Die HSV-Profis klatschen vor der Fankurve

Trotz Niederlage: Die HSV-Profis um Yussuf Poulsen holten sich nach dem 1:2 in Leipzig den verdienten Applaus ab. Foto: imago/Jan Huebner

„Fühlt sich am Ende scheiße an“: HSV beeindruckt alle – und schiebt doch Frust

kommentar icon
arrow down

Was auswärts in Leipzig den Unterschied ausgemacht hat? „Kleinigkeiten“, antwortete Miro Muheim und lag damit im Recht. Denn RB Leipzig war kaltschnäuziger als der HSV, der am Samstag deshalb mit 1:2 (0:1) verlor. Doch die Gäste aus dem Norden waren über weite Strecken der Bundesliga-Partie ebenbürtig – und wussten trotz Frusts nicht nur die rund 10.000 mitgereisten Auswärtsfans zu beeindrucken, sondern auch ihren Trainer.

Gut gespielt, aber nichts gewonnen. Immanuel Pherai fasste das Geschehene am frühen Abend ziemlich treffend zusammen: „Am Ende fühlt es sich scheiße an, mit null Punkten vom Platz zu gehen, wenn du das Gefühl hattest, dass deutlich mehr ging.“ Daniel Heuer Fernandes wählte ähnliche Worte. „Heute waren es kleine Momente, die uns zur Niederlage gebracht haben – aber die Art und Weise, wie wir gespielt haben, macht mich sehr stolz.“ Denn der HSV war kurz davor, dem zweimaligen DFB-Pokal-Sieger ein Remis abzuringen. „Aber der Frust ist am Ende größer.“

Der HSV verliert trotz guter Leistung mit 1:2 bei RB Leipzig

Frust über das Endergebnis, nicht über die Entwicklung, die trotz der ersten Pleite nach zuvor drei niederlagenlosen Partien in Serie weiterhin in die richtige Richtung zeigt. „Gefühlt waren wir die viel bessere Mannschaft“, meinte Muheim sogar und erklärte: „Die Enttäuschung ist gerade groß, aber wenn wir uns das noch mal anschauen, können wir mit unserer Leistung sehr zufrieden sein.“ Merlin Polzin war das in jedem Fall – „mehr als einverstanden“ sogar.

„Es herrschen gemischte Gefühle“, sagte der HSV-Trainer. „Das Ergebnisziel haben wir nicht erreicht. Aber man hat gesehen, dass wir den nächsten Entwicklungsschritt gegangen sind. Wir fühlen uns bestätigt. Es war ein gelungener Auftritt.“ Abgesehen vom Endresultat, das angesichts des Spielverlaufs nicht unbedingt folgerichtig daherkommt.

Mikelbrencis steht für Gocholeishvili in der HSV-Startelf

Beim HSV rückte William Mikelbrencis für den am Kopf verletzten Giorgi Gocholeishvili in die Startelf. Und weil der georgische Schienenspieler die Reise nach Leipzig gar nicht erst mit angetreten hatte, profitierte der zuletzt länger angeschlagene Jordan Torunarigha und stand erstmals seit der Stadtderby-Pleite gegen St. Pauli wieder im Kader. Er sah, wie Mikelbrencis schon in der ersten Minute erstmals im Strafraum der Gastgeber auftauchte. Der HSV setzte auch in der Red Bull Arena auf schnellen Umschaltfußball, presste bei Abstößen von RB zwar hoch, stand ansonsten aber tief und lauerte auf Ballgewinne, wenn sich die Gastgeber erst einmal durchkombiniert hatten.

Leipzigs Nicolas Seiwald im Zweikampf mit HSV-Stürmer Ransford Königsdörffer (r.) WITTERS
Leipzigs Nicolas Seiwald im Zweikampf mit HSV-Stürmer Ransford Königsdörffer
Leipzigs Nicolas Seiwald im Zweikampf mit HSV-Stürmer Ransford Königsdörffer (r.)

In der ersten Hälfte wurde es für HSV-Keeper Heuer Fernandes nur dann gefährlich, wenn das Team von Ole Werner schnell und vertikal nach vorne spielte. Das war der Fall, als Assan Ouédraogo auf Christoph Baumgartner querlegte – doch Heuer Fernandes reagierte stark und Nicolai Remberg verhinderte den Abstauber (25.). Und das war noch einmal unmittelbar vor dem Halbzeitpfiff der Fall. Da musste Muheim plötzlich rechts verteidigen und ließ sich von Flankengeber Antonio Nusa auswackeln. Im Zentrum war Baumgartner entwischt und der Österreicher köpfte im Rücken von Luka Vuskovic zum 0:1 ein (45.). Der HSV geriet also in einem sehr ungünstigen Moment in Rückstand.

Sambi Lokonga gleicht aus – aber Baumgartner antwortet

Mit letzter Konsequenz hätten Polzins Profis vorher selbst in Führung gehen können. Doch Ransford Königsdörffer fand im Zentrum keinen Abnehmer (22.), sein Schuss wurde geblockt (32.), sein Kopfball im Fünfmeterraum nach einer Ecke ging drüber (33.) – und an der Flanke von Albert Sambi Lokonga von der linken Seite rauschte er knapp vorbei (35.). RB wurde abgesehen von den beiden erwähnten Szenen nur bei Standards gefährlich. Und so war das Bild zur Pause eigentlich ein ausgeglichenes, wofür auch die Ballbesitzquote sprach: 50 zu 50 Prozent. Auch bei den gewonnenen Zweikämpfen (44 zu 45) war der HSV nach 45 Minuten beinahe gleichauf mit den Sachsen. Und was ebenfalls bitter war: Die Ansicht auf der Anzeigetafel änderte sich zu Beginn der zweiten Hälfte nur sehr kurz.

HSV-Torhüter Daniel Heuer Fernandes war trotz Niederlage mit der Leistung der Hamburger in Leipzig zufrieden. IMAGO / Lobeca
HSV-Torhüter Daniel Heuer Fernandes in Leipzig mit dem Ball in der Hand.
HSV-Torhüter Daniel Heuer Fernandes war trotz Niederlage mit der Leistung der Hamburger in Leipzig zufrieden.

Dank Muheims beherztem Einsatz gegen RB-Profi Willi Orban und dem Körper von Nicolas Seiwald, der abfälschte, landete der Schlenzer von Sambi Lokonga zum 1:1-Ausgleich im Netz (48.). Dem Blitzstart folgte jedoch die nächste eiskalte Brauseklub-Dusche: HSV-Kapitän Nicolás Capaldo verließ bei einem tiefen Zuspiel auf Leipzigs Stürmer Rômulo die Abwehrkette und ließ sich so von Baumgartner düpieren. Der 26-Jährige traf nach einem Doppelpass ins kurze Eck und brachte RB wieder in Führung (50.). Der Kopfball von Königsdörffer aufs Tordach (56.) sowie der Linksschuss des kaum auffälligen Rayan Philippe (57.) führten anschließend nicht zur erneuten Antwort des HSV.

HSV-Profi Muheim erkennt „viele Fortschritte“ trotz Pleite

Positiv: Die Hamburger hielten das Spiel auf Augenhöhe, verhinderten, dass das effektive Leipzig die vorzeitige Entscheidung zustande brachte – auch nicht per Konter. Stattdessen verpasste Jean-Luc Dompé per direktem Freistoß an den Außenpfosten das 2:2 (71.). Der HSV drückte in der Schlussphase, beflügelt von der Einwechslung des ehemaligen „Roten Bullen“ Yussuf Poulsen (76.). Ein Ball nach dem anderen segelte in den RB-Strafraum, bis in die Nachspielzeit hinein, in der auch Robert Glatzel noch eingewechselt wurde. Doch der Ausgleich fiel nicht mehr.

Das könnte Sie auch interessieren: HSV-Noten in Leipzig: Zwei Hamburger kassieren eine Fünf

„Wenn man so einen Verein dann hinten reindrückt, dann zeigt das schon, dass wir sehr viele Fortschritte gemacht haben und eigentlich zufrieden sein könnten mit dem Spiel“, befand Muheim. „Trotzdem sind wir enttäuscht.“ Denn die Leipziger seien „eiskalt“ gewesen: „Das ist sicher etwas, wo wir noch etwas lernen können. Wir sind aber auf einem guten Weg.“ Daran zweifelte nach der knappen Niederlage beim Ex-Champions-League-Teilnehmer niemand.

Share on facebook
Share on twitter
Share on whatsapp
test