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Dieselpreise setzen Fischern zu
  • Die Ostseefischerei ist in schwerer Not, zuletzt auch wegen steigender Dieselpreise – nun ist jedoch Hilfe unterwegs (Archivbild).
  • Foto: picture alliance/dpa | Lars Klemmer

Aufatmen an der Ostsee: Gibt es die erhoffte Rettung?

Die Krise der Ostseefischerei hat sich weiter dramatisch zugespitzt. Sie darf ohnehin 2022 deutlich weniger fangen, um bedrohte Bestände zu schonen. Nun kommen explodierende Energiepreise als Krisenfaktor hinzu. Unterstützung ist jedoch in Sicht.

Denn inmitten der tiefen Krise können die Ostseefischereien auf Hilfen vom Bund und den drei Küstenländern hoffen. Bei kurzfristigen Hilfen geht es um neue und bessere Finanzspritzen für die vorübergehende Stilllegung oder endgültige Abwrackung von Schiffen und neue Regeln, die den Fischern helfen, die drastisch reduzierten Fangquoten besser auszuschöpfen. Das teilte die Staatssekretärin im Berliner Agrarministerium, Silvia Bender, am Freitag in Berlin nach einem „Runden Tisch Ostseefischerei“ mit.

Politik will Ostseefischerei vor der Pleite bewahren

Ihr Ministerium hätte „gern noch etwas draufgelegt“, um den Ostseefischern auch bei den steigenden Energiekosten unter die Arme zu greifen, sagte Bender. Die EU habe dafür Sonderbeihilfen möglich gemacht und das Ministerium habe einen entsprechenden Hilfstopf im Volumen von 10 Millionen Euro zugunsten der Fischer auf Nord- und Ostsee beim Bundesfinanzminister beantragt. „Leider hat uns das Finanzministerium diese 10 Millionen Euro nicht bewilligt“, sagte die Staatssekretärin. „Wir sind jetzt aber weiter dran, das Geld noch zu bekommen“. Gespräche liefen sowohl mit dem Finanzministerium als auch mit den Koalitionsfraktionen von SPD, Grünen und FDP im Rahmen des Haushaltsverfahrens im Bundestag.

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Zudem kündigte die Staatssekretärin die Bildung einer Kommission an, die bis Mitte 2023 längerfristige Perspektiven für die verbliebenen Fischereibetriebe an der Ostsee entwickeln soll. Die seit Jahren schrumpfende Branche leiste einen „wichtigen Beitrag für das gesamte Lebensgefühl an der Ostsee“, habe Verbindungen zum im Norden wichtigen Tourismus und gehöre „auch kulturell absolut zu den Küstenregionen dazu“, sagte Bender. „Wir wollen nicht einfach einen solchen Wirtschaftszweig sterben lassen, sondern wir wollen uns überlegen, wie wir ihn wirklich so aufstellen können, dass er eine Zukunft haben kann.“


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Obwohl ein entsprechendes EU-Programm (EMFAF) voraussichtlich erst gegen Ende des Jahres wirksam wird, sollen die Ostseefischer sofort weitere Mittel für die temporäre Stilllegung und Abwrackung von Schiffen beanspruchen können. Bund und Ländern finanzierten dies aus eigenen Haushalten vor. Zudem werde der Begriff des „Haupterwerbs“ neu definiert, der für den Zugang zu solchen Prämien wichtig ist: „Wir wollen diesen Begriff des Haupterwebs nicht mehr am Haupteinkommen aus der Fischerei definieren sondern die Mitgliedschaft in der Berufsgenossenschaft als Grundlage nehmen“, sagte Bender. Sie sprach von einem „wichtigen Impuls“, damit sich Fischereibetriebe diversifizieren, indem sie sich andere Einnahmequellen neben der Fischerei erschließen.

Finanzspritzen und geänderte Fangquoten für die Ostseefischerei

Als weitere „einmalige Maßnahme“ werden Bender zufolge Änderungen beim Fangquotenmanagement wirksam. Demnach sollen Fangquoten, die durch Abwrackung von Schiffen freiwerden, ausschließlich an Betriebe verteilt werden, die direkt an der Ostsee ansässig sind. „Das trägt auch das Land Niedersachsen mit im Sinne der Solidarität“, sagte Bender. Zudem können Betriebe bis Ende 2022 Fangquoten von verschiedenen Fahrzeugen auf ein Fahrzeug bündeln. „Normalerweise ist die Quote an ein Schiff gebunden und kann bei Stilllegung nicht übertragen werden“, sagte die Staatssekretärin. „Das wollen wir ändern, damit Fischereibetriebe sich effizienter aufstellen können.“

Die EU hatte zuletzt beschlossen, dass in der westlichen Ostsee Dorsch nur noch als Beifang und Hering nur noch in Ausnahmen gezielt gefischt werden darf. Grund hierfür sind die bedrohten Bestände dieser als „Brotfische“ der heimischen Fischerei geltenden Arten. Bender macht den Fischern wenig Hoffnung, dass sich daran kurzfristig etwas ändern wird. „Während wir beim westlichen Hering ganz optimistisch sind, dass das gelingen kann in den nächsten fünf bis sechs Jahren, ist es beim Dorsch wiederum eher schwierig einzuschätzen ob und in welcher Geschwindigkeit die Bestände sich wieder aufbauen.“

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Neben der Coronakrise kamen zuletzt die explodierenden Energiepreise als Krisenfaktor hinzu. „Die Fischerei ist nicht mehr einträglich, sie ist nicht mehr kostendeckend“, sagte Bender. „Aktuellen Zahlen zufolge sind im März 2022 20 Prozent weniger Schiffe in der Ostsee ausgefahren zum Fischen als im Vorjahr, das heißt wir reden jetzt noch über 141 Fahrzeuge, die fahren bei einem Bestand, der bei 175 liegt.“ (dpa/mp)

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