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Auch in der Elbphilharmonie werden beim Harbour-Front-Festival wieder einige Autorinnen und Autoren erwartet.
  • Auch in der Elbphilharmonie werden beim Harbour-Front-Festival wieder einige Autorinnen und Autoren erwartet.
  • Foto: picture alliance/dpa/Christian Charisius

Nach Eklat: Nächste Klatsche für Hamburgs Literaturfestival

Der nächste große Schlag für das Harbour-Front-Festival – eins der größten Literaturfestivals des Landes, das am Donnerstag in Hamburg startet: Nach der aufsehenerregenden Absage des Nachwuchs-Schriftstellers Sven Pfizenmaier hat auch die Autorin Franziska Gänsler ihre Teilnahme kurzfristig abgesagt.

„Ich hätte gern auf dem Harbour-Front-Festival in Hamburg gelesen“, ließ die 35-Jährige am Mittwoch über ihren Verlag mitteilen. Doch auch ihre Nominierung für den Klaus-Michael-Kühne-Preis zog sie zurück – was war passiert?

Harbour-Front-Festival: Nächste Absage wegen Kühne

Vor einer Woche hatte der Berliner Autor Sven Pfizenmaier bekannt gegeben, aufgrund der Nazi-Vergangenheit der Familie Kühne nicht mehr am Festival teilzunehmen und auch den Preis nicht zu wollen. Dieser wird von einer Jury für das beste literarische Debüt des Jahres vergeben und ist mit 10.000 Euro dotiert. „Da sich Klaus-Michael Kühne aktiv dagegen wehrt, die NS-Historie seines Unternehmens aufzuarbeiten, möchte ich meinen Text nicht in einen Wettbewerb um sein Geld und eine Auszeichnung mit seinem Namen stellen“, schrieb er in einem offenen Brief.

Diese Entscheidung und die darauf folgenden Reaktionen haben Gänsler, die ihren Debüt-Roman „Ewig Sommer“ einem breiten Publikum vorgestellt hätte, bewegt. „Ich denke, es hätte einen öffentlichen Diskurs gebraucht, der ein Ernstnehmen seiner Kritik erkennbar macht und zeigt, dass es das Anliegen der Stiftung ist, genau das zu fördern – kritische literarische Stimmen“, sagt sie. „Leider zeigt die Reaktion für mich, dass dies nicht gegeben scheint.“ Die Kühne-Stiftung hatte lediglich davon gesprochen, Pfizenmaiers Nominierungs-Rückzieher zur Kenntnis genommen zu haben.

Harbour-Front-Festival Hamburg: Kühne stiftet Preis

„Unter diesen Umständen weiter auf die Auszeichnung zu hoffen erscheint mir, unabhängig von der finanziellen Komponente, wie ein Wegsehen, das ich nicht gut mit mir und meinem Schreiben vereinbaren kann“, fasst die Nachwuchs-Autorin ihre Entscheidung zusammen. Sie ziehe ihre Nominierung ebenfalls zurück.

Klaus Michael-Kühne gehört zu den reichsten Menschen der Welt mit einem geschätzten Privatvermögen von 14,2 Milliarden US-Dollar. Seine Kühne-Stiftung fördert unter anderem das Harbour-Front-Festival. Während der Nazi-Zeit drängten Kühnes Vater Alfred und sein Bruder Werner unter anderem einen jüdischen Teilhaber aus der Firma, der später in Auschwitz ermordet wurde. Anschließend verdiente das Unternehmen mit Nazi-Aufträgen ein Vermögen. Darüber will Kühne aber selten große Worte verlieren.

Nach zwei Absagen: Harbour-Front-Festival äußert sich

Gründe für Sven Pfizenmaier und jetzt auch Franziska Gänsler, ihre Nominierung für den Klaus-Michael-Kühne-Preis zurückzuziehen. Auf sie folgt der Tübinger Benjamin Heisenberg mit seinem Werk „Lukusch“.

Auch ein weiterer Autor, der für den Preis nominiert ist, hat sich mittlerweile kritisch zu Wort gemeldet. Domenico Müllensiefen wird zwar weiter am Harbour-Front-Festival teilnehmen, seinen Gewinn aber zu einem „beträchtlichen Teil” an einen Verein spenden, der Opfer rechter Gewalt betreut, wie er der „Zeit” sagte. Er griff Kühne und seinen Einfluss in der „Zeit” frontal an: „Warum lassen wir es als Gesellschaft überhaupt zu, dass sich Milliardäre so verhalten können, wie Kühne es tut? Der Mann lebt in der Schweiz, zahlt praktisch keine Steuern in Deutschland. Das erscheint mir problematischer, als dass er seinen Namen auf einen Preis schreiben und diesen, wohlgemerkt sehr professionell, organisieren lässt.“

Die Festival-Leitung bedauert die beiden Absagen, habe für die Beweggründe aber Verständnis. „Auch wir sehen Diskussionsbedarf in dieser Angelegenheit“, heißt es auf der Website.

Allerdings „besteht unsere Aufgabe jetzt darin, das Festival und insbesondere den Debütantensalon durchzuführen, um Autorinnen und Autoren das Forum zu bieten, das ihnen zusteht“, steht dort weiter. „Wir hoffen, dass es trotz der gegenwärtigen Diskussion gelingt, die Literatur für die Zeit des Festivals in den Mittelpunkt zu rücken.“

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