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  • Schwere Sturmflut in der Speicherstadt: Feuerwehrleute retten einen Mann aus seinem Auto.
  • Foto: dpa

„So etwas noch nie erlebt“: Orkan „Zeynep“ überrollt den Norden

Einsätze in Dauerschleife für die Feuerwehren im Norden: Orkantief „Zeynep“ sorgte in Hamburg, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und in Niedersachsen für Überschwemmungen, umgestürzte Bäume und starke Windböen; Letztere erreichten Geschwindigkeiten von knapp 160 km/h. In Hamburg gab es die schwerste Sturmflut seit neun Jahren. An der Nordseeküste starb ein Mann beim Reparieren seines Stalles.

Jede Minute ein Einsatz – so in etwa lässt sich das beschreiben, was die Einsatzkräfte im Norden von Freitagabend bis Samstagmorgen zu bewältigen hatten. In Hamburg waren bis 6 Uhr insgesamt 654 wetterbedingte Einsätze, in Schleswig-Holstein 1700 und auch in Niedersachsen und Meck-Pomm kratzte die Zahl an der Tausender-Marke.

Zahlreiche Einsätze: So wütete Orkantief „Zeynep“ im Norden

In Hamburg erreichte die Elbe am Pegel St. Pauli gegen 5.30 Uhr 3,75 Meter über dem mittleren Hochwasser, wie das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie mitteilte. Damit wurde erstmals seit 2013 eine sehr schwere Sturmflut mit mehr als 3,5 Metern über dem mittleren Hochwasser erreicht.

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Im Bereich HafenCity kam es daher auch zu Überschwemmungen: Wegen des Hochwassers trieben mehrere Autos in dem über die Ufer gelaufenen Elbwasser, wie die Hamburger Feuerwehr über Twitter mitteilte. Die Einsatzkräfte hätten mit einem Schlauchboot zwei Menschen aus einem Fahrzeug gerettet. Sie seien rettungsdienstlich versorgt und dann in ein Krankenhaus gebracht worden.

Sturmflut in der Speicherstadt: Ein Auto blieb im Hochwasser stecken. dpa
Sturmflut in der Speicherstadt: Ein Auto blieb im Hochwasser stecken.

Vielerorts waren es umgestürzte Bäume, um die sich die Feuerwehr kümmern musste: In Harburg stürzte ein Baum auf die Winsener Straße, in Heimfeld einer gegen ein Mehrfamilienhaus – genau wie in Bergedorf – und einer auf die Fahrradstraße nahe der Technischen Universität Hamburg-Harburg (TUHH) an der Denickestraße. Unmittelbar vor der Landesgrenze zu Niedersachsen fiel ein Baum am Ehestorfer Weg in Eißendorf auf drei geparkte Fahrzeuge.

An der Heimfelder Straße in Heimfeld kippte ein Baum gegen ein Wohnhaus. JOTO
An der Heimfelder Straße in Heimfeld kippte ein Baum gegen ein Wohnhaus.
An der Heimfelder Straße in Heimfeld kippte ein Baum gegen ein Wohnhaus.

In Eilbek waren durch die Sturmböen Fassadenteile eines viergeschossen Wohnhauses eingestürzt. „Insgesamt sind im Giebelbereich rund 25 Quadratmeter Mauerwerk abgefallen“, sagte ein Feuerwehrsprecher. Großes Glück hatte ein Kind aus Bahrenfeld: Es war mit einem Fahrrad unterwegs, als ein großer Baum auf den Bahrenfelder Steindamm kippte. „Das Kind wurde nur leicht verletzt“, so der Sprecher weiter. „Zwei Autos wurden von dem Baum getroffen.“

Zwischen 17 Uhr und 24 Uhr rückte die Hamburger Feuerwehr 284 Mal aus, wie hier wegen eines Baumes in Bergedorf, der auf ein Haus gestürzt war. picture alliance/dpa/Daniel Bockwoldt
Zwischen 17 Uhr und 24 Uhr rückte die Hamburger Feuerwehr 284 Mal aus, wie hier wegen eines Baumes in Bergedorf, der auf ein Haus gestürzt war.

Für die Einsatzkräfte in Schleswig-Holstein gab es ganz ähnliche Einsätze zu bewältigen: In Diekhusen-Fahrstedt bei Marne stürzte ein Baum auf das Dach eines Hauses und begrub zusätzlich noch ein Auto unter sich. Kurz darauf brach eine Baumkrone in Averlak (Kreis Dithmarschen) durch Sturmböen ab. Auf der Fehmarnsundbrücke kippten in der Nacht zwei Laster um, ein Fahrer wurde dabei verletzt. Die Brücke war daraufhin mehrere Stunden gesperrt.

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An der schleswig-holsteinischen Nordseeküste lief das Wasser früher in der Nacht und auch weniger hoch auf als in Hamburg. In Dagebüll (Kreis Nordfriesland) und Büsum (Kreis Dithmarschen) gab es mit 2,92 und 2,86 Metern über dem mittleren Hochwasser jeweils eine schwere Sturmflut, die keine großen Schäden verursachten. In vielen Orten wurden die Einsatzkräfte mit Brötchen, Süßigkeiten und Obst überrascht, um ihnen für ihren Einsatz zu danken.

Feuerwehr in Meck-Pomm am Limit: „So etwas haben wir noch nie erlebt“

In Meck-Pomm kamen die Feuerwehren an ihr Limit: „So etwas haben wir noch nie erlebt“, sagte ein Sprecher der Rettungsleitstelle Mecklenburgische Seenplatte. Die Mitarbeiter der Leitstellen hätten zwischenzeitlich auf ihren Computer-Bildschirmen den Umriss des Landkreises nicht mehr erkennen können, weil die Landkarte übersät war mit den Symbolen der aktuell laufenden Einsätze. Hunderte Einsätze hatten die Retter im Landesinneren und an den Ostseeküsten zu bewältigen, allein in Rostock waren es 300. Mehrere Fähren stellten den Betrieb in der Nacht ein.

Auch südlich von Hamburg im Landkreis Harburg und in ganz Niedersachsen ist es dank des Orkantiefs Zeynep zu zahlreichen Einsätzen der Feuerwehr gekommen: Allein im Harburger Bereich mussten die Retter knapp 700 Mal wegen Unwetter-Schäden ausrücken, wie ein Sprecher der Leitzentrale am Samstagmorgen mitteilte. In Aurich an der Nordseeküste waren es 520 und auch in Hannover war die Feuerwehr hunderte Male im Orkan-Einsatz.

In Holvede, angrenzend an die Landkreise Rotenburg und Stade, stürzten zwei Bäume auf die Heidenauer Straße. Da die Straße in einem Waldgebiet liegt und sie von weiteren Bäumen gesäumt ist, entschied die Feuerwehr, die umgestürzten Bäume mit einem Traktor auf ein Feld zu ziehen. „Das war ungefährlicher“, erklärte der Sprecher. In Tostedt löste sich Dachverkleidung eines Geschäftsgebäudes und fiel beinahe auf den Gehweg. Retter entfernten das abhängende Konstrukt. Verletzt wurde dabei niemand. Erst später soll sich laut Polizei ein Feuerwehrmann bei Aufräumarbeiten in Tostedt verletzt haben.

Niedersachsen: Mann will Dach trotz Sturms reparieren und stirbt

Großes Glück hatten zwei Autofahrer: Sie waren in der Nacht auf der A7 zwischen Thieshope und Garlstorf mit einem auf die Fahrbahn gestürzten Baum kollidiert. Der Leitzentralen-Sprecher: „Es wurde dabei niemand verletzt.“ Weniger Glück hatte ein Mann aus der Gemeinde Wurster Nordseeküste (Landkreis Cuxhaven): Laut Polizei war der Mann auf das Dach eines Stalles geklettert, um es zu reparieren – trotz des Sturms. Das Dach brach ein, er stürzte zehn Meter in die Tiefe. Rettungskräfte konnten nur noch seinen Tod feststellen.

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Der Deutsche Wetterdienst (DWD) hatte am Vorabend und in der Nacht Windstärken zwischen 9 und 11 gemessen. Dies sorgte auch für diverse auf Bahnabschnitte umgekippte Bäume. Die Deutsche Bahn und andere Dienstleister wie Nordbahn, Metronom und AKN Eisenbahn GmbH hatten bereits am Freitagnachmittag oder am frühen Abend den Zugverkehr im Norden ganz oder teilweise eingestellt. Einschränkungen und Ausfälle gab es bei der Hamburger U-Bahn, bei den S-Bahnen und auch im Bus-Betrieb, vor allem wegen der Überschwemmungen im Hafen-Bereich. Die Lage normalisierte sich erst am am Samstagmorgen wieder, wie eine Hochbahn-Sprecherin gegen 7 Uhr sagte.

Am Hamburger Flughafen hielten sich die Auswirkungen des Orkantiefs „Zeynep“ in Grenzen. Es seien nur wenige Flüge im Vorwege gestrichen worden, sagte eine Sprecherin. Am Samstagmorgen fielen dann mehrere Abflüge aus.

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