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Der 20 Jahre alte Angeklagte sitzt zwischen seiner Pflichtverteidigerin Ulrike Baumann (l.) und dem Anwalt Siegmund Benecken (r.) im Gerichtssaal.
  • Der 20 Jahre alte Angeklagte sitzt zwischen seiner Pflichtverteidigerin Ulrike Baumann (l.) und dem Anwalt Siegmund Benecken (r.) im Gerichtssaal.
  • Foto: dpa | Carsten Linnhoff

Prozess um tödliche CSD-Attacke: Diese Strafe droht Malte C.s Angreifer

Ein Angriff beim Christopher Street Day in Münster endet für Malte C. tödlich. Vor Gericht zeigte der 20-jährige Angeklagte Reue für seine Tat und gestand. Am Mittwoch soll das Urteil fallen.

Im Prozess um den gewaltsamen Tod des trans Mannes Malte C. beim Christopher Street Day in Münster hat die Anklage eine Jugendstrafe von fünf Jahren gefordert. Man werde beantragen, den 20 Jahre alten Angeklagten in einer Erziehungsanstalt unterbringen zu lassen, sagte der Vertreter der Staatsanwaltschaft am Dienstag bei dem Verfahren vor dem Landgericht. Dem Angeklagten wird Körperverletzung mit Todesfolge vorgeworfen.

CSD Münster: 20-Jähriger schlug Malte C. gegen den Kopf

Er soll Malte C. beim CSD im August 2022 gegen den Kopf geschlagen haben, als dieser sich schützend vor CSD-Teilnehmende stellte. Der 25-Jährige fiel mit dem Hinterkopf aufs Pflaster und starb Tage später an den Folgen eines Schädelhirntraumas. Verteidiger Siegmund Benecken sprach sich für eine „angemessene Jugendstrafe“ aus, nannte aber kein genaues Strafmaß. Am Mittwoch will die Kammer ihr Urteil verkünden.

Der Staatsanwalt sagte, der Angeklagte habe keinen Tötungsvorsatz gehabt. Auch wenn er ein „geübter Boxer“ sei, habe er sich über einen „eventuell tödlichen Ausgang“ keinerlei Gedanken gemacht. Der junge Mann sei voll schuldfähig, aber noch Heranwachsender. Er sei infolge schwieriger Lebensumstände deutlich entwicklungsverzögert, hieß es in seinem Plädoyer. Der 20-Jährige habe ein vollumfängliches Geständnis abgelegt – „von echter Reue getragen“.

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Die Anklage geht davon aus, dass der 20-Jährige auch in Zukunft weiter Gewalttaten begehen wird. Er sei immer wieder durch Fälle von Körperverletzung aufgefallen, einmal verurteilt worden. Im Jugendstrafrecht steht der Erziehungsgedanke im Vordergrund.

Blumen und Kerzen liegen an der Gedenkstätte für Malte C. auf den Stufen des historischen Rathauses in Münster. picture alliance/dpa | Bernd Thissen
Blumen und Kerzen liegen an der Gedenkstätte für Malte C. auf den Stufen des historischen Rathauses in Münster.
Blumen und Kerzen stehen an der Gedenkstätte für Malte C. auf den Stufen des historischen Rathauses in Münster.

Eine Vertreterin der Jugendgerichtshilfe sprach von einem „noch nicht gefestigten“ Menschen. Sie verwies auf eine schwache psychische Stabilität, erhebliche familiäre Belastungen von Kindheit an und eine schwierige Eingewöhnung vom tschetschenischen in den neuen deutschen Kulturkreis mit etwa zwölf Jahren. Der Russe habe Angst vor einer Abschiebung in die russische Teilrepublik Tschetschenien und Bedrohung seiner Familie.

Gutachterin: Schläge gegen Malte C. „sicher platziert“

Die psychiatrische Gutachterin meinte, der 20-Jährige brauche noch viel Zeit, um „nachzureifen“. Nach ihrer Einschätzung waren die Schläge gegen Malte C. „sicher platziert“, trotz Alkoholkonsums gebe es keine Anzeichen für eine Bewusstseinsstörung, sein Erinnerungsvermögen sei gut. Er sei abhängig von Cannabis, Alkohol und missbrauche ein Arzneimittel. Die Sachverständige beschrieb eine extrem schwierige Kindheit mit einem gewalttätigen Vater, einer schwerstkranken Schwester, bis heute präge ihn ein „depressiver Modus“. Nur sein zeitweises Boxen in Deutschland habe ihn vorübergehend stabilisiert.

Redeker attestierte dem Angeklagten eine Persönlichkeitsstörung, er sei aber „zu Empathie und Perspektivwechsel“ fähig. Er habe angegeben, schwul zu sein und habe fast paranoide Angst davor, dass seine Homosexualität für ihn und seine Familie schwere Folgen haben könnte. Der Mann habe „glaubwürdig negiert“, dass er eine homophobe oder transfeindliche Haltung habe, schilderte die Psychiaterin mit Blick auf seine mutmaßliche Tat beim CSD. Der Vorfall hatte bundesweites Entsetzen ausgelöst.

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Auch die Staatsanwaltschaft sah keine homophobe, trans- oder queerfeindliche Grundeinstellung – auch wenn seine Beleidigungen gegenüber CSD-Teilnehmenden diesen Charakter gehabt hätten. Die Anklage gehe davon aus, dass der 20-Jährige schwul sei. Der Verteidiger betonte, eine Ausweisung nach Tschetschenien wäre für seinen Mandanten „schlichtweg eine Katastrophe“.

Die Anklage verlangte, eine alkoholbedingte Enthemmung nicht strafmildernd zu bewerten. Der Mann habe gewusst, dass er unter Drogenkonsum zu Gewalt neige. Die Schwere der Tat solle entsprechend strafverschärfend gewertet werden. (dpa/mp)

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