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Ankerkraut Filiale
  • Der Hamburger Gewürzhändler Ankerkraut, hier eine Kölner Filiale im Jahr 2020, wurde von dem Schweizer Lebensmittelkonzern Nestlé übernommen.
  • Foto: imago/Beautiful Sports

Ankerkraut-Shitstorm: Kocht einfach ohne Firlefanz!

Das Hamburger Gewürze-Start-up Ankerkraut erlebt derzeit medial einen satten Shitstorm. Nach der Übernahme von Nestlé gehen Kunden und Influencer, die als Ankerkraut-Werbeträger Geld verdienen, auf die Barrikaden. Ich kann die Empörung verstehen, denn Nestlé gehört zu den Konzernen weltweit, der wie kaum ein anderes Lebensmittelunternehmen für Ausbeutung von Ressourcen und Menschen steht. Aber warum drehen die Leute bei einer Gewürze-Firma plötzlich so am Rad?

Natürlich geht es hier in erster Linie um Geld – für Ankerkraut. Und um das drohende Ende zahlreicher Privat-Koch-Karrieren in Deutschland. Denn wer sein Rührei nicht mehr ohne entsprechende Gewürzmischung herstellen kann, der sollte lieber die Küche meiden.

Ein Gewürze-Glas mit Korken macht niemanden zum Koch

Meersalz, schwarzer Pfeffer, Paprika edelsüß, Knoblauch, Rohrzucker, Zwiebel, Sellerieknolle, Koriander und möglicherweise Spuren von Senf – das steht auf der Zutatenliste einer von Dutzenden Gewürzmischungen von Ankerkraut. In diesem Falle „Magic“, also etwas ganz Besonderes. Dazu bekommt man eine Verzehrempfehlung vom Unternehmen. Bei dem Zaubergewürz steht: nach Bedarf. Wow, ein Alleskönner. 100 Gramm kosten dann auch „nur“ 4,49 Euro (gibt auch deutlich teurere Gewürzmischungen in dem Online-Shop). Dafür bekommt man die rötlich-orange Mixtur, ein kleines Glas mir Korken und das Gefühl, ein hipper Koch zu sein, der seinem Essen einen zeitgemäßen Anstrich verleiht.


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Über den Geschmack kann ich an dieser Stelle nichts sagen, denn ich habe es noch nicht probiert. Ich schaue nur mit Erstaunen darauf, wie sich seit einigen Jahren Gewürzehersteller zu Lifestyle-Unternehmen entwickelt haben. Ich liebe Gewürze. Jedes für sich. Einige mehr, auf andere (Kümmel!) kann ich gut verzichten. Beim Kochen sind Gewürze unabdingbar, logisch. Aber warum zur Hölle können so viele Leute (gefühlt) nicht mehr ohne meist völlig überteuerte Mischungen kochen?

Bei Ankerkraut kann Salz schnell super teuer werden

Spannend ist auch die Auswahl an Salzen. Neben gemischten Varianten gibt es auch hier eine Palette, die mich sprachlos macht. Salz ist zwar nicht gleich Salz, weil es natürlich Flocken gibt, die zart bröseln und sich anders dosieren lassen, Salz mit Schwefelanteil, das etwas nach Ei schmeckt, aber der Grundstoff ist halt eigentlich gleich – ob aus dem Meer oder dem Bergwerk. Es ist Salz. Kann aber ziemlich teuer sein und unnötig CO2 produzieren. Wenn es beispielsweise grünlich ist und aus Hawaii eingeflogen wird, kosten 100 Gramm bei Ankerkraut 7,49 Euro. Ist es rosa und aus Pakistan, wird es etwas günstiger (4,99 Euro).

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Für wirklich jeden Anlass gibt es eine Auswahl bei Ankerkraut. Übrigens auch bei anderen Anbietern, denn die Hamburger sind mit ihrem Angebot natürlich nicht alleine auf dem Markt. TV-Koch Alfons Schuhbeck hat vor Jahren damit begonnen, betrieb sogar ganze Shops – einen davon in der Mönckebergstraße. Er füllte die Gewürze allerdings nicht ganz so schick ab…

Ganz ehrlich: Wer sich jetzt von Ankerkraut abwendet, weil die ach so hippe Marke mit Nestlé zusammengeht, sollte seine Küchenschränke mal nach Produkten von Nestlé samt aller Tochterfirmen durchsuchen – da findet sicher jeder einiges –, sich dann einfach mal ernsthaft mit Kochen beschäftigen. In jedem Supermarkt lässt sich für 20 bis 30 Euro ein solider Grundstock an Gewürzen kaufen, mit dem man wunderbar monatelang zurechtkommt. Ganz ohne Firlefanz, einfach kochen.

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