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Im Prozess um den tödlichen Radlader-Unfall während eines sommerlichen Zeltlagers im niedersächsischen Toppenstedt kam heute das Urteil.
  • Im Prozess um den tödlichen Radlader-Unfall während eines sommerlichen Zeltlagers im niedersächsischen Toppenstedt kam heute das Urteil.
  • Foto: dpa

Tränen und Bewährungsstrafe für Unglücksfahrer von Toppenstedt

Der tragische Unfall während eines Vater-Kind-Zeltlagers in Toppenstedt mit zwei Toten schockiert die Region. Das Lüneburger Landgericht verurteilt den Fahrer des Radladers zu einer Bewährungsstrafe.

An einem heißen Samstagabend im Juni geht die dritte Spaßausfahrt mit dem Radlader im Vater-Kind-Zeltlager schief. Erlaubt ist es nicht, Kinder und Erwachsene in einer Stahlgitterbox über Feldwege zu kutschieren, aber jahrelang ist nichts dabei passiert. Bei der letzten Fahrt nach dem Abendessen passiert es: Die Box kracht mit zwölf Kindern und einem Vater auf den Asphalt. Der 39-Jährige und ein fünfjähriger Junge sterben, elf Kinder werden zum Teil schwerst verletzt. Der Unglücksfahrer wird am Dienstag von einer Jugendkammer des Landgerichts Lüneburg wegen fahrlässigen Tötung zweier Menschen in Tateinheit mit fahrlässiger Verletzung in elf Fällen zu einer 15-monatigen Gefängnisstrafe verurteilt. Vor einer Jugendkammer wurde verhandelt, weil die jugendlichen Opfer besonders schutzbedürftig seien, wie eine Gerichtssprecherin dem NDR sagte. Die Strafe wird zur Bewährung ausgesetzt. 

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Staatsanwaltschaft und Verteidigung akzeptieren das Urteil, die Nebenklage will sich noch beraten. Der Angeklagte entschuldigt sich in seinem letzten Wort. „Es tut mir unendlich leid, ich werde die Schuld ein Leben lang spüren“, sagt der Landwirt in Richtung der betroffenen Familien, die zum Teil bitterlich weinend das Verfahren verfolgen. „Ich möchte die Hand reichen und Hilfe anbieten“, fleht der 44-Jährige fast. Er selbst sei seit acht Jahren bei der Freizeit dabeigewesen, vier Jahre habe man die unkonventionellen Freizeitvergnügen veranstaltet. Seine beiden Töchter saßen ebenfalls in der Box und wurden schwer verletzt.  

Zwei Tote, elf Verletzte: Mutter fordert volle Verantwortung

Ein ganzes Dorf trauerte damals. Inzwischen sind nicht mehr alle mit dem Verhalten des Fahrers einverstanden. So fordert ihn die Mutter des Fünfjährigen vor Gericht auf, die volle Verantwortung zu übernehmen. Als Richter Michael Herrmann die Obduktionsberichte verließt, fließen aufseiten der Nebenkläger – der Ehefrau des Verunglückten und der Eltern des Fünfjährigen – die Tränen. Sowohl der 39-Jährige als auch das Kind starben Sekunden nach dem Aufprall der Box auf den Boden an einem Schädel-Hirn-Trauma.    

Ein Gutachter legt eine neue Untersuchung vor, nachdem er zum Prozessauftakt nicht zweifelsfrei einordnen konnte, wie es zu dem Unglück im Landkreis Harburg kommen konnte. Abschließend schließt er einen technischen Defekt aus. Der Angeklagte hatte angegeben, das Gerät täglich in seinem landwirtschaftlichen Betrieb einzusetzen und die Routine schließe einfache Sicherungsfehler aus seiner Sicht aus. Die Sicherheitsbolzen müssten eingerastet gewesen sein. Das hielt der Gutachter für nicht schlüssig, solche Bolzen öffneten sich nicht einfach. Alkohol war nicht im Spiel gewesen. 

„Es ist nicht das klassische Augenblicksversagen wie im Straßenverkehr“, sagt Richter Herrmann. Zur Katastrophe habe eine Verkettung unglücklicher Umstände geführt. Der Angeklagte habe mehrere Sorgfaltspflichten verletzt und das Risiko möglicherweise ausgeblendet. Die Staatsanwaltschaft hatte eine eineinhalbjährige Gefängnisstrafe für den Landwirt gefordert. Der 44-Jährige muss die Gerichtskosten tragen. 

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Die zivilrechtliche Aufarbeitung steht noch aus. „Es muss noch ein finanzieller Ausgleich kommen, der Versorger ist nicht mehr da“, sagt der Verteidiger der Nebenklage. In der nächsten Zeit werde mit der Versicherung des Fahrers verhandelt, möglicherweise kommen auf den Mann weitere hohe Zahlungen zu. (dpa)

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