießerei? Wir werden Sie im November abwählen.“

Swift bezog sich damit auf Trumps umstrittenen Tweet zu den Ausschreitungen in Minneapolis, in welchem er den Demonstranten androhte, dass geschossen werden würde, wenn es zu Plünderungen käme.

Demonstration in Minneapolis

Ein Demonstrant flieht vor dem Tränengas der Polizei. 

Foto:

dpa

Infolge von Floyds Tod war es in den vergangenen Nächten zu schweren Ausschreitungen in Minneapolis im US-Bundesstaat Minnesota gekommen. Geschäfte gingen in Flammen auf, es kam zu Plünderungen. Demonstranten stürmten auch eine Polizeiwache und legten Feuer. Die Polizei setzte Tränengas gegen Demonstranten ein. 

Joe Biden fordert Kampf gegen „systemischen Rassismus“

Präsidentschaftskandidat Joe Biden meldete sich nun ebenfalls zu Wort: Er forderte einen entschlossenen Kampf gegen „systematischen Rassismus“ in den USA. „Durch unser Schweigen, durch unsere Selbstgefälligkeit sind wir Komplizen der Fortsetzung des Kreislaufs der Gewalt“, sagte der Demokrat in einer Videobotschaft. „Leute: Wir müssen aufstehen. Wir müssen uns bewegen. Wir müssen uns ändern.“

Auch Biden nahm Bezug zu den Äußerungen von US-Präsident Donald Trump. In einer solchen nationalen Krise brauche Amerika keine „aufwieglerischen Tweets“, sondern „wirkliche Führung“. Die „Ursünde“ der Sklaverei und deren Folgen belasteten das Land bis heute. „Wir brauchen eine Führung, die alle an den Tisch bringt, damit wir Maßnahmen anstrengen können, systematischen Rassismus auszumerzen“, sagte Biden. Das werde nicht einfach sein. „Aber es geht hier um die Seele Amerikas.“

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