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Der erste Airbus A-300 bei seinem Jungfernflug am 28. Oktober 1972.
  • Der erste Airbus A-300 bei seinem Jungfernflug am 28. Oktober 1972.
  • Foto: Istvan Bajzat/dpa

Wie ein unspektakulärer Flieger für den Airbus-Aufstieg sorgte

Schneller als Erzrivale Boeing hat Airbus die Corona-Flaute bewältigt. Beim europäischen Flugzeugbauer sprudeln wieder die Gewinne. Den Grundstein legte vor 50 Jahren ein unspektakuläres Flugzeug.

Außer Air France und der Lufthansa wollte zunächst niemand dieses Flugzeug haben: Die A300, das erste von Airbus entwickelte Passagierflugzeug, drohte als Ladenhüter zu versauern. 50 Jahre nach dem Erstflug am 28. Oktober 1972 sind immer noch rund 250 der 816 je gebauten Jets dieser Familie weltweit unterwegs, meistens als Frachter.

Die A300: Einst im Schatten der Concorde

Bei seiner ersten Präsentation im September 1972 in Toulouse stand das zweistrahlige Großraumflugzeug noch deutlich im Schatten des spektakulären, inzwischen aber längst eingemotteten Überschall-Jets Concorde. Die brave A300 begründete den kommerziellen Erfolg des 1970 gegründeten europäischen Gemeinschaftsunternehmens Airbus, das heute mit dem einst übermächtigen US-Konkurrenten Boeing um die Weltspitze rangelt.

Der Luftfahrt-Experte und Chefredakteur der Webseite aerobuzz.de, Volker Thomalla, spricht von einer „revolutionären Idee“, die dazu geführt habe, dass sich die komplette Luftfahrtindustrie neu ordnen musste. „Ohne den Airbus A300 würde es Airbus in der heutigen Form nicht geben“, ist er sich sicher.

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Airbus-Verkaufschef Christian Scherer war als Kind Zeuge des Erstflugs, weil sein Vater als Testingenieur mit an Bord war. „Mit dem Airbus A300 haben wir den Grundstein für unsere erfolgreiche europäische Zusammenarbeit gelegt“, sagt Scherer heute und lobt die Flexibilität des damals in dreieinhalb Jahren entwickelten Flugzeugprogramms. Airbus entwickelte daraus die kleinere A310 und 1983 die A300-600, die unter anderem bei DHL bis heute als Frachter unterwegs ist. Auch der riesige Beluga-Frachter stammt von der A300 ab. Wenige Passagier-Oldtimer stehen vor allem im Iran noch im Dienst, weil das boykottierte Land über Jahrzehnte keine neueren Flugzeuge kaufen konnte.

Der kommerzielle Erfolg der A300 ließ in den 70er Jahren lange auf sich warten, obwohl es durchaus eine Marktlücke für einen sparsamen Kurz- und Mittelstreckenjet mit bis zu 300 Plätzen zu geben schien. Über den Ozean durften zweistrahlige Flugzeuge damals aus Sicherheitsgründen noch nicht fliegen. Aufkommensstarke Kurzstrecken gab es aber vor allem im US-Markt, wo sich die Kunden aber zurückhielten.

Der A300 – dieser Flieger sorgte dafür, dass der Airbus zum Weltkonzern wurde. (Archivbild) MAGO / ZUMA Wire
Airbus A300
Der A300 – dieser Flieger sorgte dafür, dass der Airbus zum Weltkonzern wurde. (Archivbild)

Der Durchbruch gelang erst, nachdem Airbus-Chef Bernard Lathière der Eastern Air Lines vier Flugzeuge für ein halbes Jahr kostenlos zur Erprobung im Echtbetrieb zur Verfügung stellte. Die Piloten zeigten sich begeistert über das in vielen Details innovative Flugzeug, was zudem ein Drittel weniger Sprit brauchte als die dreimotorigen Jets der US-Konkurrenz. 1977 bestellte Eastern zunächst 23 Jets. Zahlreiche weitere Bestellungen auch anderer US-Gesellschaften folgten.

Beim Bau der Flugzeuge mussten die europäischen Partner etliche Hindernisse überwinden. Auf deutscher Seite stand die Deutsche Airbus GmbH, die viele Firmen des deutschen Flugzeugbaus versammelte, etwa Messerschmidt, Bölkow, oder Siebel. Doch die Montage erfolgte bei der französischen Aérospatiale in Toulouse, so dass riesige Flugzeugteile durch ganz Europa transportiert werden mussten. Obwohl Großbritannien aus dem Airbus-Projekt ausgestiegen war, lieferte die britische Firma Hawker Siddeley auf eigenes Risiko die Flügel zu. Wegen zu großer Transportprobleme über Land setzte Airbus zunächst Boeing-Guppy-Frachter zwischen den Standorten ein und baute dann den eigenen Beluga.

„Sucht ihresgleichen“: Der A300 als Logistik-Flugzeug

Für die Logistiker von DHL Express ist der A300 nach wie vor das Rückgrat der Europaflotte, der Manager Markus Otto betont. „Die Vielseitigkeit dieses Flugzeuges, egal ob auf kurzen Strecken mit hoher Nachfrage oder auf unseren Langstrecken nach Westafrika oder den Nahen Osten, sucht ihresgleichen. Mechaniker wie Piloten lieben dieses Flugzeug für seine Zuverlässigkeit und seinen Charakter.“

In ihrer langen Betriebszeit waren Jets der A300-Familie in eine Vielzahl von Unfällen, Angriffen und Unglücken involviert. 40 Totalverluste registriert die Datenbank des Hamburger Flugunfallbüros Jacdec allein für die A300. 1327 Menschen kamen an Bord ums Leben, etwa beim Abschuss einer Iran Air über der Straße von Hormus 1988 oder beim Absturz eines American-Jets auf das Wohngebiet Belle Harbor in New York nur wenige Wochen nach den Anschlägen vom 11. September 2001. Verantwortlich war kein Terrorist, sondern der unerfahrene Co-Pilot, der mit zu starken Steuerpedaleingaben das Seitenleitwerk zum Abriss brachte und die Maschine nicht mehr halten konnte.

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Dank der robusten Konstruktion konnte 2003 nahe Bagdad eine DHL-Maschine trotz Raketentreffers am Flügel noch sicher wieder zum Flughafen zurückkehren. Jacdec-Experte Jan-Arwed Richter kommt damit zu einem positiven Sicherheitsurteil für den Ur-Airbus: „In der Gesamtanalyse ist die A300 nach wie vor ein sehr solides, gutmütiges und sicheres Flugzeug, dass sicherlich noch einige Jahre am Himmel zu sehen sein wird.“

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