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Spritze
  • Eine Spritze mit Comirnaty-Impfstoff des Herstellers Biontech/Pfizer
  • Foto: (c) dpa

Wegen Termin-Schwänzern: Hamburger Praxis impft Passanten von der Straße

Terminschwänzer und Impfzögerer lösen immer mehr Stress in den Arztpraxen aus. Manche Patienten fahren lieber in den Urlaub, anstatt sich eine Zweitimpfung zu holen. Andere vergessen, wo sie sich überall zum Impfen angemeldet hatten. Inzwischen vergibt eine Hamburger Praxis den übrigen Impfstoff an umliegende Geschäfte und Passanten auf der Straße.

„Wenn die Spritze mit Biontech vorbereitet ist, muss sie innerhalb einer Stunde verimpft werden“, sagt Internistin Freya Vila Jurk zur MOPO. „Wir tun alles, damit keine Impfdosis verfällt. Unsere Wartelisten haben wir abgearbeitet, dann nebenan das Friseurstudio geimpft, den Beautysalon und das Reisebüro.“

Hamburger Praxis: Spontane Impfungen bei Passanten

Letzte Woche waren sogar Mitarbeiter der Praxis auf der Straße und haben Passanten gefragt. Ein junger Mann habe dann den freien Termin erhalten. „Das machen wir auch weiterhin so, wenn Dosen übrig sind“, sagt Vila Jurk. Die Impfung wird in der Praxis dokumentiert und der Geimpfte kann sich dann spätestens zur Zweitimpfung den Aufkleber für den Impfpass abholen.

Dr. Freya Vila Jurk ist Internistin in Eppendorf. hfr
Dr. Freya Vila Jurk ist Internistin in Eppendorf.
Dr. Freya Vila Jurk ist Internistin in Eppendorf.

Impf-Schwänzer setzen Hamburger Praxen unter Druck

Die Gründe für die freien Termine sind vielfältig. „Momentan sagen häufig Patienten ihren Impftermin ab, weil sie in den Urlaub wollen oder ähnliches. Manche haben sich auch auf mehreren Arztlisten eingetragen und wurden schon woanders geimpft, vergessen aber die anderen Termine abzusagen“, sagt die Internistin. „Das setzt uns sehr unter Druck und kostet Stunden an Zeit für die Organisation.“

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Die Suche nach Ersatz-Impfwilligen gestaltet sich aber oft positiv. „Die meisten Menschen, auf die wir zugehen, nehmen die übrigen Impfungen gern an“, so Vila Jurk. Oft ziehe ein Geimpfter andere nach sich, weil sie merken, dass nichts Schlimmes passiert. „Deshalb halte ich es auch für sehr sinnvoll in sogenannten Brennpunkten gezielt mobile Impfteams einzusetzen.“

Hamburg: AstraZeneca bleibt liegen

Sorgen macht der Eppendorfer Praxis auch, wie sie den Impfstoff von AstraZeneca vor dem Ablaufdatum vergeben sollen. „Wegen der plötzlichen Ankündigung zu den Kreuzimpfungen, haben wir jetzt etwa 80 AstraZeneca-Dosen übrig“, so Vila Jurk. Die Impfstoff-Dosen wolle niemand mehr haben und sie laufen wahrscheinlich im Herbst ab. „Wir könnten sie theoretisch an andere Praxen weitergeben, aber die bleiben alle darauf sitzen. Hier sollte die Politik eine andere Lösung finden.“

Sozialbehörde will Impfstoff wohl zurückgeben

„Das Thema, dass die Praxen mit AstraZeneca haben, das haben wir auch“, sagte Hamburgs Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD). Bis vorletzte Woche sei es noch gut gelaufen, seit der neuen StiKo-Empfehlung sei es einfach schwierig geworden dafür zu werben. „Wahrscheinlich werden wir das Angebot des Bundesgesundheitsministers annehmen müssen und etwas zurückgeben. Wie viel das wäre, kann ich noch nicht sagen“, so Leonhard.

Hamburger CDU für Impfungen im Einkaufszentrum

Die Hamburger Sozialbehörde hat bereits den Einsatz mobiler Impfteams in Jobcentern, Bürgerhäusern, Elternschulen, Kirchen und Moscheen angekündigt. Hamburgs CDU-Oppositionsführer Dennis Thering hatte am Wochenende eine weitere Beschleunigung der Corona-Impfkampagne gefordert. Er sprach sich dafür aus, auch in Shopping-Centern Corona-Impfungen ohne Termin anzubieten.

Das Impfen im Einkaufszentrum lehnte Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) in einem „Abendblatt“-Interview ab. Erfahrungen aus anderen Ländern würden zeigen, dass es Probleme gebe, die Menschen mit der notwendigen Zweitimpfung zu erreichen.

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