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Reisende stehen in langen Schlangen im Hauptbahnhof Hamburg am Reisezentrum an, nachdem der Fernverkehr in Norddeutschland zum Erliegen gekommen ist.
  • Verzweiflung und Ratlosigkeit dämpften am Hamburger Hauptbahnhof am Samstagmorgen die Vorfreude auf die Herbstferien.
  • Foto: dpa

Riesen-Chaos zum Ferienstart: Sabotage-Akt legt Bahnverkehr im Norden lahm

Ausgerechnet zum Ferienstart kam es am Samstagmorgen zu einem riesigen Chaos am Hamburger Hauptbahnhof. Aufgrund einer technischen Störung stand der gesamte Fernverkehr im Norden für etwa drei Stunden still. Viele Reisende waren wütend. Ursache für die Störung war Sabotage.

Die Schlange vor dem Reisezentrum der Deutschen Bahn zieht sich einmal quer durch die ganze Wandelhalle im Hamburger Hauptbahnhof. Viele Menschen telefonieren, diskutieren mit Bahnmitarbeitern oder schauen ratlos auf ihr Handy – sie alle hoffen auf eine Mitteilung, wie es weitergeht.

Bahn-Störung: Kein Fernverkehr von und nach Hamburg

Gegen 6.40 Uhr führte eine technische Störung im digitalen Zugfunk zum kompletten Stillstand im Fernverkehr in Norddeutschland. Alle ICE-, IC-, EC- und viele Regionalzüge fallen aus. Schuld ist das „Global System for Mobile Communications – Rail“, kurz GSM-R. „Der GSM-R dient der Kommunikation zwischen den Leitstellen, die den Zugverkehr steuern, und den Zügen und ist damit unverzichtbarer Bestandteil für den reibungslosen Zugverkehr.“

Am Hamburger Hauptbahnhof ist den Menschen egal, woran es liegt, die meisten sind bereits länger hier, als sie sein wollten. In der Wandelhalle herrscht Ärger, Verzweiflung und Resignation. „Da kann man nichts machen“, seufzt ein 63-Jähriger, der in Richtung Stuttgart fahren wollte und eigentlich sieben Stunden Fahrt vor sich hat. „Irgendwie wird es schon klappen“. Andere Fahrgäste sind weniger entspannt, ihnen sieht man an, dass die Pläne für den Samstag und die kommenden Tage gerade über den Haufen geworfen wurden. Am Montag ist in Hamburg Ferienanfang.

Mehrere ICEs wurden als Aufenthaltstzüge ausgewiesen. dpa
„Aufenthaltszug“ steht im Hauptbahnhof Hamburg an einer Anzeigentafel, nachdem der Fernverkehr in Norddeutschland zum Erliegen gekommen ist.
Mehrere ICEs wurden als Aufenthaltstzüge ausgewiesen.

Die Bahn hat derweil ihre Notfallpläne herausgeholt: Vier in den Gleisen stehende ICEs werden als Aufenthaltszüge geöffnet, hier können Wartende im Warmen sitzen. Wie lange? Unklar. Auf allen Zug-Anzeigern steht nur: „unbestimmt verspätet“. Falls die Störung bis in die Abendstunden dauert, würde es Übernachtungsgutscheine für umliegende Hotels geben, auch darauf ist die Bahn vorbereitet.

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Technische Störung: Diese Züge waren betroffen

Dazu kommt es dann glücklicherweise nicht. Gegen zehn Uhr ist die Störung behoben. Das Chaos aber noch nicht. Die Menschen strömen zu den Bahnsteigen, um möglichst schnell vom Bahnhof wegzukommen. Die Zustände erinnern an die Zeiten des 9-Euro-Tickets. Um 10.49 Uhr verlässt als erstes der ICE 509 nach München über Berlin und Erfurt mit einer Verspätung von einer halben Stunde den Hamburger Hauptbahnhof. Er ist stark überfüllt. Zuvor waren gegen 10 Uhr die ersten Nahverkehrszüge wieder gestartet.

Die Schlange am Reisezentrum im Hamburger Hauptbahnhof war zwischenzeitlich 100 Meter lang. picture alliance/dpa/Bodo Marks
Reisende stehen in langen Schlangen im Hauptbahnhof Hamburg am Reisezentrum an
Die Schlange am Reisezentrum im Hamburger Hauptbahnhof war zwischenzeitlich 100 Meter lang.

Von der Störung betroffen war der gesamte Fernverkehr von/nach Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen in/aus Richtung Kassel-Wilhelmshöhe, Berlin und Nordrhein-Westfalen sowie ICE-Verkehr zwischen Berlin, Hannover und NRW. Regionalbahnen in Niedersachsen fielen fast ausnahmslos aus, die Hamburger S-Bahn-Linie 3 konnte nicht mehr zwischen Stade und Neugraben fahren.

Wissing: Sabotage an zwei Standorten

Samstagmittag sprach die Bahn von Sabotage als Ursache der Probleme. „Aufgrund von Sabotage an Kabeln, die für den Zugverkehr unverzichtbar sind, musste die Deutsche Bahn den Zugverkehr im Norden heute Vormittag für knapp drei Stunden einstellen“, sagte eine Sprecherin am Samstag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Die zuständigen Sicherheitsbehörden hätten die Ermittlungen aufgenommen.

„Es war eindeutig eine mutwillige und vorsätzliche Tat“, sagte Verkehrsminister Wissing (FDP). Zu den Hintergründen könne er allerdings noch nichts sagen, das würden die weiteren Ermittlungen der Bundespolizei zeigen. Sicher sei nur: „An zwei Standorten in Deutschland wurden die Kabel durchtrennt.“

Wie der „Spiegel“ berichtet handelte es sich dabei um einen Kabelschacht bei Berlin-Karow, der für den Ausfall des Funk-Kommunikationsnetzes der Bahn gegen 6.40 Uhr sorgte. Auch bei Dortmund wurde kurz davor ebenfalls eine Leitung in einem Kabelschacht festgestellt. Demnach sei es aber noch unsicher, ob die beiden Taten zusammenhängen.

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Auch am Samstagmittag waren noch einige Züge in Folge der Großstörung verspätet. Immerhin: Sie fuhren vereinzelt wieder. Am Hauptbahnhof ist die Lage allerdings immer noch unübersichtlich, die Bahnsteige quellen über, viele Bahnreisenden suchen nach Alternativverbindungen. Die Bahn versprach eine Sonderkulanz: Alle Fahrgäste, die ihre für den 8. Oktober geplante Reise wegen der Zugfunktstörung verschoben haben, könnten ihr bereits gebuchtes Ticket für den Fernverkehr innerhalb der nächsten sieben Tage flexibel nutzen. „Zudem gelten bei Verspätung oder Zugausfall die allgemeinen Fahrgastrechte.“ (el/prei/aba/dpa)

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