Blick auf den Hochbunker an der Feldstraße und die Baustelle des fünfstöckigen Aufbaus auf dem Dach
  • Die Arbeiten am Rohbau des Bunkers sind fast beendet. Bis zur endgültigen Fertigstellung wird es jedoch noch dauern.
  • Foto: dpa/picture-alliance/Marcus Brandt

Grüner Bunker: Hamburgs neues Wahrzeichen wird später fertig

Der Hochbunker an der Feldstraße ist eines der prägnantesten Gebäude Hamburgs. Durch einen fünfstöckigen Aufbau und Tausende Pflanzen soll der graue Koloss künftig noch mehr ins Auge stechen. Seit Mai 2019 wird an dem Projekt gebaut – fertig ist es aber noch nicht.

Im Zweiten Weltkrieg standen auf dem Dach des grauen Hochbunkers im Herzen Hamburgs vier Flugabwehrkanonen. Eine in jede Himmelsrichtung. Heute zeugen noch die rostigen Verankerungen in den Geschütztürmen von den Waffen. Drumherum wird seit fast drei Jahren gebaut. Um fünf pyramidenartige Etagen aufgestockt und großflächig bepflanzt, soll der denkmalgeschützte Betonbau im Stadtteil St. Pauli zum nächsten Wahrzeichen der Hansestadt werden. Bis die ersten Besucher vom 58 Meter hohen Dachgarten über Hamburg blicken können, werden aber noch Monate vergehen.

Hamburg: Bunker an der Feldstraße wird später fertig als geplant

„Vor zwei Monaten wurde die oberste Decke betoniert, damit ist der Rohbau fast fertig. Aktuell wird am Innenausbau gearbeitet“, erklärt Projektsprecher Frank Schulze auf der Baustelle. Im Laufe des Jahres wolle man fertig sein. „Wann genau, lässt sich derzeit noch nicht abschätzen.“ Das Bautempo hänge stark von unbeeinflussbaren Faktoren wie der anhaltenden Baustoffknappheit ab. Ursprünglich war das Ende der Arbeiten für 2021 angepeilt worden. Coronabedingte Probleme und Lieferengpässe hätten aber für Verzögerungen gesorgt.

So soll der Bunker an der Feldstraße letztendlich aussehen. Planungsbüro Bunker / Matzen Immobilien
Bunker an der Feldstraße
So soll der Bunker an der Feldstraße letztendlich aussehen.

Die Bunker-Umgestaltung sorgt seit Jahren für Aufsehen – und das auch über die Grenzen der Hansestadt hinaus. So berichtete unter anderem die „New York Times“ oder der Nachrichtensender CNN über das Projekt. Das hat gute Gründe: Der Hamburger Bauherr Matzen Immobilien, für den Schulze spricht, will den Klotz in der Nähe des Millerntor-Stadions in einen neuen Erholungsraum verwandeln. Dafür gibt er mittlerweile mindestens 60 Millionen Euro aus – 35 Millionen mehr, als geplant. Ausgaben, die durch die Vermietung refinanziert werden sollen.

Das könnte Sie auch interessieren: Erstmals in Europa – Diese Hotelkette kommt auf den Kiez-Bunker

Seit Baubeginn hat sich das Äußere des Bunkers ständig verändert. In den kommenden Monaten soll aus dem steingrauen dann ein grüner Bunker werden. Dafür werden laut Schulze etwa 4700 Bäume, Sträucher, Hecken, hängende Gehölze, Kletterpflanzen und Bodendecker gepflanzt. Auf dem Dach des Aufbaus entsteht so ein mehr als 7000 Quadratmeter großer, öffentlicher Park. Er wird über einen Weg erreichbar sein, der an der Außenseite des Bunkers entlangführt. Der Ausblick von dort oben ist imposant. Fernsehturm, Hafen, Elbphilharmonie und Michel – künftige Besucher müssen sich dafür nur einmal um die eigene Achse drehen.

So weit war der Ausbau des Bunkers an der Feldstraße Ende Januar. picture alliance/dpa/Marcus Brandt
Bunker an der Feldstraße
So weit war der Ausbau des Bunkers an der Feldstraße Ende Januar.

Im Innern der terrassenförmigen Aufstockung geht es ebenfalls voran. Dort entsteht derzeit eine Halle, die nach dem Widerstandskämpfer und Hitler-Attentäter Georg Elser benannt ist. Sie bietet Platz für bis zu 2200 Menschen. Tagsüber soll sie für Schulsport genutzt werden, abends und an Wochenenden sind Kulturveranstaltungen wie Konzert und Lesungen geplant. Zudem sollen dort ein Hotel mit 136 Zimmern, Räume für Kunst und Kultur sowie eine Bar und ein Restaurant unterkommen. Etwa 180 Menschen arbeiten an der Umsetzung des Projekts.


Der Newswecker der MOPO MOPO
Der Newswecker der MOPO

Starten Sie bestens informiert in Ihren Tag: Der MOPO-Newswecker liefert Ihnen jeden Morgen um 7 Uhr die wichtigsten Meldungen des Tages aus Hamburg und dem Norden, vom HSV und dem FC St. Pauli direkt per Mail. Hier klicken und kostenlos abonnieren.


Ursprünglich sollte die Hochbunkeranlage Hamburg im Zweiten Weltkrieg vor Bombern der Alliierten schützen. „Wegen mehrerer Luftangriffe auf Berlin und andere Städte im norddeutschen Raum war die NS-Führung ab Herbst 1940 in einer gewissen Panik“, erläutert Christoph Strupp von der Hamburger Forschungsstelle für Zeitgeschichte. Daher seien neben zahllosen kleineren Bunkern in Berlin, Wien und Hamburg acht solche Flaktürme errichtet worden. Der Bunker an der Feldstraße wurde ab April 1942 unter dem Einsatz von Zwangsarbeitern gebaut. Nach etwa 300 Tagen sei die Anlage mit einer Grundfläche von 75 mal 75 Metern und einer Höhe von 38 Metern einsatzbereit gewesen.

Die Stahlträger des zukünftigen Aufgangs zum Garten auf dem Dach an der Außenfassade. picture alliance/dpa/Marcus Brandt
Bunker an der Feldstraße
Die Stahlträger des zukünftigen Aufgangs zum Garten auf dem Dach an der Außenfassade.

Große Bomberflotten habe der Bunker zwar nicht abhalten können, sagt Strupp. Er diente aber auch dem Schutz der Bevölkerung. „Der Turm war für 18.000 Menschen ausgelegt. Bei Fliegeralarm haben dort aber noch mehr Schutz gesucht.“ Der Hochbunker habe zudem eine psychologische Funktion erfüllt: „Er erinnert an mittelalterliche Wehranlagen – und das war auch gewollt. Die Nazis wollten der Bevölkerung das Gefühl vermitteln, auch schwerste Luftangriffe überstehen zu können.“

Das könnte Sie auch interessieren: Keine Hilfe von der Stadt – Corona-Boni gefährden Jugendhilfe-Projekte

Nach dem Krieg seien auf Anweisung der Alliierten eine Reihe der 1051 Bunker in Hamburg gesprengt worden, sagt Strupp. Beim Bunker an der Feldstraße sei dies aber nicht möglich gewesen. „Zum einen wären in der Umgebungen enorme Schäden entstanden. Es fehlte aber auch die Technik, um die anfallenden, meterdicken Trümmer zu beseitigen.“ Aus diesem Grund sei der Bunker bereits ab dem Herbst 1945 „nachgenutzt“ worden. Dort kamen etwa Wohnungen, Firmen und Lagerräume unter – eine Entwicklung, die sich bis in die Gegenwart fortsetzt. Zu den heutigen Mietern gehören etwa ein Musikclub und zahlreiche Medienunternehmen.

Städtebauliches Vorzeigeprojekt oder Kommerzialisierung eines Ortes mit dunkler Vergangenheit?

Die Aufstockung reiht sich nun in die wechselvolle Bunker-Geschichte ein. Für viele Akteure ist sie ein landschaftsarchitektonisches und städtebauliches Vorzeigeprojekt. Es gibt aber auch kritische Stimmen aus Politik und Gesellschaft: Die Gegner beanstanden, dass der grüne Bunker-Aufbau der reinen Eventisierung und Kommerzialisierung eines Ortes mit dunkler Geschichte diene. Zudem hatten sich Bestandsmieter öffentlich über die Arbeiten beschwert. Auch eine Klage gegen die Baugenehmigung hatte es gegeben – aber ohne Erfolg.

Der Ausblick vom zukünftigen Dachgarten des Bunkers an der Feldstraße bleibt vorerst den Bauarbeiter:innen vorbehalten. picture alliance/dpa/Marcus Brandt
Bunker an der Feldstraße
Der Ausblick vom zukünftigen Dachgarten des Bunkers an der Feldstraße bleibt vorerst den Bauarbeitern vorbehalten.

Historiker Strupp befürchtet, dass der Denkmalcharakter der Anlage verloren geht. Die Idee, dass derartige Bunker als Mahnmal dienen könnten, habe in den neunziger Jahren an Bedeutung gewonnen. „Die Anlage bedrückt natürlich. Allein durch die monumentale Größe kann man einen ganz anderen Bezug zum Zweiten Weltkrieg aufbauen“, sagt er. Und das werde durch die Aufbauten in Frage gestellt.

Das könnte Sie auch interessieren: Cum-Ex – Zeugen „befremdet“ über Hamburgs Zögern

Urte Ußling vom Verein Hilldegarden sieht darin keinen Widerspruch. Sie gibt zu bedenken: „Hat die Ergänzung eines begrünten Aufbaus und dessen gärtnerische Nutzung nicht eher etwas zutiefst Befriedendes?“ Der Denkmalcharakter des Bunkers werde nicht verloren gehen, sondern durch das Projekt erst hervorgehoben. Der Verein aus der direkten Nachbarschaft verantwortet auch den Erinnerungs- und Informationsort, der über die Entstehungsgeschichte des Bunkers, die Schicksale von Zwangsarbeitern sowie den Bombenkrieg in Hamburg aufklären soll.

„All diese Facetten gehören zum Bunker – Historie, Architektur, der ökologische Nutzen durch die Begrünung. Und auch die Schaffung von öffentlichem Raum und Partizipationsflächen für den Stadtteil“, sagt Schulze. Wie viele Architekturexperten gehe er davon aus, dass der grüne Bunker zu einem neuen Wahrzeichen der Hansestadt werde – in einer Reihe mit Elbphilharmonie und Michel. (dpa/mp)

Email
Share on facebook
Share on twitter
Share on whatsapp