Otto Carstens (CDU), Justizstaatssekretär in Schleswig-Holsteins, sitzt in der Sitzung des Innen- und Rechtsausschuss der schleswig-holsteinischen Landesregierung.
  • Schleswig-Holsteins Justizstaatssekretär Otto Carstens (CDU) darf im Amt bleiben.
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Mitglied in schlagender Verbindung in Hamburg: Günthers umstrittener Staatssekretär

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) will aus den Plädoyers der Richterverbände für eine Ablösung von Justizstaatssekretär Otto Carstens (CDU) keine Konsequenzen ziehen. „Dazu sind alle Fragen ja beantwortet, auch die Freitag noch im Raum standen“, sagte Günther am Montag in Kiel. „Deswegen gibt es da keinen Handlungsbedarf.“

Carstens war unter massiven Druck geraten: Gründe waren Plagiatsvorwürfe im Zusammenhang mit seiner Doktorarbeit, zweifelhafte Äußerungen zum Strafvollzug und seine Mitgliedschaft in der schlagenden Studentenverbindung Irminsul in Hamburg. Diese hatte zugleich mit der vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuften und deshalb beobachteten Burschenschaft Germania an Fechtveranstaltungen teilgenommen, dies mittlerweile aber auf Antrag von Carstens für beendet erklärt. Dazu gab es am Freitag einen entsprechenden Vorstandsbeschluss.

Umstrittener Staatssekretär darf im Amt bleiben

Die vehemente Kritik von Richtern und Staatsanwälten an Justizstaatssekretär Carstens bereitet auch den Grünen im Landtag Sorgen. „Schleswig-Holstein ist für seine liberale und erfolgreiche Justizpolitik bekannt, an diesem Kurs darf es auch weiterhin keinen Zweifel geben“, sagte Fraktionschef Lasse Petersdotter am Montag auf Anfrage. „Dass es nun Bedenken am Justizstaatssekretär aus der breiten Richterschaft gibt, nehmen wir Grüne sehr ernst.“

Es sei wichtig, „dass Carstens diese Bedenken ausräumt“, sagte Petersdotter. „In der Justizpolitik gibt es viel zu tun, wir müssen zügig zur Sacharbeit zurückkehren.“

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Nach Angaben des Corps beschloss Irminsul „auf Initiative unseres Mitgliedes Otto Carstens“ in einer Vorstandssitzung einstimmig, aus dem Hamburger Waffenring auszutreten. Unter dessen Dach waren Mitglieder von Irminsul und Germania zusammengekommen. „Hiermit sind selbst Fechtbegegnungen mit der Hamburger Burschenschaft Germania ausgeschlossen“, erläuterte Irminsul zu seinem Vorstandsbeschluss. Alle sozialen Kontakte mit Germania seien schon zuvor seit längerer Zeit eingestellt gewesen. „Extremisten haben bei uns keinen Platz und wir wollen auch nichts mit Extremisten zu tun haben“, betonte das Corps.

SPD-Fraktionschef: „Carstens ist untragbar geworden“

Da sich Carstens nur auf Druck bewegt habe, falle es der SPD-Fraktion schwer, an einen „reuigen Sünder“ zu glauben, sagte am Montag der Justizpolitiker Marc Timmer. „Dass es erst so weit kommen musste, dass selbst die Vertretungen der Richterschaft Herrn Carstens das Vertrauen entziehen, bevor er handelte, zeigt, dass er allein auf Druck handelte.“ Das Gesamtbild zeige nach wie vor, „dass Herr Dr. Carstens nicht geeignet für das Amt des Justiz-Staatssekretär ist“. Zudem gebe es auch noch hinsichtlich seiner Mitgliedschaft in der österreichischen Burschenschaft Gothia und dem laufenden Plagiatsverfahren bei der Universität Innsbruck offene Fragen.

Der Richterverband war wie zuvor die kleinere Neue Richtervereinigung klar auf Distanz zu Carstens gegangen. Beide Verbände forderten faktisch seine Ablösung. „Nachdem die Richterschaft dem Justizstaatssekretär das Vertrauen entzogen hat, ist Herr Carstens endgültig untragbar geworden“, meinte darauf SPD-Fraktionschef Thomas Losse-Müller. „Der Ministerpräsident darf jetzt nicht länger vor den konservativen Kräften in seiner Partei einknicken.“

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Die Justiz könne es sich nicht leisten, durch andauernde Personaldebatten gelähmt zu werden, hatte am Freitag der Richterverband erklärt, dem mehr als 750 Richter und Staatsanwälte angehören. „Wir fordern daher den Ministerpräsidenten auf, die gegenwärtige Unsicherheit zu beenden und klarzustellen, wer an der Seite der Ministerin das Justizressort führen soll“  Die andauernde Debatte um die Person des Staatssekretärs stelle eine erhebliche Belastung für die Justiz dar. (dpa/mp)

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