Ermittler der Mordkommission am Tatort.

Ermittler der Mordkommission am Tatort an der Kandinskyallee in Billstedt. (Foto: Marius Röer)

Vier Menschen an einem Wochenende niedergeschossen – aber keine Festnahme

Es war ein Wochenende voller Gewalt in Hamburg: Vier Menschen wurden angeschossen und teils schwer verletzt. Ein 20-jähriger Mann starb. In allen Fällen hat es noch keine Festnahmen gegeben, die Täter sind weiterhin auf freiem Fuß. Die Polizeigewerkschaft warnt vor den Folgen der eskalierenden Gewalt.

Der Tod von Eldin B. aus Billstedt hat am Wochenende für Schlagzeilen gesorgt. Der 20-Jährige wollte am Samstagabend einem Freund beistehen und wurde auf offener Straße erschossen. Er starb, obwohl er selbst offenbar nichts mit dem Streit zu tun hatte. Sein Freund wurde verletzt, die Täter sind auf der Flucht. Die Polizei ermittelt.

In Hamburg-Mitte und Wandsbek wird am meisten geschossen

Nur einen Tag nach der tödlichen Schießerei in Billstedt ereignete sich in einer Bar in Wilstorf ein weiterer Vorfall. Ein 27-jähriger Mann wurde am späten Sonntagabend im Umfeld der Bar mit lebensgefährlichen Schussverletzungen aufgefunden. Ein weiterer Mann, ein 47-jähriger, erlitt ebenfalls Schussverletzungen.

Auch hier konnten der oder die Täter fliehen. Die Bar an der Straße Reeseberg ist der Polizei bereits aus vorherigen Einsätzen bekannt. Erst vor ein paar Wochen wurden dort illegale Glücksspielautomaten sowie Kokain gefunden. Ein Verbindung zum Drogenmilieu wird beim jüngsten Fall geprüft.

Die Ermittler sicherten vor und in der Bar Spuren. Blaulicht-News.de
Die Ermittler sicherten vor und in der Bar Spuren.
Die Ermittler sicherten vor und in der Bar Spuren.

Die Gewaltkriminalität in Hamburg hat im Vergleich zum Vorjahr deutlich zugenommen. Besonders besorgniserregend ist der Anstieg der Delikte mit Schusswaffen. Von Januar bis September 2024 wurden 241 solcher Straftaten registriert – ein Plus von 22,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. In 107 Fällen wurde mit einer Waffe gedroht, in 134 Fällen kam es tatsächlich zu Schüssen – ein drastischer Anstieg von 55,8 Prozent. Besonders betroffen sind die Bezirke Hamburg-Mitte und Wandsbek, wo die Zahl der Schussvorfälle um 70,2 beziehungsweise 25 Prozent stieg.

Ermittler spricht von umgebauten Schreckschusswaffen

Aus Ermittlerkreisen erfuhr die MOPO, dass die Täter häufig illegal beschaffte Waffen für ihre Taten verwenden. Ein Ermittler berichtete zudem, dass Schreckschusswaffen mit einfachen Mitteln zu scharfen Schusswaffen umgebaut werden und dadurch tödlich sein können. Sowohl diese umgerüsteten als auch von vornherein scharfe Waffen kommen immer häufiger zum Einsatz. Die Hemmschwelle, einen Kontrahenten damit zu verletzen oder sogar zu töten, sinkt drastisch – ein Trend, der sich auch in den alarmierenden Zahlen widerspiegelt.

Horst Niens, Hamburger Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, warnt eindringlich vor den Folgen der eskalierenden Gewalt. „Die Polizei, die Staatsanwaltschaft und auch die Gerichte sind seit Jahren bekanntermaßen überlastet. Das führt zu einer sehr hohen Länge der Ermittlungs- und Verfahrensdauer. Das wiederum wirkt sich auf die Täter so aus, dass sie sich aufgrund der Dauer, in der scheinbar nichts passiert, in Sicherheit wiegen und ihren kriminellen Handlungen weiter nachgehen.“

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Er kritisiert scharf, dass Ersttäter häufig milde Strafen erhalten und die lange Verfahrensdauer Wiederholungstaten begünstigt. „Das muss aufhören“, fordert er. Auch Hamburgs Justizsenatorin Anna Gallina (Grüne) sieht Niens in der Verantwortung: „Die Staatsanwaltschaft muss in Hamburg endlich so aufgestellt werden, dass Verfahren in einer angemessenen Zeit bearbeitet werden können. Hier gibt es derzeit in Hamburg erhebliche Defizite, die sich auf die Sicherheit in Hamburg auswirken.“

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