Vier tote Fischer: Als Kutter „Hoheweg“ einfach verschwand
Vor 15 Jahren sank der Fischkutter „Hoheweg“, alle vier Besatzungsmitglieder starben. Das Unglück gilt als eines der schwersten Schiffsunglücke in der Nordsee der zurückliegenden Jahre. Noch heute ist es unvergessen in der Region.
Das Unglück kündigte sich nicht lange an: Es war der Abend des 8. November 2006, der Hochseekutter „Hoheweg“ aus Brake (Landkreis Wesermarsch) war bei stürmischer See gerade erst zu einer Fangreise gestartet, die bis in die Ostsee führen sollte. An Bord waren der 27-jährige Kapitän und Sohn des Eigners, ein 18-jähriger Auszubildender sowie ein 38 und ein 47 Jahre alter Fischer.
Vor 15 Jahren: Fischkutter verunglückt auf der Nordsee
Plötzlich blockierte ein Deckwaschschlauch den Propeller, das Schiff wurde manövrierunfähig, während sich die Wellen bei Windstärke acht auf drei Meter Höhe auftürmten. Die Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung (BSU) kam später zu dem Schluss, dass bei einem Umbau des Kutters ein paar Jahre zuvor die Stabilitätskriterien der See-Berufsgenossenschaft nicht eingehalten worden seien. Eine schwere Netzwinde war auf das Achterdeck gesetzt worden.
Am Ende führte laut BSU eine Verkettung unglücklicher Umstände zum Untergang. Um 20.44 Uhr verschwand die „Hoheweg“ von den Radaraufzeichnungen. Das Unglück war eines der schwersten Schiffsunglücke in der Nordsee der jüngeren Vergangenheit.
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Obwohl die Suche sofort gestartet wurde, blieb die „Hoheweg“ zunächst verschollen, ebenso wie die Besatzungsmitglieder. Das Wrack wurde erst eine Woche danach geortet und gehoben. Drei tote Besatzungsmitglieder wurden später gefunden, der Kapitän wird bis heute vermisst. Sein Vater und Eigner des Schiffes möchte öffentlich nicht darüber reden, wie es ihm heute geht.
Kutter „Hoheweg“: Schwerstes Schiffsunglück der jüngeren Vergangenheit
„Das mit der „Hoheweg“ war schrecklich“, sagt Fischer Dirk Sander aus Nessmersiel in Ostfriesland und Vorsitzender des Verbandes der Deutschen Kutter- und Küstenfischer. Der Schock, den das Unglück bei den Kollegen in der Region auslöste, sei bis heute nachzuspüren. „Die Fischer haben es immer noch im Kopf. Wenn man rausfährt bei schlechtem Wetter, kommen die Gedanken wieder hoch.“
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Auch dem Braker Bürgermeister Michael Kurz ist das Unglück noch präsent. Er erinnert sich noch genau daran, als er von dem Unglück erfuhr. „Das war ein sehr emotionaler Moment“, sagt Kurz. Damals war er bei der Wasserschutzpolizei beschäftigt, habe nachvollziehen können, wie dramatisch die Situation an Bord gewesen sein musste: „Die Schiffsabläufe sind bekannt.“ So wie wohl alle in Brake sei er stark betroffen und in Gedanken bei der Familie des Reeders gewesen.
Gesunkener Kutter: Kapitän gilt bis heute als verschollen
Die Staatsanwaltschaft hatte zunächst gegen den Reeder wegen des Vorwurfes der fahrlässigen Tötung ermittelt, diese eineinhalb Jahre später aber eingestellt. „Es war ein Unglücksfall, wie er immer passieren kann in der Fischerei“, sagt Fischer Dirk Sander dazu. „Man sucht immer nach Gründen, warum etwas passiert, aber in Wirklichkeit ist das Wetter schuld. Bei gefährlicher See kann es vorkommen, dass ein Kutter umkippt.“
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Wie schnell so etwas gehen kann, wurde zuletzt vor wenigen Wochen in der Elbmündung deutlich: In einen Fischkutter aus Cuxhaven war Wasser eingebrochen, nur Minuten nach dem Eintreffen der Rettungskräfte sank das Schiff. Die fünf Besatzungsmitglieder hatten sich rechtzeitig in eine Rettungsinsel flüchten können, sie wurden von einem anderen Fischkutter aufgenommen. „Da sind keine Seeleute zu Schaden gekommen, für den Eigner ist es natürlich trotzdem schlimm, aber am Ende ist es ein Versicherungsfall“, sagt Sander. Nicht zu vergleichen sei dies mit dem Unglück der „Hoheweg“, das in der Region auch 15 Jahre später unvergessen ist. (dpa/alu)