Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD)
  • Ist Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Wahrheit ein genialer Stratege?
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Panzer-Deal: Ist Scholz in Wahrheit ein genialer Stratege?

Wochenland hat Bundeskanzler Olaf Scholz die Öffentlichkeit im Unklaren gelassen. Eine Entscheidung darüber, ob Deutschland den Kampfpanzer „Leopard II” an die Ukraine liefere, zögerte er quälend lange raus. Feigheit, Entscheidungs- und Führungsschwäche wurden ihm vorgeworfen. Er verspiele Deutschlands Ansehen im befreundeten Ausland, opfere ungezählte ukrainische Soldaten in einem blutigen Abnutzungskrieg, weil er denen eine wirksame Waffe vorenthalte. Es gab massive Kritik nicht nur aus der bedrängen Ukraine, sondern auch aus Polen, von westlichen Nachbarn und auch von wichtigen deutschen Leitmedien.

Und Scholz selbst? Er schwieg und schwieg, ließ seinen Regierungssprecher Allgemeinplätze absondern, legte seinen neuen Verteidigungsminister an die Leine und pfiff die Außenministerin zurück, als die eine positive Entscheidung durchblicken ließ. Der Kanzler kultivierte seine Rolle als personalisiertes Kommunikations-Desaster. Ein großer Kommunikator war er ja nie – oder selten.

Olaf Scholz: „Es ist wirklich Krieg in Europa”

Jetzt dann endlich doch die Entscheidung, der Ukraine die gewünschten, ja ersehnten Kampfpanzer aus deutschen Waffenschmieden zu schicken. Und endlich auch ein Olaf Scholz, der am Mittwoch vor dem Bundestag sein langes Lavieren erklärte. „Es ist wirklich Krieg in Europa.” Deshalb müsse „bei allem, was wir tun” jede Eskalation verhindert werden. Da gebe es „keine mathematischen Gewissheiten”, sondern man müsse sich „Stück für Stück” voranarbeiten. Es wäre „ein schlimmer Fehler, voranzugehen, alleine zu marschieren.” Richtig bleibe das Prinzip, „dass wir diese Waffen niemals alleine zur Verfügung stellen”, sondern nur im Verbund vor allem mit dem wichtigsten und mächtigsten Partner, den USA.

Der Autor: Christoph Lütgert war Rundfunk-Korrespondent beim NDR, Erster Reporter beim ARD-Politik-Magazin „Panorama“ und 17 Jahre lang Chefreporter Fernsehen beim NDR. Er schreibt als Gastkommentator für die MOPO. Privat / hfr
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Der Autor: Christoph Lütgert (geb. 1945) war Rundfunk-Korrespondent beim NDR, Erster Reporter beim ARD-Politik-Magazin „Panorama“ und 17 Jahre lang Chefreporter Fernsehen beim NDR. Lütgert wurde wegen seiner sozialkritischen Reportagen mehrfach mit Preisen ausgezeichnet. Er schreibt regelmäßig als Gastkommentator für die MOPO.

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Im Klartext bestätigte Scholz damit, dass ihm eine frühere Aufforderung von US-Präsident Biden, den „Leopard” an die Ukraine zu liefern, nicht genügte. Er verlangte, dass auch Amerika seinen schweren Kampfpanzer „M1 Abrams” an die Front schickt. Und erst als aus Washington die Zusage kam, gab der Kanzler grünes Licht für den deutschen Kampfpanzer. Verdoppelung der Wirkung auf Russland, Halbierung des Risikos für Deutschland – so könnte man die Scholz’sche Formel nennen.

Panzerlieferung: USA liefert ebenfalls

Und noch ein wichtiges Ergebnis, das eine der klügsten Journalistinnen in Deutschland, Ulrike Herrmann von der „taz”, vielleicht als erste erkannte. Die Ukraine bekommt jetzt mehr, als wenn der Kanzler ihrem Drängen früher nachgegeben hätte. Schon viele Stunden vor der Scholz-Erklärung erläuterte sie bei „Markus Lanz” im ZDF, worauf sie hinaus wollte: Der Kanzler habe „sein Ziel erreicht. Denn wie es aussieht, wird auch Amerika mit eigenen Panzerlieferungen nachziehen. Das ist ein sensationeller diplomatischer Erfolg.” Talkmaster Markus Lang schnappte nach Luft: „Finden sie das wirklich?” Antwort Ulrike Herrmann: „Das Ergebnis der Scholz-Diplomatie ist doch, dass am Ende in der Ukraine mehr Waffen sind, als da je gewesen wären. Das ist doch sensationell.”

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So kann oder muss jetzt jede(r) für sich entscheiden: Ist Olaf Scholz der entscheidungsschwache Zauderer, der die Ukraine vielleicht sogar untergehen ließe; oder ist er der taktisch gewiefte Stratege, der für die Ukraine mehr Beistand organisiert hat, als Präsident Selenskyi sich selbst hat träumen lassen.

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