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Ties Rabe
  • Hamburgs Schulsenator Ties Rabe (SPD) spricht über die Zahlen des Abiturjahrgangs 2023.
  • Foto: dpa

Hamburgs letztes Corona-Abitur – ChatGPT könnte geholfen haben

Der vierte Corona-Abiturjahrgang in Hamburg hat die Hochschulreife mit einem Notenschnitt von 2,31 geschafft. Das ist minimal schlechter als im Vorjahr, aber besser als in der Vor-Pandemie-Zeit. Doch den Lehrern sind dabei einige sehr gute schriftliche Arbeiten von Schülern und Schülerinnen aufgefallen, die bisher nicht für solche Leistungen bekannt waren. Der Verdacht: Hier könnte ChatGPT zum Einsatz gekommen sein.

Hamburgs vierter Corona-Abiturjahrgang hat minimal schlechter abgeschnitten als die Vorjahresabiturienten, ist aber immer noch besser als die Jahrgänge vor Ausbruch der Pandemie. „Die Schulbehörde gratuliert 8986 Schülerinnen und Schülern in Hamburg zum bestandenen Abitur. Der Notendurchschnitt ist mit 2,31 in dem Rahmen, den man erwarten konnte”, sagte Schulsenator Ties Rabe (SPD) am Dienstag bei der Präsentation der vorläufigen Zahlen. Im Vergleich zum Vorjahr ist der aktuelle Abiturjahrgang um 0,03 schlechter. Damals schafften 9056 Abiturientinnen und Abiturienten einen Notenschnitt von 2,28.

Abitur in Hamburg: Nächstes Jahr gelten andere Regeln

In den vergangenen zehn Jahren lag der Notendurchschnitt laut Schulbehörde jeweils zwischen 2,36 und 2,46, während der vier Corona-Abiturjahre kamen die Schülerinnen und Schüler auf Durchschnittsnoten von 2,27 bis 2,31. „Während der Corona-Zeit haben wir um freundlichere Korrekturen gebeten, aber auch ein paar Erleichterungen auf den Weg gebracht”, sagte Rabe.

Weil für die Schülerinnen und Schüler coronabedingt in Summe 32 Unterrichtswochen – also fast ein ganzes Schuljahr – ausgefallen oder nur in Teilen erfolgt seien, hätten sie unter anderem 30 Minuten mehr Zeit zur Beantwortung der schriftlichen Prüfungen gehabt und eine konkretere Eingrenzung der Prüfungsthemen erhalten. Im kommenden Schuljahr werde dies nicht mehr der Fall sein. Dann gälten wieder die Prüfungsregeln der Vor-Corona-Zeit, sagte Rabe.

Senator Rabe weist Kritik zurück

In diesem Jahr haben den Angaben zufolge wie schon im Vorjahr 264 Schülerinnen und Schüler die bestmögliche Abiturnote von 1,0 geschafft. Fast zwei Drittel von ihnen waren Frauen. Auf der anderen Seite sind 310 Jugendliche (3,3 Prozent) durchgefallen – 35 mehr als im Vorjahr (2,9 Prozent). Rabe wies angesichts der vielen guten Noten – 31,7 Prozent aller Abiturienten schafften einen Einserschnitt – Kritik zurück, dass das Abitur zu leicht sei. „Der alleinige Blick auf die besonders guten Abiturienten trübt manchmal die Einsicht, denn auf der anderen Seite gibt es auch welche, die (…) mit 3,8 im Notendurchschnitt das Abitur ablegen”, sagte Rabe.

Die durchschnittliche Note für das Zentralabitur in 27 Fächern liegt den Angaben zufolge bei den 74 Gymnasien bei 2,22, bei den 85 Stadtteilschulen bei 2,45 und bei den Beruflichen Gymnasien bei 2,42. Im Vergleich zum Vorjahr schnitten die Gymnasien damit etwas schlechter, die Stadtteilschulen und Beruflichen Gymnasien etwas besser ab. Die Ergebnisse der schriftlichen Prüfungen nannte Rabe ordentlich. Sie lagen in Deutsch bei 2,87, in Englisch bei 2,52 und in Mathematik bei 2,90. Die Ergebnisse seien damit etwas schwächer als im Vorjahr, aber besser als in den Vor-Corona-Jahren. Die komplette Übersicht aller Schulen finden Sie hier.

Hat ChatGPT geholfen?

Die besten Abiturzeugnisse an den staatlichen Gymnasien gab es den Angaben zufolge mit einem Schnitt von 1,88 am Johanneum in Winterhude sowie am Christianeum in Othmarschen mit einem Schnitt 1,89. Bei den staatlichen Stadtteilschulen ganz vorne sind die Max-Brauer-Schule in Ottensen/Bahrenfeld mit einem Schnitt von 2,04 sowie die Stadtteilschulen Bergedorf und Winterhude mit einem Schnitt von jeweils 2,08. Auf den hinteren Plätzen landeten Gymnasien in Wilhelmsburg, Hamm und Finkenwerder sowie Stadtteilschulen in Borgfelde, Altona und Flottbek.

Glück gehabt haben jene Schülerinnen und Schüler, die in Verdacht geraten sind, während des schriftlichen Abiturs widerrechtlich den Textroboter ChatGPT genutzt zu haben. Weil sie nicht in flagranti erwischt worden seien, könne ihnen auch keine schlechtere Note gegeben werden. „Wenn die Arbeit abgegeben ist und man kann das nicht beweisen, dann ist die Arbeit als Leistung auch entsprechend zu bewerten”, sagte Rabe. Bei der Korrektur der Arbeiten hatten sich einige Lehrkräfte über die hervorragenden schriftlichen Leistungen von Schülerinnen und Schülern gewundert, die ansonsten nicht dafür bekannt waren, und sich deshalb bei der Behörde gemeldet.

Kritik aus der Hamburger Opposition

Die CDU-Bildungsexpertin Birgit Stöver sagte, Rabes Präsentation wirke, als solle ein augenscheinlich mittelmäßiger Abiturschnitt landesweit als Erfolg verkauft werden. Die Ergebnisse der nächsten Lernstandserhebungen müssten nun zeigen, inwieweit die Lernrückstände wirklich abgebaut werden konnten. Die fraktionslose FDP-Abgeordnete Anna von Treuenfels-Frowein und die AfD forderten einen deutlich leistungsbezogeneren Unterricht.

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Die Linken wiederum kritisierten den aus ihrer Sicht einseitigen Fokus auf die Hochschulzugangsberechtigung. „Ich würde es begrüßen, wenn der Schulsenator endlich auch die anderen Abschlüsse würdigt”, sagte die Linken-Bildungsexpertin Sabine Boeddinghaus. Hamburger Schulen vergäben schließlich nicht nur das Abitur. „Und auch für den Ersten und den Mittleren Schulabschluss strengen sich die jungen Menschen an. Ihr Abschluss gehört ebenso gewürdigt.” Erst recht, wenn ständig geklagt werde, dass zu wenig junge Leute eine Ausbildung machen oder ein Handwerk lernen.

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