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Daniel Günther
  • Protest: Daniel Günther gönnt sich bei der CDU-Wahlparty in Kiel ein alkoholfreies Bier.
  • Foto: dpa

Zu zweit oder zu dritt? „Der nette Herr Günther“ hat jetzt die Wahl

Ziel erreicht: Regierungschef Günther hat die Nord-CDU zur Landtagswahl wieder auf Platz 1 geführt. Der 48-Jährige ist der Erfolgsgarant seiner Partei. Die Konkurrenz hat klar das Nachsehen. Nun lautet die entscheidende Frage: Schwarz-Grün oder Schwarz-Gelb?

Der Wählerwille ist glasklar: „Der nette Herr Günther“ soll Schleswig-Holstein fünf weitere Jahre regieren. Mit seiner ungewöhnlich großen Beliebtheit über die CDU-Anhängerschaft hinaus hat Ministerpräsident Daniel Günther (48) seine Partei bei der Landtagswahl am Sonntag zu einem triumphalen Sieg geführt – meilenweit vor SPD und Grünen. In der Wunderino-Arena, wo Handball-Rekordmeister THW Kiel meistens seine Spiele gewinnt, feiern die Christdemokraten am Abend frenetisch den erfolgreichen Titelverteidiger. „Daniel Günther, Ministerpräsident“, hallt es durch den Saal.

Hochrechnung zur Landtagswahl Schleswig-Holstein dpa
Landtagswahl Schleswig-Holstein
Hochrechnung zur Landtagswahl Schleswig-Holstein

Günther will nun mit beiden bisherigen Koalitionspartnern, Grünen und FDP, Gespräche führen. Es gehe darum, für die nächsten fünf Jahre das beste Ergebnis für das Land zu holen. Schwarz-Grün oder Schwarz-Gelb – oder doch mit beiden weiter machen? Das ist für die CDU die Kernfrage.

Die laut Hochrechnungen deutlich über 40 Prozent für die Union gehen ganz weitgehend auf das Konto Günthers, der seit 2017 mit Grünen und FDP regiert. Die Grünen verdrängen mit einem Rekordergebnis erstmals die SPD auf Platz drei. Nach den Niederlagen bei der Bundestagswahl und im Saarland beschert Günther eine Woche vor der wichtigen Wahl in NRW der CDU das ersehnte Erfolgserlebnis.

Wahl in Schleswig-Holstein: Grüne mit Top-Ergebnis

Auch die Grünen fahren ihr bisher bestes Ergebnis im Norden ein, ihr Erfolg ist eng verbunden mit den beiden forschen Spitzenkandidatinnen, Finanzministerin Monika Heinold (63) und Landtagsvizepräsidentin Aminata Touré (29). Beide werden am Sonntagabend bei der Wahlparty enthusiastisch bejubelt. An der Basis herrscht die Hoffnung auf Schwarz-Grün. „Die FDP hat nur genervt in den letzten fünf Jahren“, sagte Georg Wilkens auf der Grünen-Party in einer Kieler Brauerei. Aber ihr Ziel, stärkste Kraft zu werden und mit Heinold Günther abzulösen, verfehlen die Grünen klar.

In einem Bündnis mit der FDP könnte die CDU gewiss deutlich mehr eigene Positionen durchsetzen als in einer Koalition mit den viel stärkeren Grünen. Diesen könnte ein ganz bitteres Ende drohen: Rekordergebnis geholt und trotzdem Opposition.

Aber: CDU-Fraktionschef Tobias Koch würde gern mit Grünen und FDP über Jamaika II verhandeln, obwohl es für ein Zweierbündnis reicht. „Warum sollte man etwas auseinanderreißen, das fünf Jahre lang so gut geklappt hat?“, sagt er. Sein FDP-Kollege Christopher Vogt, enttäuscht über das Ergebnis von wohl unter sieben Prozent für die Liberalen, meint dagegen: „Für eine Dreierkoalition spricht angesichts der Zahlen nicht so viel.“

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Und die Grünen? Nun sei es an Günther, zu Gesprächen einzuladen, sagte Heinold. Die Erfahrung zeige, eine Regierung sei dann stabil, wenn alle Kräfte gebraucht würden. Und sei angesichts des hohen Zuspruchs für Jamaika eventuell doch ein Dreierbündnis denkbar, obwohl nur zwei Partner gebraucht werden? „Die FDP hat es ausgeschlossen“, meint Heinold.

Wahl in Schleswig-Holstein: Fiasko für die SPD

Für die abgestürzte SPD mit Spitzenkandidat Thomas Losse-Müller (49) ist der Ausgang der Wahl ein Fiasko. Das bisher schlechteste Ergebnis der SPD im Norden waren 25,4 Prozent im Jahr 2009 – nun liegt die Partei weit unter 20 Prozent. Die Sozialdemokraten sind bitter enttäuscht, Ex-Fraktionschef Ralf Stegner spricht von einem Debakel.

In dem vom Ukraine-Krieg überlagerten Wahlkampf kamen die Genossen nicht recht in Gang und von der Bundesebene gab es keinen Rückenwind. Der trotz engagierten Wahlkampfs vielen unbekannt gebliebene Ex-Staatskanzleichef Losse-Müller stand gegen Günther auf verlorenem Posten. Hinzu kam: Losse-Müller wechselte erst 2020 von den Grünen zur SPD. An der Förde kam schon vor der Wahl das böse Wort „Loser Müller“ („Verlierer Müller“) auf.

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„Günther ist so nett, den wähle ich“ – nach dem Motto dürften auch Sympathisanten anderer Parteien CDU mitgewählt haben. Die Konkurrenz spürte das im Wahlkampf landesweit. Dass die so unterschiedlichen Parteien CDU, Grüne und FDP ohne Krise eine Wahlperiode durchhielten, liegt wesentlich an Günther: Der Langstreckenläufer und Handballfan löste moderierend alle Konflikte. Mit unideologischem, pragmatischem Herangehen, wie es Beteiligte schildern. Dass er wegen einer Corona-Erkrankung in der Wahlkampf-Endphase tagelang ausfiel, spielte keine Rolle.

FDP fehlt Rückenwind aus Berlin

Die Grünen nahmen zuletzt verstärkt die FDP ins Visier, um ein bloßes Schwarz-Gelb zu verhindern. Vielleicht kann Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, der am Sonntag in Kiel war, Günther von Schwarz-Gelb abhalten, heißt es. Beide kommen gut miteinander klar, Habeck war vor seinem Wechsel nach Berlin bis 2018 Minister in Günthers Kabinett.

Auch der FDP mit Wirtschaftsminister Bernd Buchholz fehlte wohl Rückenwind aus Berlin. Zwar leisten Buchholz und Gesundheitsminister Heiner Garg anerkannte Arbeit. Aber der Zuspruch für Jamaika gilt eben Günther, den viele als liberalen Konservativer wahrnehmen.

Günthers Aufstieg vom CDU-Landesgeschäftsführer zum wiedergewählten Ministerpräsidenten offenbart Ehrgeiz und zeigt, dass er das ABC der Machtpolitik verinnerlicht hat. Der Erfolg werde ihm nicht zu Kopfe steigen, meinte er 2017. Er habe auch noch die gleichen Freunde wie früher. „Ich habe meine Lockerheit und Bodenständigkeit nicht verloren“, sagt er heute. (dpa)

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