Lars Klingbeil im MOPO-Interview: „Die SPD ist keine pazifistische Partei“
SPD-Parteichef Lars Klingbeil war am Wochenende zu Besuch auf der Kreisdelegiertenkonferenz der SPD Hamburg-Nord. Die MOPO hat ihn am Rande der Veranstaltung getroffen und gefragt, warum es in Sachen Panzerlieferungen nicht vorangeht.
SPD-Parteichef Lars Klingbeil war am Wochenende zu Besuch auf der Kreisdelegiertenkonferenz der SPD Hamburg-Nord. Die MOPO hat ihn am Rande der Veranstaltung getroffen und gefragt, warum es in Sachen Panzerlieferungen nicht vorangeht.
MOPO: Sie haben gesagt, es gibt keine roten Linien bei der Unterstützung der Ukraine. Warum nutzt man dann die Ausrede, dass man erst den Bestand an Leopard-Panzern prüfen muss, bevor man liefert?
Lars Klingbeil: „Wir haben seit dem 24. Februar nie rote Linien gezogen. Bundeskanzler Olaf Scholz ist es wichtig, dass wir uns im internationalen Bündnis abstimmen. Wir haben gebrochen mit dem bisherigen Prinzip: ‚Keine Waffenlieferungen in Kriegsgebiete‘. Deutschland ist mittlerweile der drittgrößte Waffenlieferant mit den USA und Großbritannien. Klar ist auch: Bevor eine Entscheidung zu den Kampfpanzern fällt, brauchen wir eine Übersicht darüber, was in der Bundeswehr und der Industrie verfügbar ist. Es ist richtig, dass Verteidigungsminister Boris Pistorius das angewiesen hat. Das ist eine sehr wichtige Entscheidungsgrundlage.“
Das heißt also, Christine Lambrecht hatte keinen Überblick über ihr Ministerium?
„Boris Pistorius ist seit wenigen Tagen im Amt und es ist richtig, dass er sich einen Überblick verschafft. Wir haben die letzten Tage aber auch gesehen, dass einige Industrievertreter behaupten, es könnten 2023 gar keine Leopard-Panzer aus dem Bestand der Industrie geliefert werden, andere sagen das Gegenteil. Das verwirrt und muss geklärt werden. Wir können nur auf Grundlage von Fakten Entscheidungen treffen.“
Das könnte Sie auch interessieren: Geheimes Protokoll: Scholz soll erneut in Hamburg zum Cum-Ex-Skandal aussagen
Wie ist es für eine Partei mit pazifistischer Tradition, so eine Kehrtwende in Sachen Waffenlieferungen hinzulegen?
„Ich würde die SPD nicht als pazifistische Partei bezeichnen. Wir sind hier in der Stadt von Helmut Schmidt. Er hat militärische Stärke immer als Kehrseite von Diplomatie gesehen. Beides gehört ganz in seinem Geiste zusammen und das ist der Kurs, den auch Bundeskanzler Olaf Scholz vertritt und wir als Partei zu 100 Prozent unterstützen. Wir leiten mit dem Sondervermögen von 100 Milliarden Euro die Kehrtwende bei der Bundeswehr ein. Und setzen auch auf diplomatische Gespräche, um die Weltgemeinschaft gegen Putins Krieg zu versammeln. Bundeskanzler Olaf Scholz hat das zum Beispiel beim G20-Gipfel in Bali oder beim chinesischen Staatspräsidenten getan. Das klare Bekenntnis Chinas gegen die atomare Bedrohung durch Putin war ein Erfolg in diesen außen- und sicherheitspolitisch schwierigen Zeiten.“