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Eine schwangere Mutter macht einen Liegestütz mit einem Kleinkind auf dem Rücken.
  • Viele Mütter sind bärenstark. Und viele Väter noch immer ziemlich abwesend. (Symbolbild)
  • Foto: imago/Cavan Images

Am Hipster-Stammtisch mit Baby vorm Bauch auf Lindner schimpfen – das reicht nicht!

Tulpen, pastellige Kämpferfaustsymbolik, dazu floskelhafte Slogans: Heute ist Weltfrauentag! Da wird angeprangert und gefordert, bis die Leitungen glühen. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht – aber mich macht die alljährliche Worthülsen-Hymne, mit der hierzulande die Gleichberechtigung gefordert wird, ziemlich müde. Denn ganz so einfach ist es eben nicht.

Dabei ist der 8. März historisch betrachtet und mit Blick auf die Weltlage absolut wichtig. Jeder sollte heute mal kurz innehalten und sich vergegenwärtigen, dass Frauen in vielen Teilen der Welt auch im Jahr 2024 absolut nichts zu melden haben, unterdrückt, verfolgt und wie Dreck behandelt werden. Vor diesem Hintergrund müsste eigentlich jeder Tag Weltfrauentag sein.

Am 8. März ist Weltfrauentag

Es gibt noch so viel zu tun, wir in Deutschland sind da schon weit. Und doch noch so weit entfernt von echter Gleichberechtigung. Da reicht ein Blick in die Statistiken. Oder auch einfach der Blick in das private Umfeld – oder wer hat bei Ihnen nach der Geburt der Kinder in Teilzeit gearbeitet? Wer wird später mehr Rente beziehen? Wer plant die Kindergeburtstage, sorgt für Windelnachschub, geht zum Kita-Elternabend? Verzichten wir also auf die Schnittblumen und nehmen wir das Ganze in die Hand!

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Auch heute wird wieder viel von DER Politik und DER Gesellschaft die Rede sein. Die Politik müsse Voraussetzungen schaffen, die es Frauen ermöglichten, ihr Leben „finanziell unabhängig“, „eigenständig“ und „selbstbestimmt“ zu führen, heißt es dazu zum Beispiel auf der Seite des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Klingt ja erst mal nicht verkehrt. Stimmt ja auch.

Gesetze allein bringen nicht mehr Gleichberechtigung

Wir – und damit meine ich Frauen wie Männer – sollten dabei aber unbedingt der Versuchung der Selbstentmündigung widerstehen. Natürlich ist es leichter, am Hipster-Stammtisch mit Säugling vor den Bauch gebunden den modernen Superdad raushängen zu lassen und auf Christian Lindners familienfeindliche Sparpolitik zu schimpfen. Nur um dann vier Wochen nach der Geburt wieder entspannt fünf Tage die Woche im Büro zu verschwinden.

Weniger bequem, aber trotzdem nicht förderlicher ist es, die Härten der Care-Arbeit anzuprangern, um dann aber doch nicht den eigenen Partner in die Pflicht zu nehmen. Wir müssen voneinander einfordern und gegenseitig liefern! Es nervt. Es ist mühsam. Aber leider ist es alternativlos.

Denn schaut man sich den Status quo in Deutschland an, muss man festhalten, dass selbst Gesetze allein uns nicht ans Ziel bringen werden. Selbst dort, wo die Politik für Familien liefert, sieht es nicht gerade rosig aus mit der Gleichberechtigung.

Elternzeit: Aufteilung ist reine Privatsache

Nehmen wir das Beispiel Elterngeld. Wer nach der Geburt sein Kind betreut, bekommt Geld vom Staat – egal, ob Frau oder Mann. Eine gute Möglichkeit, um den Nachwuchs die ersten Monate eng zu begleiten. Klar, mehr könnte es immer sein. Viele europäische Länder bieten diese Unterstützung aber gar nicht oder nur in deutlich abgespeckter Version an. Deutsche Familien stehen diesbezüglich also gar nicht mal so schlecht da. Für die Gleichberechtigung heißt das allerdings erst mal gar nichts – die Zahlen sprechen da für sich.

Beantragten deutsche Frauen im Jahr 2022 im Schnitt 14,6 Monate Elternzeit, kamen Männer nur auf 3,6 Monate Elternzeit. Babybetreuung ist also noch immer in erster Linie Frauensache, die Entscheidung, wie genau der Elterngeldkuchen aufgeteilt wird, wiederum reine Privatsache. Wer hier darauf wartet, dass Politiker an der Rollenverteilung rütteln, gibt die Verantwortung ab, lehnt sich zurück. Und wartet vergeblich.

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Gesellschaftliche Veränderung beginnt leider nicht allein am Schreibtisch von Familienministerin Lisa Paus (Grüne) oder dann, wenn Finanzminister Christian Lindner (FDP) ausnahmsweise mal einen guten Tag hat. Sie beginnt am Frühstückstisch. Sie beginnt in unseren Köpfen. Und muss von dort in unseren Alltag übergehen. Und wenn das passiert ist, können wir es wirklich schaffen mit den strukturellen Veränderungen.

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