Peter Tschentscher (SPD), Erster Bürgermeister und Präsident des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg, steht im Rathaus.
  • Peter Tschentscher (SPD), Erster Bürgermeister und Präsident des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg, steht im Rathaus.
  • Foto: picture alliance / dpa/Marcus Brandt

Warum Tschentscher wenig von Laufzeitverlängerungen der Atomkraftwerke hält

Trotz der Energiekrise hält Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher nichts von einer längeren Nutzung der Atomenergie. In einer Verlängerung der Laufzeiten der noch am Netz befindlichen Kernkraftwerke sehe er keine Lösung der aktuellen Probleme, sagt der SPD-Politiker.

Als Grund nannte er das ungelöste Entsorgungsproblem. „Der Bund versucht bis heute vergeblich, eine Endlagerstätte für den Atommüll zu finden. Insofern liegt die Lösung in dieser Krise nicht in der Atomenergie, sondern in der kurzfristigen Verstärkung durch Kohlekraftwerke und in der mittel- und langfristigen Umstellung auf regenerative Energien.“

Kernkraftwerke müssen bis 31. Dezember abgeschaltet werden

Die letzten drei noch am Netz befindlichen Kernkraftwerke Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2 müssen nach geltendem Recht spätestens am 31. Dezember 2022 abgeschaltet werden.

In der Berliner Ampel wird über eine Verlängerung der Laufzeiten diskutiert. SPD und Grüne hatten einen dahingehenden Vorstoß von FDP-Fraktionschef Christian Dürr zurückgewiesen. Unionspolitiker fordern wegen eines drohenden Gasmangels seit längerem, Atomkraftwerke über das Jahresende hinweg laufen zu lassen.

Hamburgs CDU-Chef Christoph Ploß hatte sich kürzlich sogar für einen Ausbau der Atomkraft ausgesprochen, da die für einen Ersatz des russischen Gases nötigen Strommengen auf absehbare Zeit nicht durch erneuerbare Energien abgedeckt werden könnten.

„Sollte Russland die Gaslieferungen nicht wieder aufnehmen, kommen wir in eine kritische Lage“

Auch Tschentscher zeigte sich besorgt über mögliche Versorgungsengpässe. „Sollte Russland die Gaslieferungen nicht wieder aufnehmen, kommen wir in eine kritische Lage.“ Heikel werde es, wenn die Gasversorgung eingeschränkt werden muss. „Aufgrund der komplexen Vernetzung der Produktionsketten besteht die Gefahr, dass nicht nur einzelne Unternehmen, sondern die gesamte Industrie ins Stocken kommt.“

Seit Anfang vergangener Woche wird wegen Wartungsarbeiten kein Gas mehr über die Ostseepipeline Nord Stream 1 geliefert. Dies dauert in der Regel bis zu zehn Tage. Da nicht sicher sei, ob und in welchem Umfang Russland den Gashahn im Anschluss wieder aufdrehe, sei Gassparen jetzt „das Gebot der Stunde“, sagte Tschentscher. Dabei seien sowohl die privaten Verbraucher wie auch die Industrie gefragt.

Wärmeversorgung der privaten Verbraucher und die industrielle Produktion gleichermaßen wichtig

„Beides ist gleichermaßen wichtig: Die Wärmeversorgung der privaten Verbraucher und die industrielle Produktion, von der die Wirtschaft und viele Waren des täglichen Gebrauchs abhängen“, betonte der Bürgermeister. „Deswegen kann man nicht sagen, das eine ist ein Problem der Menschen und das andere eines der Wirtschaft. Beides hängt zusammen. Von Produktionsausfällen der Industrie wären wir auch in unserem privaten Leben stark beeinträchtigt.“


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Die Hamburger Industrie sei unter anderem mit ihren Kupfer- und Aluminiumherstellern auch überregional von großer Bedeutung. „Die Verfügbarkeit von Grundstoffen ist systemrelevant. Wir brauchen Kupfer, Stahl, Aluminium für zahlreiche Prozesse in der Industrie, im Bau und für das tägliche Leben“, sagte Tschentscher und warnte: „Wir haben in dieser Krise nicht nur ein Versorgungs- und ein Kostenproblem, sondern wir bekommen auch ein Problem mit dem Klimaschutz, wenn wir unsere Industrie in diesen schwierigen Zeiten nicht über Wasser halten.“

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Die Produktion in Hamburg erfolge auf einem technischen Niveau, das nur zu halb so viel CO2-Emissionen führe wie im weltweiten Durchschnitt. „Ein Verlagerung der Produktion ins Ausland wäre daher ein großer wirtschaftlicher Schaden für Deutschland und zugleich ein schwerer Rückschlag für den globalen Klimaschutz.“ (dpa/mp)

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