Schweizer Atommüll-Lager an deutscher Grenze: Es hagelt Kritik
Die Schweiz will ihren Atommüll in unmittelbarer Nähe der deutschen Grenze lagern. Besonders nah dran liegt die Ortschaft Hohentengen (Baden-Württemberg). Die Landes-Umweltministerin pocht auf den Schutz der in der Region lebenden Bürger und erinnert an eine angemessene Vergütung.
Die Entscheidung der Schweiz für den Standort ihres Atommüll-Endlagers nahe der baden-württembergischen Ortschaft Hohentengen ist auf beiden Seiten der Grenze skeptisch aufgenommen worden. Das Gebiet Nördlich Lägern war vor einigen Jahren als eher nicht geeignet eingestuft worden, wurde nun aber doch unter den drei verbliebenen Standorten ausgewählt, wie die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) am Samstagabend mitteilte. Genauer erläutern will die Nagra dies am Montag.
Landes-Umweltministerin Thekla Walker: „Der Grundwasserschutz muss gewährleistet sein“
Baden-Württemberg pocht auf den Schutz der in der Region lebenden Bürger. Landes-Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) teilte am Sonntag in Stuttgart mit: „Der Schutz unserer Bürger vor radioaktiver Strahlung muss gewährleistet sein, insbesondere aber auch der Grundwasserschutz.“ Walker sagte, man nähme die Pläne zur Kenntnis und werde sie nun vertieft prüfen. Der Standort Nördlich Lägern liege in unmittelbarer Grenznähe insbesondere zum Landkreis Waldshut, aber auch zu den Kreisen Lörrach, Konstanz und dem Schwarzwald-Baar-Kreis. Somit leiste die baden-württembergische Bevölkerung einen großen Beitrag zur Endlagerung des schweizerischen Atommülls.
„Dies muss sich aus unserer Sicht zwingend adäquat bei den anstehenden Abgeltungsverhandlungen niederschlagen“, sagte Walker. Martin Steinebrunner, der die Deutsche Koordinationsstelle Schweizer Tiefenlager (DKST) beim Regionalverband Hochrhein-Bodensee vertritt, sagte der dpa: „Bei der Aushandlung von Kompensationszahlungen wollen wir angemessen beteiligt werden, sowohl bei den Verhandlungen als auch im Ergebnis. Manche deutschen Gemeinden liegen näher am Lager als Schweizer Gemeinden, die berücksichtigt werden sollen.“
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Der Bürgermeister von Hohentengen, Martin Benz, will den Entscheidungsträgern sehr genau „auf den Zahn fühlen“, wie er der dpa sagte. „Sie müssen sehr gut begründen, warum ein zurückgestellter Standort plötzlich zum präferierten Standort wird“, sagte er. Den Bewohnern sei klar, dass der radioaktive Müll vorhanden ist und entsorgt werden muss, sagte Benz. Auch sie seien für die Lagerung am sichersten Ort. „Aber diese Fragen müssen beantwortet werden: Was gibt es für Störfall-Szenarien, und wie ist man darauf vorbereitet?“
Die sozialdemokratische Schweizer Politikerin Astrid Andermatt sprach von einer schockierenden Vorstellung. Sie engagierte sich jahrelang in dem Verein „Nördlich Lägern ohne Tiefenlager“. „Die Nagra hat offenbar mitten im Verfahren die Kriterien anders gewertet“, sagte Andermatt der Zeitung „Der Landbote“. „Das wirkt unseriös.“ (dpa)