„Anteilnahmslos“ – 26-jähriger Angeklagter schweigt zu Tod von drei Fußgängern
Schon am Montag hätte der Prozess gegen einen Autofahrer wegen des Todes von drei Fußgängern in Neumünster starten sollen, der Termin wurde jedoch verschoben. Am Donnerstag wurde der 26-Jährige am Landgericht Kiel vorgeführt. In Briefen wandte er sich an Hinterbliebene.
In Handschellen wurde der 26-Jährige am Donnerstag in den Saal 132 des Kieler Landgerichts gebracht, wo er sich wegen des Todes von drei Fußgänger:innen verantworten musste. Zuvor hatte das Gericht einen Haftbefehl erlassen. Dem ursprünglich bereits für Montag geplanten Prozessauftakt war der Mann ferngeblieben, da er sich wegen Kokain-Konsums in eine Klinik bringen ließ. Sein Verteidiger Martin Schaar kündigte an, sein Mandant werde sich zunächst nicht zur Sache einlassen.
Drei tote Fußgänger: Prozessauftakt gegen 26-Jährigen
Die Staatsanwaltschaft wirft dem 26-Jährigen vor, die Fußgängergruppe am 20. Januar 2021 in Neumünster mit seinem Wagen erfasst zu haben. Mit mindestens Tempo 60 sei der Wagen mit stark abgefahrenen Vorderreifen gefahren, sagte Oberstaatsanwalt Achim Hackethal. Der Angeklagte habe unter Einfluss von THC und Kokain gestanden und seine Fahrerlaubnis zuvor bereits abgeben müssen.
Noch am Unfallort starben ein 34 Jahre alter Mann und dessen 30 Jahre alte Lebensgefährtin, beide waren bei der Polizei. Zwei Tage später erlag eine 27-Jährige ihren Verletzungen, die Schwester der 30-jährigen Frau.
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Der Vorsitzende Richter Stephan Worpenberg verlas im Prozess drei identische Briefe des Angeklagten an die Hinterbliebenen. „Es tut mir wirklich unglaublich leid, was passiert ist“, heißt es darin. Er bereue das alles zutiefst. Er könne nichts mehr tun, das Leid zu lindern und wünsche sich, die Zeit zurückdrehen zu können. „Niemand sollte so aus der Welt gerissen werden.“
Nebenkläger-Anwalt Atilla A. Aykaç äußerte Zweifel, ob die Schreiben von dem Angeklagten stammten. Sie seien vom E-Mail-Account des Vaters abgeschickt worden. Auf Nachfrage des Gerichts bestätigte der Angeklagte, die Schreiben selbst verfasst zu haben.
„Das sind nicht seine Worte“: Nebenkläger äußerte Zweifel an Briefen des Angeklagten
Als Nebenkläger in dem Prozess treten die Eltern der getöteten Fußgänger und der Mann eines der Opfer auf. Es falle ihm schwer, „diese Kreatur so zu sehen, anteilnahmslos“, sagte der Vater der beiden getöteten Frauen. Auch er äußerte Zweifel daran, dass der Mann die Briefe selbst geschrieben habe: „Das sind nicht seine Worte.“ Das habe der Mann lediglich abgeschrieben.
Der Altenpflegehelfer muss sich wegen eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens verantworten. Nach Ansicht der Kammer kommt für den Tod der drei Fußgänger aber auch eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung in Betracht. Er soll ohne Fahrerlaubnis und unter Einfluss von Drogen gefahren sein. Eine zweite Anklage wirft dem Mann vor, im Mai 2021 – also nach dem tödlichen Vorfall – erneut Auto gefahren sein.
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Am Donnerstag befragte das Gericht bereits mehrere Zeuginnen und Zeugen. Ein Anwohner, der als einer der ersten am Unfallort war, berichtete, dass er zwei der Opfer gesehen habe, eine Frau mit offener Schädelfraktur und starren Pupillen und den Mann, dessen Puls er nicht mehr fühlen konnte. Noch kurz vor ihm sei seine Frau an der Unfallstelle gewesen und habe einen schweren Schock erlitten. Er habe sich dann um den Fahrer gekümmert. „Oh mein Gott, ich habe sie überfahren“, habe dieser wiederholt geäußert und „ich wollte nur Zigaretten holen“. Ein Urteil in dem Verfahren könnte am 22. September fallen. (mp/dpa)
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