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Bei Rot über die Ampel fahren, das kostet ein Bußgeld und gibt Punkte in Flensburg – es gibt allerdings Ausnahmen, urteilte ein Hamburger Gericht.
  • Bei Rot über die Ampel fahren, das kostet ein Bußgeld und gibt Punkte in Flensburg – es gibt allerdings Ausnahmen, urteilte ein Hamburger Gericht.
  • Foto: picture alliance/dpa/Jan Woitas

Radfahrerin fährt bei Rot – Hamburger Gericht gibt ihr Recht

Sie stand und stand – die Ampel wurde nicht Grün. Dann verlor die Hamburger Radfahrerin die Geduld und überquerte die Kreuzung trotzdem – ein Polizeibeamter erwischte sie prompt. Doch war das tatsächlich Vorsatz? Möglicherweise könnte sie sich korrekt verhalten haben, verkündete das Hanseatische Oberlandesgericht.

Es gibt Ampelanlagen, die mithilfe einer sogenannten Bedarfsschleife „merken“, wenn Fahrzeuge ankommen. Dann können sie auf Grün schalten – sonst bleibt es Rot. Nur was ist, wenn man mit einem Fahrrad heranfährt und diese Bedarfsschleife durch das Rad nicht aktiviert wird?

Radlerin fährt über eine rote Ampel – und wird erwischt

So könnte es einer Radlerin im Juli 2022 ergangen sein. Sie wartete mehrere Minuten an einer Kreuzung. Als es einfach nicht Grün wurde, fuhr sie schließlich los. Wenig später trudelte ein Bußgeldbescheid über 100 Euro bei ihr ein wegen vorsätzlichen Rotlichtverstoßes. Die Frau legte Einspruch ein. Sie sei davon ausgegangen, dass die Ampel defekt gewesen sei. Ihr sei weder vorsätzliches noch fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen.

Die Behörde wiederum bestand auf Bezahlung und so ging es vor Gericht. Das Amtsgericht Blankenese verurteilte die Frau in erster Instanz, diese legte wieder Beschwerde ein. Das Hanseatische Oberlandesgericht (OLG) gab der Betroffenen jetzt vorläufig recht.

In diesen Fällen dürfen Radfahrer über Rot fahren

Die Begründung: Sollte tatsächlich eine Funktionsstörung vorgelegen haben, die zu einem dauerhaften Rotlicht führte, sei die Pflicht zum Anhalten nichtig. Das wäre auch der Fall, wenn eine Kontaktschleife vorhanden wäre, diese aber durch ein Fahrrad nicht ausgelöst werden könnte. Dann wäre die Halteanordnung – jedenfalls gegenüber Radfahrenden – ebenfalls nichtig.

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Zwar hätte die Frau dann mit „erhöhter Sorgfalt“ in den Kreuzungsbereich fahren müssen, nach Ansicht des OLG gebe es jedoch keine Anzeichen dafür, dass sie das nicht gemacht habe. Laut Amtsgericht wurden keine anderen Verkehrsteilnehmer gefährdet.

Gericht entscheidet: Rotlicht wurde nicht vorsätzlich überfahren

Sollte die Schleife dagegen auch von Radfahrenden ausgelöst werden können, sei der Verkehrsteilnehmer hier irrtümlich von einer Störung ausgegangen. Dann komme aber zumindest keine „vorsätzliche“ Begehung eines Rotlichtverstoßes in Betracht.

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Im konkreten Fall glaubte die Frau, die Ampel sei defekt. Die Kontaktschleife war ihr nicht aufgefallen. So sei eine Verurteilung wegen eines vorsätzlichen Rotlichtverstoßes ausgeschlossen.

Hätte die Frau auch vom Rad absteigen können?

Allerdings: Nach Ansicht des Amtsgerichts hätte die Frau auch abzusteigen und die Kreuzung mit Hilfe einer auf der rechten Seite befindlichen Fußgängerampel zu überqueren können.

Doch das OLG widersprach auch hier: Die Betroffene habe nicht als Fußgängerin, sondern als Radfahrerin am Verkehr teilgenommen. Radfahrende seien nicht als „qualifizierte Fußgänger“ anzusehen, denen unabhängig von etwaigen straßenverkehrsrechtlichen Anordnungen „nach Belieben angesonnen werden könnte oder müsste, vom Fahrrad abzusteigen und fortan als Fußgänger am Verkehr teilzunehmen“.

Die Sache wurde mit dem OLG-Beschluss jetzt zur erneuten Verhandlung und Entscheidung ans Amtsgericht zurückverwiesen. (dpa/mp)

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