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Der Musiker Gil Ofarim in einem Interview.
  • Der Musiker Gil Ofarim in einem Interview.
  • Foto: dpa | Tobias Hase

Anfeindung gegen Ofarim: Jetzt erstattet der Hotel-Mitarbeiter Anzeige

Zwei beurlaubte Mitarbeiter, aber noch keine öffentliche Entschuldigung: Der Streit um den mutmaßlich antisemitischen Vorfall in einem Hotel in Leipzig eskaliert. Bundesweit unterstützen Menschen den betroffenen jüdischen Musiker Gil Ofarim, doch nicht alle Solidarisierungsaktionen sind erfolgreich – und jetzt klagt auch noch der beschuldigte Hotelangestellte.

„Es ist nicht der erste Vorfall in meinem Leben, bei dem ich konfrontiert worden bin mit Fremdenhass, mit Antisemitismus. Aber ich glaube: Es war einmal zu viel“, sagte Gil Ofarim gestern im Interview mit „Bild TV“. „Ich finde, man soll einfach nicht mehr die Klappe halten und das über sich ergehen lassen.“

Leipziger Hotel „Westin“: Antisemitismus gegen Musiker Gil Ofarim?

Das hatte er auch nicht: Am Dienstag hatte der Musiker ein Instagram-Video veröffentlicht, in dem er von antisemitischen Anfeindungen in dem Hotel „The Westin Leipzig“ berichtet. Er habe sich in eine längere Schlange eingereiht, wurde aber von Mitarbeitern nicht beachtet, erzählt er – stattdessen seien immer wieder andere Wartende vorgezogen worden. Als er nach 15 Minuten an der Reihe gewesen sei, habe er gefragt, was das solle. Der Mitarbeiter habe geantwortet: „Um die Schlange zu entzerren“, dabei habe Ofarim ja selbst darin gestanden. Daraufhin habe „irgendeiner aus der Ecke“ gerufen, dass er seinen Davidstern, den er an einer Kette trug, einpacken solle. Auch der Hotelmitarbeiter habe gesagt: „Packen Sie Ihren Stern ein.“

Ofarim nahm das Video kurz nach dem Vorfall am Montag auf – sichtlich mitgenommen und teils unter Tränen. Das Hotel erklärte zwar in einem Statement, dass Antisemitismus nicht entschuldbar sei und nicht geduldet werde. Bei ihm selbst habe sich das Hotel aber noch nicht entschuldigt, sagte Ofarim gestern in „Bild TV“. „Mein Management hat nur eine E-Mail bekommen, dass man sich mal austauschen wollen würde, mal reden. Aber ich habe weder eine Stellungnahme bekommen zu diesem Fall, ich habe keine Entschuldigung bekommen, gar nichts!“


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Besonders enttäuscht hat den 39-Jährigen, dass er an dem Abend selbst auch von anderen Gästen des Hotels keine Unterstützung bekommen habe. „Ich hätte mir nur gewünscht, dass ich nicht alleine gewesen wäre in dem Moment“, sagte er. „Und hätte mir gewünscht, dass andere Gäste das vielleicht mitgehört hätten.“

Streit um Antisemitismus-Vorwürfe: Beschuldigter erstattet Anzeige

Anzeige erstattet hat er bislang aber noch nicht. Der Sprecher der Leipziger Polizei, Olaf Hoppe, sagte gestern jedoch, dass eine Online-Anzeige eines unbeteiligten Dritten wegen Volksverhetzung eingegangen sei.

Und auch der beschuldigte Hotelmitarbeiter hat Anzeigen gestellt – wegen Verleumdung und Bedrohung. Er habe den Vorfall „deutlich abweichend von den Auslassungen des Künstlers dargestellt“ so Hoppe. Zudem hätten sich Menschen in den sozialen Netzwerken völlig entfesselt gegenüber dem Hotelpersonal geäußert.

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Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft hätten Ermittlungen aufgenommen. „Nun gilt es abzuwarten, was die Ermittlungen ergeben und was tatsächlich an dem Tag geschehen ist“, sagte Hoppe. Bis dahin hat das Hotel zwei Mitarbeiter beurlaubt.

Soli-Demo mit Ofarim: Aktion von Hotel-Mitarbeitern geht schief

Das Video erregte bundesweit Aufmerksamkeit, er habe sich über die vielen positiven Reaktionen gefreut, sagte Ofarim in dem Interview. Am Dienstagabend hatten sich noch hunderte Menschen mit dem Sänger und deutschen Juden und Jüdinnen solidarisiert und sich vor dem Hotel versammelt.

Darunter waren auch Mitarbeiter des Hotels, die dabei aber Banner mit der Flagge Israels und des islamischen Halbmondes hochhielten – obwohl das jüdische Leben in Deutschland nicht mit dem Staat Israel gleichzusetzen ist, für den die Flagge steht. Besonders in Hinblick auf die Stellungnahme des Hotels, in der es hieß, es habe zum Ziel alle Gäste und Mitarbeiter „zu integrieren, zu respektieren und zu unterstützen“, sorgte das teils für Empörung – schließlich wurde Ofarim in München geboren und ist Deutscher.

„Nach der antisemitischen Anfeindung gegen einen Juden in Deutschland fällt dem Hotel nichts anderes ein, als die israelische Flagge und Symbole des Islam auf ein Banner zu drucken“, kritisierte der Präsident des Zentralrats, Josef Schuster. Bei dem Hotel gebe es offenbar wenig Bewusstsein dafür, dass Juden ein Teil der deutschen Gesellschaft seien. (ncd/dpa)

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