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Rund 2400 Menschen folgten am Samstag dem Demo-Aufruf von „Muslim Interaktiv“.
  • Rund 2400 Menschen folgten am 11. Mai dem Demo-Aufruf von „Muslim Interaktiv“.
  • Foto: Marius Röer

Islamisten fordern auf Demo erneut das Kalifat – nur nicht für Deutschland

„Die gesamte Nation kennt meinen Namen“, ruft Joe Adade Boateng (25) in das Mikrofon. Seine Stimme klingt erbost. Als wäre dem Mann, der in diesem Moment vor Tausenden spricht, die selbstgewählte Aufmerksamkeit gar nicht recht. Doch bei diesem Widerspruch sollte es am Samstag bei der zweiten Demonstration von „Muslim Interaktiv“ nicht bleiben. Die Gruppe bemühte sich bereits im Vorfeld nach Kräften, ein Opfernarrativ aufzubauen und führte dies bei der Kundgebung auf dem Kreuzweg (St. Georg) konsequent fort. Eine Strategie, die aufgegangen sein könnte – die Demo verzeichnete einen regen Zulauf.

Die Veranstalter lassen sich Zeit. Erst mit einer halbstündigen Verspätung startet gegen 16.30 Uhr die „Demo gegen Zensur und Meinungsdiktat“, zu der die Gruppe „Muslim Interaktiv“ aufgerufen hatte – die zweite Kundgebung binnen zwei Wochen. Dafür hatten sich laut Polizeiangaben rund 2400 Teilnehmer, fast ausschließlich junge Männer, auf dem Kreuzweg eingefunden. Im April waren bloß 1100 Menschen zum Steindamm gekommen.

Hamburg: Islamisten von „Muslim Interaktiv“ fordern erneut das Kalifat

Die Versammlungsbehörde hat die Durchführung der Kundgebung an strenge Bedingungen geknüpft. So sind Forderungen nach einem Kalifat in Deutschland ebenso verboten wie Aufrufe zu Hass oder Gewalt. Das Existenzrecht Israels darf nicht infrage gestellt werden und keine israelischen Flaggen verbrannt oder beschädigt werden.

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Eine Trennung der Versammlungsteilnehmer nach Geschlecht, wie es Ende April geschah, verbot die Behörde ebenfalls. Einen Frauenblock sucht man am Samstag vergeblich. Bis auf eine Handvoll Frauen, die am Rand stehen, sind ausschließlich Männer gekommen. Ordner schirmen den Teilnehmerblock vor Fotografen und Kameraleuten ab.

Joe Adade Boateng (25) war der einzige Redner während der Veranstaltung. Widerspruch zu seiner Gruppierung tat er als Hass auf den Islam ab. Marius Röer
Joe Adade Boateng (25) war der einzige Redner während der Veranstaltung. Widerspruch zu seiner Gruppierung tat er als Hass auf den Islam ab.
Joe Adade Boateng (25) war der einzige Redner während der Veranstaltung. Widerspruch zu seiner Gruppierung tat er als Hass auf den Islam ab.

Es werden Schilder verteilt, auf denen „Zensiert“ und „Verboten“ steht. Dann folgt der Auftritt des Mannes, auf den alle gewartet haben. Joe Adade Boateng, genannt Raheem, betritt die Bühne. „Wir haben gewagt, unsere Meinung kundzutun“, ruft Boateng mit Blick auf die erste Demo am 27. April. Was man seither an Reaktionen erlebt habe, sei durch nichts anderes getrieben, als der Hass auf den Islam.

Boateng wirft Medien die Verbreitung von Gerüchten vor

Der Frontmann von „Muslim Interaktiv“ beteuert, man habe nicht ein Kalifat für Deutschland gefordert, sondern lediglich für den Nahen Osten. Alles andere seien „Gerüchte“, die die Medien verbreitet hätten. Dass die Islamisten im April noch den Sturz einer angeblichen „Wertediktatur“ forderten, und man den Westen nach der erfolgreichen Errichtung des Kalifats „zur Rechenschaft“ ziehen wollte, unterschlägt er.

Eine Gegendemonstrantin machte mit einem Plakat ihre Ablehnung deutlich. Marius Röer
Eine Gegendemonstrantin machte mit einem Plakat ihre Ablehnung deutlich.
Eine Gegendemonstrantin machte mit einem Plakat ihre Ablehnung deutlich.

Nach einer halben Stunde ist die Demo schon wieder beendet, die Teilnehmer entfernen sich. Die Polizei hält sich während der ganzen Zeit im Hintergrund. Gegendemonstranten sind nur vereinzelt zu sehen. Eine Kleingruppe von Pro-Israel-Demonstranten steht nach Ende der „Muslim Interaktiv“-Demo noch kurz auf dem Steindamm, löst sich dann aber auch auf.

„Die Polizei hat auch heute hervorragende Arbeit geleistet und die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Umfeld der Demonstration sichergestellt“, sagt der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Sören Schumacher. Die Einhaltung der Auflagen sei konsequent durchgesetzt worden. „Wer wie CDU-Fraktionschef Thering jetzt fordert, die Politik müsse gegen die Demonstration vorgehen oder die Sicherheitsbehörden anweisen dies zu tun, legt die Axt an unseren Rechtsstaat“, so Schumacher weiter.

Thering: Kalifat-Verherrlichung ist unerträglich

Die CDU hatte ein Verbot der Veranstaltung gefordert. Der Fraktionsvorsitzende Dennis Thering erklärte am Mittwoch, es sei schier unerträglich, dass „Muslim Interaktiv“ erneut das Kalifat verherrlichen dürfe. „Diese Bilder sollten sich nicht wiederholen und es bleibt ein Rätsel, warum der rot-grüne Senat hier erneut diese Anmeldung zulässt.” Der Koalition warf er mangelnde Härte gegen die Feinde der Demokratie vor.

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„Muslim Interaktiv“ wird vom Verfassungsschutz als extremistisch eingestuft und beobachtet. Die 2020 gegründete Gruppe gilt als Tarnorganisation der Bewegung „Hizb ut-Tahrir“ (HuT), die die Errichtung eines weltweiten Kalifats anstrebt. HuT ist in Deutschland seit 2003 verboten.

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