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  • Ein Krabbenkutter im Einsatz.
  • Foto: Stefan Kruecken

Überraschende Studie: Diese Folgen hat Krabbenfischerei für das Wattenmeer

Die Krabbenfischerei im Wattenmeer vor der Nordseeküste wirkt sich laut einer neuen Studie nur wenig auf die Artengemeinschaften des Meeresbodens aus. Der Einsatz der Grundschleppnetze habe zwar einen durchaus messbaren Einfluss, aber im hochdynamischen, von Ebbe und Flut beeinflussten Wattenmeer gebe es weitere Faktoren der Veränderung, erklärte der Leiter des Thünen-Instituts für Seefischerei, Gerd Kraus, bei der Vorstellung des Forschungsprojekts „Cranimpact“ am Donnerstag. Das gelte zumindest für die durch Fein- und Mittelsande geprägten Lebensräume, die mehr als 90 Prozent der tieferen Bereiche des Wattenmeeres ausmachten.

Die Wissenschaftler untersuchten sieben Prielsysteme und einen Offshore-Bereich bei Norderney und bei Sylt, zudem ein Vergleichsgebiet vor der dänischen Insel Rømø, in dem seit 1977 ein Fischereiverbot gilt. Sie verglichen es mit verschieden stark befischten Gebieten im deutschen Wattenmeer und stellten fest, dass sich die Unterschiede nur zu knapp neun Prozent durch den Fischereieinfluss erklären lassen.

Bei den Arten, für die im Experiment ein Einfluss der Fischerei nachgewiesen wurde, errechneten die Forscher eine Erholungszeit von 12 bis 20 Tagen, wie Projektleiter Heino Fock erklärte.

Nordsee: Hat Fischerei wirklich keine Auswirkungen?

„In der Gesamtschau der Experimente konnte keine statistisch signifikante Häufung von Effekten durch fischereiliche Störung gemessen werden“ hieß es. Bei ihren Untersuchungen fanden die Forscher 345 kleinere Arten, die im oder auf dem Meeresboden im Watt leben. Darunter seien auch zwei neue, bislang unbekannte Arten gewesen, sagte Fock.

Das vierjährige Forschungsprojekt wurde von Niedersachsen und Schleswig-Holstein sowie vom Europäischen Meeres- und Fischereifonds mit rund 1,4 Millionen Euro unterstützt. Die niedersächsische Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte (Grüne) sagte bei der Vorstellung des Berichts: „Es ist sehr wichtig, dass wir eine Versachlichung der Debatte bekommen.“ Jetzt gebe es die Grundlagen für eine faktenbasierte Diskussion, erklärte Staudtes schleswig-holsteinischer Kollege Werner Schwarz (CDU).

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Nach Plänen der EU-Kommission soll die Fischerei mit Grundschleppnetzen – also Netzen, die den Meeresgrund berühren – in Meeresschutzgebieten bis 2030 schrittweise eingestellt werden. Davon wären weite Teile des Wattenmeeres betroffen. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hatte den Krabbenfischern Anfang April den Rücken gestärkt. „Wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, dass die Krabbenfischerei schonender für den Meeresboden ist als andere Grundschleppnetzfischereien“, sagte der Grünen-Politiker.

Grüner Umweltminister: „Das sollte uns zu denken geben“

Der schleswig-holsteinische Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne) erklärte zum Projekt „Cranimpact“: „Die Projektergebnisse zeigen, dass Auswirkungen der Krabbenfischerei selbst in gegenüber der grundberührenden Fischerei verhältnismäßig unempfindlichen Sandlebensraumtypen deutlich nachweisbar sind. Es sollte uns zu denken geben, dass selbst auf Sandböden, die als relativ unempfindlich gelten, die Krabbenfischerei deutliche Auswirkungen hinterlassen hat.“

Nach Ansicht der Umweltorganisation WWF hat die Studie zu viele Lücken und methodische Schwächen. „Die herangezogenen Vergleichsdaten aus Dänemark stammen alle aus ein und demselben Priel, die Ergebnisse sind deshalb statistisch nicht belastbar“, sagte die Fischereiexpertin des WWF Deutschland, Stella Nemecky.

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Der Geschäftsführer des Naturschutzbundes (Nabu) Schleswig-Holstein, Ingo Ludwichowski, meinte: „Der Aussagewert der Studie ist wegen eingestandener methodischer Unzulänglichkeiten eher gering und dabei zudem in sich widersprüchlich: Der Einfluss auf bedrohte Arten und Lebensräume wurde methodisch kaum erfasst, stattdessen zumeist nur häufige Allerweltsarten betrachtet, die sich naturgemäß besser anpassen können.“

Der Vizepräsident des Deutschen Fischerei-Verbandes, Dirk Sander, sagte: „Das Ergebnis, das dabei herausgekommen ist, das wussten wir Fischer schon immer.“ Der Name der Studie „Cranimpact“ leitet sich aus der lateinischen Bezeichnung für die Nordsee-Garnele (Krabbe) „Crangon crangon“ und dem englischen Wort „impact“ (Auswirkung) ab. (dpa)

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